Mannheim. In Mannheim fing es an, das Ergebnis ist ein neuer Preis in drei Kategorien und zwei der drei ersten Popländ Awards gehen an Popakademiker. 2023 hat Baden-Württembergs Kunststaatssekretär Arne Braun an der Popakademie einen landesweiten Dialogprozess mit der Musikszene angestoßen. Das Projekt Popländ wurde federführend begleitet von den früheren Popakademie-Chefs Udo Dahmen und Hubert Wandjo. Ein Ergebnis ist der gleichnamige Award, der am 16. November bei einem Konzert vergeben wird. Im Interview erklären Braun und Dahmen Zielsetzung sowie Perspektive des mit dreimal 10.000 Euro dotierten Preises und was die Besucherinnen und Besucher bei der Verleihung erwartet.
Herr Braun, Herr Dahmen, 2023 startete das Kunstministerium in Mannheim an der Popakademie einen Dialogprozess namens Popländ. Ein Ergebnis ist ein neuer Award, der am 16. November in der Alten Feuerwache zum ersten Mal verliehen wird. Wie kam es dazu?
Arne Braun: Wir haben damals 20 höchst erfolgreiche und erfreuliche Jahre der Popakademie gefeiert, die einzige staatliche Hochschuleinrichtung in Deutschland dieser Art. Es war ein rauschendes Fest, aber gleichzeitig spürten wir auch: Die Corona-Pandemie hatte tiefe Spuren hinterlassen, niemand wusste so recht, wie es weitergehen sollte, die Szene war verunsichert, und vor allem viele junge Menschen fühlten sich alleingelassen. Also, was lag näher, als ins Gespräch kommen, so haben wir den Pop-Dialog ins Leben gerufen.
Wie lief das ab?
Braun: Mehr als 400 Menschen kamen auf vier großen Konferenzen zusammen, es war vertrauensvoll und lehrreich, warmherzig und inspirierend. Ein wichtiges Ergebnis war: Wir müssen Popkultur sichtbar machen. Nur folgerichtig, dass wir den Popländ Award Baden-Württemberg ins Leben gerufen haben, den wir jetzt verleihen. Er soll – ähnlich wie bei den Landespreisen für Jazz, Kleinkunst, Dialekt oder Bildende Kunst – zeigen: Baden-Württemberg ist Popländ.
Udo Dahmen: Hubert Wandjo und ich waren Berater und haben die Planung der Konzeption und die Durchführung des Pop-Dialogs und des Popländ-Prozesses aktiv begleitet. In vier Pop-Dialog-Veranstaltungen in Mannheim, Freiburg, Reutlingen und Stuttgart und mit Beteiligten aus allen Bereichen der Populären Musik haben wir die Themen diskutiert, die die Musikszene und die Musikbranche aktuell besonders bewegen. Der Auftakt fand statt im Rahmen der 20-Jahr-Feier in der Popakademie im Mai 2023 und wurde abgeschlossen mit der Veröffentlichung der Handlungsfelder bei der Konferenz About Pop in Stuttgart im Mai 2024. Ein Ergebnis ist der nunmehr erstmalig vergebene Popländ Award.
Zur Award-Show
- Der Popländ Award soll die Musikszene in Baden-Württemberg fördern und noch sichtbarer machen. Er wird am 16. November in Mannheims Alter Feuerwache erstmals vergeben, in den mit jeweils 10.000 Euro dotierten Kategorien Live-Act, Livemusik-Spielstätte und Producing .
- Ausgezeichnet werden die Mannheimer Alternative-Rock-Band Nikra als Live-Act, Produzent Jules Kalmbache r, der auf der Vogelstang das Erfolgs-Label Good Boy Records mitgegründet hat, und das Reutlinger Kulturzentrum Franz.K .
- Bei der ersten Popländ-Award-Show am Sonntag, 16. November, 18 Uhr, in der Alten Feuerwache werden neben der Preisverleihung Nikra ihre Live-Qualitäten unter Beweis stellen. Außerdem treten drei Acts aus dem Bandpool-Förderprogramm der Popakademie auf: Ottolien, Karo Lynn und Marlo Grosshardt. Der Eintritt ist frei . jpk
Es gibt drei mit jeweils 10.000 Euro dotierte Kategorien – Live-Act, Livemusik-Spielstätte und Producing. Warum diese Auswahl? Der (Indie-)Preis für Popkultur hat elf Kategorien, der Grammy gefühlt elfhundert....
Braun: Es war klar: Die Kategorien Live-Act und Livemusik-Spielstätte sind gesetzt, darum geht’s. „Producing“ dagegen ist so wichtig für Pop-Musik, wird aber oft übersehen. Jetzt haben wir mit Jules Kalmbacher einen Producing-Preisträger 2025, der in Baden-Württemberg lebt und wirkt, aber deutschlandweit eine große Bedeutung besitzt.
