Bayreuther Festspiele

Eva Röthke begeistert als Harfenistin bei den Wagner-Festspielen

Eva Röthke verzaubert Bayreuth: Die Harfenistin begeistert bei den Richard-Wagner-Festspielen im berühmten Festspielorchester. Ein Portrait.

Von 
Stefan M. Dettlinger
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Eva Röthke, die 1. der beiden Soloharfenistinnen des Mannheimer Nationaltheaterorchesters, beim Lesen der Bayreuther Festspielzeitung. Röthke wirkt im Festspielorchester mit und sitzt hier in einem Café in der Bayreuther Innenstadt. © Stefan M. Dettlinger

Bayreuth. Sie strahlt, ja, überstrahlt alles um sie herum. Eva Röthke, man sieht es sofort, ist glücklich, hier zu sein. Und hier, das bedeutet in Bayreuth, das bedeutet bei den Richard-Wagner-Festspielen, das bedeutet, Teil des berühmten Orchesters der Bayreuther Festspiele zu sein. In Wagners Opus summum, dem vierteiligen „Ring des Nibelungen“, wird die Nationaltheatermusikerin die Harfe zupfen, ebenso in „Tristan und Isolde“ und im Bühnenweihfestspiel „Parsifal“. Es sei nicht nur „eine große“ Ehre, sagt sie, sondern auch ein „großer Genuss“, ja, habe etwas „Erhebendes“.

Ein Café in der Bayreuther Sophienstraße, Ecke Kämmereigasse. Nur einen Steinwurf entfernt wohnt Röthke über die Wochen und Monate, die sie hier verbringt. Es ist der Morgen nach der Festspieleröffnung mit den „Meistersingern von Nürnberg“, die Röthke weder gespielt noch ganz gesehen hat. Nur den dritten Aufzug kennt sie aus Proben. Röthke nennt ihn „sehr bunt“. Das übliche Treiben umgibt unser Treffen. Tassen klappern. Leute bestellen. Bedienungen tragen Kaffees, Orangensäfte und ganze Frühstücke durch die Luft. Röthke nimmt Tee. Kräutertee. Das passt.

Harfen zeichnen die schillernde Wasseroberfläche des Rheins mit

Seit drei Jahren spielt sie im Festspielorchester, wobei man sie schon vor vier Jahren gefragt hatte, als sie aus familiären Gründen absagen musste. Ihr Bezug zu Wagner – oder soll man sagen Liebe? – wuchs erst nach und nach. Den Anfang machte sie in Mannheim, als der damalige Generalmusikdirektor und spätere Bayreuther Sinopoli-Einspringer Adam Fischer den dann doch einigermaßen berühmt gewordenen Mannheimer „Ring“ von Regisseur Martin Schüler dirigierte – und Röthke quasi als Berliner Küken und frisch gebackene Hochschulabsolventin im Orchester saß. Die Sänger waren damals Janice Dixon, Wolfgang Neumann oder einer wie Stefan Vinke, der danach im Wagnerfach noch Weltkarriere machen sollte und auch auf dem Hügel schon einige Einsätze hatte.

Eva Röthke

  • Eva Röthke wurde in München geboren. Aufgewachsen in einer Musikerfamilie begann sie bereits mit sieben Jahren Harfe zu spielen . Ihre ersten Lehrerinnen waren Birgit Bachhuber und Maria Graf. An der Universität der Künste in Berlin war Eva Röthke Jungstudentin in der Klasse von Regina Herwig. Von 1998- 2002 studierte sie an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler Berlin , zuerst bei Birgit Bachhuber und ab Sommer 2000 bei Maria Graf.
  • Sie ist mehrfache Preisträgerin des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ , unter anderem erhielt sie den 1. Preis im Bundesfinale 1995. Neben Solo-Konzerten, u.a. in der Philharmonie in Berlin, dem Konzerthaus Dortmund sowie im europäischen Ausland spielt sie auch regelmäßig in verschiedenen großen deutschen Orchestern.
  • Röthke war Mitglied im Bundesjugendorchester und der „Jungen Deutschen Philharmonie“ und nahm 2000 an der Orchesterakademie des Schleswig-Holstein- Musikfestivals teil.
  • Stipendien erhielt sie von der „Hans und Eugenia Jütting-Stiftung Stendal sowie der „Mozart-Gesellschaft Dortmund .
  • 2002 schloss sie ihr Studium ab und wurde im September desselben Jahres im Orchester des Nationaltheaters Mannheim engagiert. Seit 2017 hat sie dort nach erfolgreichem Probespiel die Position der 1. Solo-Harfe inne.
  • Eva Röthke ist seit 2023 Mitglied des Orchesters der Bayreuther Festspiele und bekleidet zudem das Amt der Geschäftsführerin der Musikalischen Akademie Mannheim .

