Tanz

Junior Dance Company in Mannheim: Tanzlabor und Karrieresprungbrett

Vier Jahre war Joshua Störzinger Mitglied der Junior Dance Company des Mannheimer Eintanzhauses. Nun zieht es den 19-Jährigen für ein Tanzstudium nach Berlin.

Von 
Ute Maag
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Hat vor der JDC nur in seinem Zimmer getanzt: Joshua Störzinger. © Max Borchardt

Mannheim. Eine Stunde vor seinem letzten Training mit der Junior Dance Company (JDC) des Eintanzhauses sitzt Joshua Störzinger am Besprechungstisch des freien Tanzzentrums in der früheren Mannheimer Trinitatiskirche und überlegt. „Dass meine Zeit hier jetzt zu Ende ist, macht mich schon traurig, aber irgendwie auch nicht“, sagt er schließlich. „Weil, es fängt ja auch was Neues an.“ Nach vier Jahren als Mitglied des Nachwuchsensembles endet für den 19-Jährigen ein Lebensabschnitt, der ihn geprägt hat – so sehr, dass er seine beruflichen Pläne über den Haufen geworfen hat und im Oktober ein Studium am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz (HZT) in Berlin beginnen wird. In drei Jahren will er seinen Bachelor im Studiengang Tanz, Kontext, Choreografie in der Tasche haben.

Junior Dance Company

Die Junior Dance Company (JDC) des Mannheimer Eintanzhauses wurde Anfang 2019 gegründet.

Unter der Leitung der beiden Tänzer und Choreographen Julie Pécard und Jonas Frey erarbeiten Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren eigene Choreografien.

Bislang sind sechs Stücke entstanden: Future First (2019), Zooming In (2020), Fragt Uns (2021) und Hidden Structures (2022), Now (2023) und „Going Live“ (2024/2025).

Die Junior Dance Company trainiert während der Schulzeit regelmäßig dienstags von 17.45 bis 19.15 Uhr im Eintanzhaus. Interessierte finden Informationen im Internet auf www.eintanzhaus.de, auf Instagram (juniordancecompanyma) oder per E-Mail an juniordance@eintanzhaus.de.

Am Samstag, 13. September, 18.30 Uhr, eröffnet das Eintanzhaus die neue Spielzeit mit dem EinTanzFest. Im Rahmen der „Nacht des offenen Denkmals“ finden Führungen durch die Trinitatiskirche statt. uma

Seit Anfang 2019 bietet die JDC Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren die Möglichkeit, sich tänzerisch auszuprobieren. Unter der Leitung der beiden Tänzer und Choreographen Jonas Frey und Julie Pécard machen sie sich auf die Suche nach ihrer eigenen Tanzsprache und entwickeln gemeinsam Stücke. Einige Mitglieder haben die Gruppe über Jahre geprägt – das Gründungsmitglied Salome Abwanka, die inzwischen in Freiburg Umweltnaturwissenschaften studiert, oder Juli Döhring, die ein Jahr später dazukam und im kommenden Jahr Abitur machen wird. Joshua Störzinger ist der erste Tänzer, für den die JDC zum Sprungbrett in die Profikarriere wurde. „Das ist nicht unser Ziel“, stellt Daria Holme, die Leiterin des Eintanzhauses, klar. „Aber ich freue mich wahnsinnig über seine Entwicklung und dass wir ihn dabei begleiten und inspirieren durften.“

„Going Live“ setzt sich kritisch mit Social Media auseinander

Julie Pécard kann sich noch gut an ihre erste Begegnung mit dem damals 15-Jährigen erinnern. „Wir haben gefragt: Warum bist du hier? Welche Erfahrungen hast du mit Tanz?“, erzählt sie. „Er sagte, er habe bisher nur in seinem Zimmer getanzt. Wir haben sofort gesehen, wie schnell er lernt und dass er bei jedem Training voll dabei ist.“ Inzwischen habe er auf der Bühne jede Schüchternheit abgelegt: „Er interagiert gnadenlos mit dem Publikum.“ Zu beobachten war das zuletzt im Juli bei der Uraufführung des Stücks „Going Live“ über die Bedeutung von Social Media für das Leben Jugendlicher. „Mit ist der Zugang zu dem Thema erstmal schwergefallen, Tiktok-Tänze sind nicht so meins“, bekennt er. Doch die kritische Auseinandersetzung mit den Fragen um Selbstinszenierung und Erwartungsdruck habe ihm Spaß gemacht: „Ich würde sogar sagen, dass das mein Lieblingsstück mit der JDC ist.“

In ihrem Element: Juli Döhring, Joshua Störzinger. © Max Borchardt

Dass Joshua Störzinger keine Erfahrung mit klassischem Ballett hat, spielt für die Ausbildung an der HZT keine Rolle. Mit einem performativen Bewerbungsvideo überzeugte er die Jury. „Gefordert war eine künstlerische Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk, das ich gar nicht toll fand“, sagt er. Nur eineinhalb Wochen Zeit blieben ihm bis zum Abgabeschluss. Unterstützung fand er bei Lorenzo Ponteprimo. Den freiberuflichen Bewegungskünstler hatte er vor zwei Jahren bei einer Party im Eintanzhaus kennengelernt. „Er hat mir den Tipp gegeben, noch mehr von mir ins Video einzubauen, denn die Jury wollte ja mich sehen“, erzählt Störzinger. „Hat funktioniert.“

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Juli Döhring hört ihrem Company-Kollegen aufmerksam zu, schließlich wird auch sie demnächst die Entscheidung zu treffen haben, welchen beruflichen Weg sie einschlagen will. Die Ladenburgerin hat früh mit klassischem Ballett begonnen und am Eintanzhaus Spaß am Improvisieren gefunden. „Hidden Structures war am Anfang eine Riesenherausforderung für mich und dann wurde es zu meinem Lieblingsstück“, sagt sie über die Produktion, die die JDC vor zwei Jahren zum Rampenlichter-Festival nach München präsentieren durfte. Für ein Tanzstudium würde sie sich – Stand heute – dennoch eher nicht entscheiden, auch wenn sie sicher ist: „Ich werde immer tanzen.“

Finanzierung ist ein steter Kraftakt – doch es lohnt sich

Julie Pécard und Daria Holme lächeln, wenn sie ihren beiden Jugendlichen zuhören. „Es ist nicht immer leicht, das Projekt voranzutreiben“, gibt die Choreografin zu und hofft, „dass jetzt zum neuen Schuljahr ein paar neue Tänzerinnen und Tänzer dazukommen“. Für Eintanzhaus-Gründerin Daria Holme ist die Finanzierung ein steter Kraftakt, doch sie ist überzeugt: „Die JDC hat sich etabliert. Da können wir doch nicht einfach aufhören.“ Nicht nur für Joshua Störzinger – auch für die anderen JDC-Mitglieder fängt nun etwas Neues an.

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