Mannheim. Filmmusik lebt vor allem von den Bildern, für die sie geschrieben wurde. Schaffen es solche Kompositionen, selbst Geschichten zu werden, schreiben sie Geschichte. Hans Zimmer hat etliche solcher Erinnerungswerte geschaffen. Das wissen Fans nicht erst seit Titelmelodien zu „Hannibal“ oder „Inception“: Auch sein jüngster Oscar für „Dune“ dient als Erinnerung kompositorischer Nachhaltigkeit – und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Denn so imposant die Scheinwerfer auf 10 000 Fans in einer ausverkauften SAP Arena strahlen: Auf Videosequenzen der Filme verzichtet der 64-Jährige. Und stellt klar, dass sich die Musik ganz und gar selbst genug sein kann. Wenn man ihr nur ausreichend Raum zur Entfaltung lässt. Die Reduktion auf das Wesentliche als Akt der Größe.
Die Faszination dieser gut drei Stunden in Mannheim rührt dabei ganz entscheidend von dieser nahezu unwirklich selbstverständlichen Perfektion, die den Abend auf allen Ebenen durchzieht. Es gilt einen furios abgemischten Sound zu loben, der die lodernden Streicher-Klänge des Odessa National Opera Orchestra so filigran mit den hammerharten Rock-Arrangements der Band um Zimmer verheiratet, als wären sie stets Hand in Hand gegangen. Von epischem Bass-Bombast („The Dark Knight“) bis hin zu zirpender Landschaftsästhetik („The Last Samurai“) dürfen Fans eine Vielfalt genießen, die die Kontraste eines reichen Œuvres würdig beschreibt.
Bemerkenswerte Leichtigkeit
Zumal Zimmer auch das Personal bereitstellt, um einen hervorragenden Abend gigantisch werden zu lassen. Allein die Trommel-Volten einer Holly Madge („House Atreides“ aus „Dune“), die Flötengesänge eines Pedro Eustache („Gladiator“) oder die vokale Königlichkeit von Refi Morake („Wonderwoman“) rechtfertigen den Ticketkauf – von der Teufels-Cellistin Tina Guo und ihren prägenden Einsätzen hat man da noch gar nicht gesprochen. Und selbst damit hat man die Liste jener Musiker, über die es mehr zu sagen gäbe, nur grob umrissen.
Das Niveau dieses Konzerterlebnisses ergibt sich aus seiner Leichtigkeit. Obwohl die Solidaritätsbeurkundungen für die Ukraine angesichts des Krieges unverkennbar bleiben, regiert an diesem Abend Zimmers Gesetz: „Musik wird gespielt.“ Es ist das simple, reine, authentische Spiel, das innerhalb des Ensembles eine nahezu kindlich-unbegrenzte Lust entfacht, Zimmers charmanten Moderationen auf „Kinderdeutsch“ ihren unverfälschten Humor verleiht.
Die Welt und ihre Epen beschreibend, richtet sich Zimmer an Gitarre, Klavier und Synthesizer an sein Publikum, aber in einem berührenden Moment menschlicher Nähe auch nur an eine Reihe voller Ehrengäste, die seit den 1960er Jahren für den Vater des Protagonisten arbeiteten. Ein Abend von Größe und Schönheit, der all den Zuspruch verdient, den ihm das Publikum oft und reichlich bekundet.
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