Obwohl es nicht ganz zu Richard Wagners Persönlichkeit passen mag, aber immer, wenn er klangliche Sondersphären in den Äther zaubern wollte, setzte er Harfenstimmen in die Partitur. So klingt es mit den Harfen mystischer, transzendentaler und magischer. Röthke erwähnt einige Passagen, etwa im „Rheingold“ aus der „Ring“-Tetralogie, wo die Harfen die schillernde Wasseroberfläche des Rheins mitzeichnen, bei der Verwandlung in der Rheintöchter-Szene mit Alberich zusammen mit der Celesta oder beim „Raub des Goldes“. Röthke erwähnt aber natürlich auch den „Feuerzauber“ im 3. Akt der „Walküre“, wo die Harfen unerlässlich sind und zusammen mit den Piccoloflöten und hohen Streichern diese besonders magische Stimmung des lodernden Feuers rund um Brünnhildes Felsen zu erzeugen, „das ist sehr schwer zu spielen“, sagt Röthke, in jedem Probespiel gehöre die Stelle zum Standard.

Hoffnung, 2026 wieder als Harfenistin beim „Ring“ der Nibelungen dabei zu sein

Keine Liebesnacht und keinen Liebestod im „Tristan“, keinen Karfreitagszauber im „Parsifal“ ergo: keine zentralen Stellen ohne Harfen, mit denen sich nicht nur Wagner klanglich immer wieder mal nah an magische, ergo metaphysische Mächte heranwagt.

Da sie in diesem Jahr nicht im „Lohengrin“ spielt, wo die Harfe ja im Brautchor vorkommt, wird Röthke Christian Thielemann nicht erleben, was sie sehr bedauert. „Von dem schwärmen immer alles so, wenn sie mit ihm gespielt haben“, sagt Röthke. Um so mehr hofft die gebürtige Münchnerin aber, dass sie für 2026 wieder als Harfenistin für den „Ring“ der Nibelungen gefragt wird.

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Stefan M. Dettlinger
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Bei dem Sonderspektakel zum 150. Geburtstag der Festspiele mit Namen „Ring 10010110“ erwartet Röthke etwas sehr Experimentelles mit vielen projizierten Bilder der Festspielgeschichte, die von einer KI gesteuert werden, vor allem aber: Es dirigiert Christian Thielemann.

Röthkes Mutter ist wie Röthke selbst Berufsharfenistin

Beide, Thielemann und Röthke, haben typische Musikerkarrieren hingelegt – Röthke vielleicht noch mehr als Thielemann. Der lernte, obwohl seine Eltern keine Musiker waren, mit fünf Klavier, studierte später Bratsche und hatte seinen ersten Posten als Assistent schon mit 19 Jahren – bei der Dirigenten-Legende Herbert von Karajan. Röthke hingegen hörte die Harfe ihrer Mutter Maria wahrscheinlich schon im Bauch, denn Maria Graf, Röthkes Mutter, ist wie Röthke selbst Berufsharfenistin und lehrt an der Berliner Hochschule Hanns Eisler. So wuchs Röthke zunächst in München mit Harfe und Blockflöte auf, zog als Zehnjährige mit der Mutter nach Berlin, wo sich im Alter von 14 Jahren der Berufswunsch herauskristallisierte: Harfenistin.

Eva Röthke, die 1. der beiden Soloharfenistinnen des Mannheimer Nationaltheaterorchesters, vor dem Königsportal des Bayreuther Festspielhauses. Auch 2025 ist Röthke wieder Teil des Festspielorchesters, mit dem sie den „Ring“, „Tristan“ und „Parsifal“ spielt. © Sophie Schwödiauer

„Es gab sogar eine Phase während meines Studiums, da habe ich bei meiner Mutter studiert“, sagt Röthke lächelnd und merkt an, dass das „erstaunlich gut geklappt hat, weil wir total professionell miteinander umgegangen sind. Wir waren zwar Mutter und Tochter, aber sobald wir die Schwelle zum Unterrichtsraum übertreten haben, waren wir plötzlich Lehrerin und Schülerin.“

2017 gewann sie das Probespiel für die 1. Soloharfenstelle

Als Eva Röthke 2002 in Mannheim das Probespiel für die Harfenstelle gewann, musste sie fragen, ob sie etwas später anfangen könne – sie hatte ihr Studium in Berlin nämlich noch gar nicht beendet. So begann sie erst im September in Mannheim und gewann 2017 auch noch das Probespiel für die 1. Soloharfenstelle.

Zurück nach Bayreuth. Hinunter in den mystischen Abgrund, wie der Ort des Festspielhauses heißt, wo das Orchester spielt. Üblicherweise spricht man in Opernhäusern vom Orchestergraben, aber in Bayreuth gibt es schon Besonderheiten: zum einen bekommen die Musiker dort unten im Grunde nichts von der Bühne mit, und dann wogt der Klang auch nicht direkt ins Auditorium, sondern muss indirekt erst über einen Wulst drüberfließen. Und unten sei das schon „ein ganz besonderes Musizieren“, sagt Röthke, man sei so „für sich“ und es sei fast, als musiziere man füreinander.

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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