Musiktheater

„Lohengrin“ am Nationaltheater: freundlich aufgenommen

Im Opernhaus am Luisenpark erhält die erste Opernpremiere der Saison mit Wagners „Lohengrin“ viel Applaus,

Von 
Stefan M. Dettlinger
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Der neue „Lohengrin“ – hier mit Heerrufer (Nikola Diskić), Kinderstatisterie und Heinrich (Patrick Zielke), hinten Allistair Lilleys Opernchor. © Christian Kleiner

Mannheim. Der neue Mannheimer „Lohengrin“ hat der Oper am Nationaltheater Mannheim einen Publikumserfolg beschert. Nach vier Stunden und 37 Minuten gab es in Anwesenheit von Oberbürgermeister Christian Specht und Kulturbürgermeister Thorsten Riehle am Sonntagabend im Opernhaus am Luisenpark minutenlangen Applaus für die Sicht von Regisseur Roger Vontobel auf Richard Wagners romantische Oper.

Ein Drehbühnen-Spektakel zwischen Natur und Spiritualität

Vontobel und Bühnenbildner Fabian Wending zeigen das Werk auf einer sich drehenden dunklen Einheitsbühne, auf der eine sterbende oder schon tote Natur aus blätterlosen Bäumen in eine (christlich) geprägte Behausung aus Holz übergeht. Immer wieder begleiten Videoeinspielungen das Geschehen, zeigen Unerklärliches, Kommentare des Geschehens, Hände, Füße, Gesichter der Personen des Handelns oder Übersinnliches.

Erhielt im Anschluss an die „Lohengrin“-Premiere die Wagner-Stele: Elsa (Astrid Kessler). © Christian Kleiner

Die Ästhetik des Abends ist überwiegend in Schwarz und Weiß gehalten, sinnbildlich für die Gegensätzlichkeiten der heidnischen Welt der Brabanter mit ihren Göttern und des strengen Christentums der Sachsen und ihres Königs Heinrich, für Gut und Böse, Natur und Zivilisation und vieles mehr.

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Vontobel geht kaum über Wagner hinaus. Mit seinem Team bebildert er in einer raffinierten und schönen Ästhetik, lässt das Werk aber in einer Fantasywelt zurück, die in ihrer Mixtur aus leuchtenden Hightech-Speeren sowie -Schwertern und mittelalterlichen Reminiszenzen etwas von Hollywoodkino hat – von „Star Wars“, „Herr der Ringe“ oder „Der Hobbit“.

Von Mystik und Zauber zurück zur Tradition

Insofern liefert Vontobel einen Gegenentwurf zum letzten Mannheimer „Lohengrin“ von Tilman Knabe. Hat der eine, Knabe, versucht, die Geschichte heutig und realistisch so zu erzählen, dass weder Zauber noch Mystik darin noch eine Rolle spielen, sondern einzig menschliche Niedertracht, so erzählt der andere, Vontobel, quasi alles wie von Wagner vorgesehen. Handelten bei Knabe Menschen, sind es bei Vontobel eher distanzierte Rollen und Kollektive.

Neuer Mannheimer „Lohengrin“

  • Entstehung: Richard Wagner begann die Arbeit an „Lohengrin“ während eines Kuraufenthalts in Marienbad im Sommer 1845, wo er den Prosaentwurf verfasste. Die Komposition erstreckte sich bis 1848. Die Uraufführung fand am 28. August 1850 im Weimarer Hoftheater unter der Leitung von Franz Liszt statt.
  • Handlung: In Antwerpen des 10. Jahrhunderts wird Elsa von Brabant beschuldigt, ihren Bruder Gottfried ermordet zu haben. Ein unbekannter Ritter erscheint auf einem Schwan, verteidigt Elsa im Zweikampf und besiegt ihren Ankläger, Friedrich von Telramund. Der Ritter heiratet Elsa unter der Bedingung, dass sie niemals nach seinem Namen oder seiner Herkunft fragt. Als Elsa dieses Versprechen bricht, muss der Ritter sie verlassen und kehrt mit dem Schwan zurück. Gottfried, der durch einen Fluch verschwunden war, erscheint wieder und wird zum Herzog von Brabant gekrönt.
  • Termine: 31.10. (18 Uhr), 2., 8., 16., 23.11. (17 Uhr), 23.11. (18 Uhr), 11.02.2026 (15 Uhr). Die Vorstellung dauert mit zwei Pausen rund viereinhalb Stunden.
  • Info: Auf der Website des NTM und unter 0621/1680.150.

Besonders viel Applaus hat das Publikum für das Orchester und Alistair Lilleys Chor unter der Leitung von Generalmusikdirektor Roberto Rizzi Brignoli gehabt. Rizzi Brignoli hatte schon im Gralsvorspiel deutlich gemacht, dass er den großen Wagner-Bogen sucht und nicht gleich spannungsgeladen, sondern sachte starten will. Das Vorspiel zum ersten Akt wirkte – vor allem für Rizzi Brignolis Verhältnisse – entspannt, gelassen und ruhig fließend. Die großen emphatischen Höhepunkte hob er sich für die großen Chorszenen auf.

Astrid Kessler bei der Verleihung der Wagner-Stele mit Opernintendant Albrecht Puhlmann und Wagnerverbandspräsidentin Monika Kulczinski. © Stefan M. Dettlinger

Solistisch konnten vor allem Joachim Goltz als Friedrich von Telramund, aber auch Patrick Zielke als König Heinrich und auch Nikola Diskic als Heerrufer überzeugen. Astrid Kessler, die nach der Vorstellung von Wagnerverbands-Präsidentin Monika Kulczinksi die Wagnerstele entgegennahm, musste sich als Angeklagte Elsa von Brabant erst nach und nach stimmlich in Hochform singen. In der Titelpartie konnte Jonathan Stoughton als Lohengrin nicht ganz überzeugen. Seine mitunter schöne timbrierten Töne setzte er meist etwas buchstabierend ein, so dass ein großer Bogen, eine Phrase nur selten entstand.

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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