Mannheim. Keine Wolke ist am Himmel über der Alten Feuerwache in Mannheim zu sehen, als dort ein Sturm aufzieht. Jedenfalls in musikalischer Manifestation, in Gestalt von Elisa Herbigs Song „Storm“, mit dem die Heidelberger Cellistin und ihr Trio das Sommerbühnenkonzert vor den Toren des Kulturzentrums eröffnen. Und es ist auch kein naturgewaltiges Tosen und Wirbeln, das dem Publikum da entgegenweht, sondern eher ein behutsam in die Tiefe tastendes, innerlichem Aufruhr verhaftetes Wind-Spiel, geformt aus elegischen Bogenstrichen, wohlgesetzten Bassschritten, elektronischen Rhythmus-Tropfen und der leuchtend warmen Gesangsstimme Herbigs.
Sprechgesang-Soul verbunden mit abgründigem Jazz
Vom – feinnervig arrangierten – Chaos, das einem in entsprechenden Momenten durch die Venen strömen mag, geht das Trio namens Elisa ins Fliegen über: „Fly“ nimmt vom ruhigen Piano-Startpunkt aus konzertiert Bewegung auf, bis zur Refrain-Rampe die Abhebegeschwindigkeit erreicht worden ist und das Stück in kreiselndem Groove voran schnellt. Beide Titel stammen vom 2021 veröffentlichten Elisa-Album „Outcome“, Herbigs Debüt-Langspieler, den die Heidelberger Musikerin, Komponistin und Texterin zusammen mit Keyboarder Johannes („Jo“) Bartmes und Bassist Matthias („TC“) Debus aufgenommen und arrangiert hat. Wer deren Musik stilistisch verorten will, mag an Jazz-Fusion, an Kammer- oder Art-Pop und jedenfalls an eine Melange denken, die Emotionalität mit Kunstsinn und technischer Finesse verbindet.
2019 hatten die Drei eine erste gemeinsame Rumänien-Tournee unternommen und waren anschließend als festes Ensemble zusammengeblieben. Was sich als eine wirklich gute Entscheidung erweisen sollte, wie nun auch dieses Sommerkonzert zeigt. Der Vorplatz der Alten Feuerwache hat sich zwischenzeitlich ausnehmend gut gefüllt, als das Album-Titelstück „Outcome“ erklingt, das zunächst nur von Herbigs Stimme und ihrem zwischen Gravität und Mikrowirbeln changierenden Cellospiel getragen wird. Als Bartmes dunkel schimmerndes, Rhodes-artiges Keyboard einsetzt, ändert sich die Tonalität des Songs, er wird schleppender und von synkopierten Beats gleichsam neu formatiert. Und wie sich hier Sprechgesang-Soul mit abgründigem Jazz verbindet, da müssen wir an den Trip-Hop von Portishead denken, an jene spezifische erhöhte Schwerkraft des Klangs, die der legendären Band aus Bristol immer zu eigen war.
Es ist Zeit für ein neues Album
„It’s Scary“ zeigt sich spröde in der Strophe und stiebend im Refrain, wobei Bartmes hier auch seine Qualitäten als Beatboxing-Rhythmiker unter Beweis stellt, während Debus bald mit einer leeren Limonadenflasche und einem Stift das Schlagwerk-Spektrum charmant erweitert. „Still Waters Run Deep“ ist in ein geheimnisvolles, raunendes Downbeat-Jazz-Schimmern gehüllt, das von kräuselnden Orgel-Funk-Wellen durchzogen wird, und „Wait“, das zum regulären Konzertende präsentiert wird, erzeugt eine flirrende Cello-Anspannung, die in fröhlich pfeifender Nonchalance (Bartmes) und leichtherzigem Bass-Groove aufgelöst wird. Nach über eineinhalb Konzertstunden und der zartsinnigen Zugabe mit „Kiss“, darf man noch einmal festhalten, dass die Veröffentlichung des Elisa-Debütalbums nun schon rund vier Jahre zurückliegt. Es dürfte an der Zeit für ein weiteres sein.
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