Fühlen

Die verschiedenen Zyklusphasen und wie man sie nutzen kann

Von 
Julia Brinkmann
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Klärt über zyklusbewusstes Leben auf: Die 36-jährige Berlinerin Katja Vogt. © Katja Vogt / Feel your Flow

Mein Leben nach meinen Zyklusphasen planen – das klingt erstmal ungewöhnlich, denke ich. Andererseits: Wie so viele Frauen merke ich ungefähr zur Mitte meines Zyklus, dass ich mehr Energie und Lust habe. Und kurz vor der Periode habe ich oft Selbstzweifel – das berühmte „prämenstruelle Syndrom“, kurz PMS eben.

Ein bisschen Skepsis habe ich dennoch: Ich bin ein eher pragmatischer Mensch. Vieles, das ich online über das Leben im Einklang mit den Zyklusphasen lese, klingt spirituell angehaucht – mir persönlich sagt das nicht so zu. Kate Weyerer, die das BodyLeaks-Festival in Mannheim organisiert, beruhigt mich jedoch: „Wer möchte, kann auch einen ganz pragmatischen Zugang zu seinem Zyklus haben – man muss nicht spirituell sein dafür.“

Katja Vogt gibt beim BodyLeaks-Festival einen Workshop über die verschiedenen Zyklusphasen und wie man sie für sich nutzen beziehungsweise im Einklang mit ihnen leben kann. Sie lebt in Berlin und hat 2018 die Marke „Feel your flow“ für Zyklus-und Periodenermächtigung gegründet. Unter anderem hat sie einen Zyklusplaner geschrieben, mit dem man per Tagebuch schreiben lernen kann, seine Zyklusphasen zu erkennen.

Jahreszeiten als Metapher

Katja Vogt erklärt: „Grob lässt sich der Zyklus in zwei Hälften teilen: die aufbauende Hälfte von der Menstruation bis zum Eisprung und die abbauende, vom Eisprung bis hin zur nächsten Menstruation.“ Dass ein Zyklus 28 Tage dauere, sei ein Mythos. „Zykluslängen von 25 bis 35 Tagen sind völlig normal. Von Frau zu Frau, aber auch von Lebensabschnitt zu Lebensabschnitt kann das durchaus variieren.“ Generell besteht der Menstruationszyklus aus der Menstruation, der Follikelphase, dem Eisprung beziehungsweise der Ovulation, und der Luteal- oder Gelbkörperhase. Um anschaulicher über die Zyklusphasen sprechen zu können, werden die vier Phasen oft mit den vier Jahreszeiten verglichen: Winter, Frühling, Sommer und Herbst.

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Menstruation (Winter): „Während der Menstruation braucht der Körper mehr Ruhe und die sollten wir ihm auch geben“, so Katja Vogt. Entspannung ist in der Zeit also besonders wichtig. Man kann die Periode aber auch für Reflektion nutzen: „Wir haben in der Zeit mehr Zugang zur Inituition.“

Follikelphase (Frühling): „In der Phase kommt die Energie zurück: Wir können Dinge anpacken, haben mehr Lust zu planen, werden kreativer.“ Auch Bewegung und Sport passen besonders gut in die Follikelphase.

Ovulation (Sommer): „Um den Eisprung herum haben wir mehr Selbstbewusstsein“, erklärt die Zyklus-Expertin, „das lässt sich also gut für Aktivitäten wie Präsentationen, Teamarbeiten und auch für Gehaltsverhandlungen nutzen.“ Und natürlich steigt auch die Libido vor dem Eisprung an: „Beziehungen lassen sich in dem Zeitraum besonders gut nähren.“

Lutealphase (Herbst): „So langsam zieht sich die Energie, die wir vorher hatten, zurück“, erklärt Katja. Das hat auch einen Sinn und Zweck: „Wenn es zu einer Schwangerschaft gekommen ist, will der Körper die Einnistung einer potentiell befruchteten Eizelle schützen.“ Um im Einklang mit seinem Zyklus zu leben, sollte man es sich also gemütlicher machen Aktivitäten, die das Wohlbefinden stärken, einplanen. „Wir leben nicht mehr so stark im Außen, sondern kommen mehr bei uns an.“ Viele Frauen werden in der Zeit auch selbstkritischer: „Wir spüren in der Phase auch mehr, was wir können und wollen – wenn wir damit nicht im Einklang leben, kann es zu Frustration kommen.“ Deswegen sei es auch im inneren Herbst wichtig, stärker zu reflektieren.

Wenn die Arbeit reingrätscht

Klingt alles logisch – ich frage Katja und Kate jedoch: Was ist, wenn ich es mal nicht schaffe, mir während der Periode Ruhe zu gönnen, etwa, weil beruflich viel los ist?

Kate, die wie Katja auch zyklusbewusst lebt, findet: „Klar, es kann nicht immer die perfekten Bedingungen geben.“ Es sei jedoch wichtig, sich nicht darüber zu ärgern, dass etwa die Periode an einem unpassenden Tag kommt, sondern sich zu sagen „Okay, eigentlich mache ich lieber etwas anderes in der Zeit – aber jetzt muss ich eben beispielsweise einen Vortrag halten und gehe auch damit um.“ Katja meint: „Wenn man sich gut kennt, kann man auch Strategien entwickeln, die das kompensieren.“ Die Zyklusphasen zu akzeptieren sei dabei der Schlüssel – und nicht gegen sie anzukämpfen.

Redaktion Julia Brinkmann ist Online-, Podcast- und Social-Media-Redakteurin.

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