Mannheim. Auf einem katholischen Kirchentag wird der Song „Jesus“ der Mannheimer Punkband Zyph wohl nie erklingen. Obwohl er da hingehören würde. Aber er ist alles andere als besinnlich: Gitarren-Riffs wie Handkanten-Hiebe, donnerndes Schlagzeug-Gewitter und ein Sänger, der seine Wut auf die Welt hinausschreit. „Die Welt wird immer dümmer. Die Welt wird immer schlimmer“, giftet er. „Wann kommt endlich Jesus zurück“, brüllt er weiter, „und rettet uns mit seinen langen Haaren vor der ganzen Satansbrut.“
Mit derart explosiver, hochenergetischer Musik haben Zyph beim 1. Mai-Konzert im Mannheimer Kulturzentrum Alter aufhorchen lassen. Und das tun sie auch deutschlandweit. Das Trio spielt in Bremen und Berlin, in Darmstadt und Düsseldorf. In der Alternative-Szene gilt es längst als Aushängeschild der jungen Mannheimer Szene. Jetzt haben Jonas Vogt (Gitarre, Gesang), Harald Porth (Bass) und Ferdinand Weinberger (Schlagzeug) ihre erste LP „Einz“ auf dem Hamburger Label Sounds Of Subterrania herausgebracht. Das Album, roh, rau und ungeschminkt im Proberaum aufgenommen, ist ein mitreißendes Statement jugendlichen Zorns und antibürgerlicher Unangepasstheit.
Ein Album wie ein Wutausbruch
Das hat Tradition in der Rockmusik, von „I’m Not Like Everybody Else“ der Kinks in den 1960ern bis zur Grunge-Hymne „Touch Me, I’m Sick“ von Mudhoney. Zyph transportieren die Botschaft des Andersseins kraftvoll in die Jetztzeit. „Ein Teil von euch werde ich nie“, knurrt Vogt und schnaubt hinterher: „Leckt mich am Arsch mit eurer Geldsucht.“ Seine Stimme ist fast durchweg verzerrt und oft kaum verständlich, sie überschlägt sich wie in Momenten höchster aggressiver Erregung.
Die 16 Stücke, manche nur knapp eine Minute lang, sind nahezu ohne Zwischenpause aneinander geklatscht, die ganze Scheibe wirkt so wie ein einziger ununterbrochener Wutausbruch. Ziele des Furors: Spießer, Politiker, gesellschaftliche Konformität, die Dumpfheit des Alltags. Das Trio, dicht im Zusammenspiel, setzt seine Attacken mit der Wucht eines Vorschlaghammers. Vogt schrabbelt und raspelt auf seiner Gitarre, dass schroffe Klang-Splitter, Klang-Partikel und Sound-Späne förmlich aus den Lautsprechern stieben. Es klingt nach Demontage. Dazu entfacht der Mann am Schlagzeug ein loderndes Dauertommelfeuer. Die Musik von Zyph steckt voller Power.
Musik mit großem Zukunftspotenzial
Aber die Band spielt bei aller Heftigkeit keinen 08/15-Punk. Immer wieder sorgen Stops, Breaks, Rhythmuswechsel für Spannung; „Gute Laune“ etwa tänzelt unvermittelt zu angedeuteten Latin-Rhythmen. Längere Titel sorgen für zusätzliche Abwechslung. „Vier Tage Woche“, in dem das öde Einerlei von Behördengängen, Bankbesuchen und Wochenendexzessen geschildert wird, wartet plötzlich mit einer langsamen Passage auf, die wie ein verkaterter Sonntagmorgen klingt. Herausragend ist auch „Laufe durch die Stadt“, mit sechs Minuten fast eine Mini-Suite und ein eher traditioneller Rocksong, bei dem zerquälte Gitarrenklänge die nachdenkliche Stimmung adäquat zum Ausdruck bringen. Da läuft einer durch seine Heimatstadt und fragt sich, woher er kommt und wohin er gehen wird. Die Musik von Zyph hat noch reichlich Potenzial.
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