Dahmen: Ich freue mich besonders, dass mit Nikra eine Band aus dem Bandpool-Programm der Popakademie ausgezeichnet wird, die in provokanter Haltung ihre Meinung sowohl musikalisch mit Punkrock und textlich deutlich vertritt. Jules ist Absolvent der Popakademie - das ist natürlich eine große Anerkennung der Arbeit in Mannheim. Das soziokulturelle Zentrum Franz K in Reutlingen steht mit seinem engagierten Programm für verschiedene Zielgruppen und ist in Reutlingen und weit darüber hinaus eine wichtige, zentrale Anlaufstelle für Kultur.
Was soll der Preis über die finanzielle Förderung hinaus bewirken?
Dahmen: Der Preis unterstreicht die Bedeutung der Popmusik für das Land und macht die Preisträgerinnen und Preisträger und damit die Popmusik im Land und darüber hinaus deutlich sichtbar. Der Popländ Award ist gleichzeitig Netzwerkplattform für alle an der Popmusik Beteiligte im Lande, um sich zu treffen und auszutauschen und weiterhin im Dialog zu bleiben.
Braun: Der Popländ Award zeichnet Kreative, Spielstätten und Veranstaltungskonzepte der Popkultur aus, die innovativ sind und neue Ideen umsetzen. Wertschätzung und Aufmerksamkeit sind wichtig und das Preisgeld dient als Förderung für nächste Projekte oder Entwicklungsschritte. Jetzt wollen wir weiter miteinander reden, deshalb werden wir die Popländ-Gespräche weiterführen. Wir treffen uns alle sowieso auf der About Pop, dem zentralen Think Tank. Auch die Verleihung der Popländ-Preise ist ein schöner Anlass, zusammenzukommen. Aber seien Sie versichert, wir sprechen andauernd miteinander, das ist wichtig.
Wie wird der Abend für die Besucherinnen und Besucher ablaufen?
Braun: Zusammen mit der Popakademie werden wir die Preise verleihen und Pop im Land feiern, aber dann zum Eigentlichen kommen, der Musik: Wir werden Nikra nochmal in voller Länge erleben Besser hätten wir es nicht planen können. Preisverleihung und Konzert, null Eintritt, super Stimmung.
Dahmen: Es wird ein sensationeller Abend mit allen Preisträgern. Darüber hinaus spielen neben Nikra drei weitere Acts aus dem Bandpool der Popakademie, die alle derzeit erfolgreich unterwegs sind und von denen man in Zukunft sicher noch einiges hören wird: Ottolien, Karo Lynn und Marlo Grosshardt.
Wie lief das mehrstufige Auswahlverfahren ab, wer saß in der Jury für die finale Shortlist?
Braun: Die geballte Pop-Szene aus allen Ecken des Landes war unser Kompetenzzentrum: Geeignete Kandidatinnen und Kandidaten wurden von Sachverständigen identifiziert und nominiert. In diesem Jahr waren das die regionalen Popbüros, die Nachtkultur- und Popbeauftragten, Pop-Verbände, Musikredakteurinnen und Musikredakteure, die Koordinierungsstelle Sicherheit im Nachtleben BW und die relevanten Musikhochschulen des Landes. Dann schaffte die Fachjury die Grundlage: Sie sichtete und bewertete die unglaublich vielen und tollen Bewerbungen. Die Jury 2025 bestand aus Derek von Krogh von der Popakademie, dem Mannheimer Musiker Ziggy Has Ardeur (Musiker und Produzent), Veranstalterin Johanna Homburger, Sängerin Hannah Jaha, den Programmmachern Martin Labacher vom Stuttgarter Wizemann und Michael Mutschler vom Roxy in Ulm sowie Sonja Urmann von der Plattenfirma Concord.
Hat der Popländ Award Zukunft, wenn das bislang von den Grünen geführte Kunstministerium nach der baden-württembergischen Landtagswahl im März die Farbe wechseln sollte?
Braun: Warum sollten denn die Farben wechseln? Das sehe ich überhaupt nicht, dafür gibt es auch keinen Grund. Aber abgesehen davon: Der Popdialog, den wir sehr intensiv und ernsthaft ein Jahr lang geführt haben, hat alle überzeugt, na ja fast alle. Förderung ist jetzt richtig und wichtig. Das hat sich auch bis zum Landtag herumgesprochen und die große Mehrheit hat schließlich entschieden, Pop zu fördern und zwar langfristig. Klar ist allen, wie wichtig das Thema für die Kulturlandschaft im Land ist und eine große Power für die Kultur- und Kreativwirtschaft bedeutet. Und das sollten wir auch der Szene signalisieren, denn alle wissen: Die Förderung ist für unsere Gesellschaft wichtig und stärkt gleichzeitig unseren Standort – auch wirtschaftlich, aber sowas von! Auch wenn die Zeiten härter werden und Haushalte enger: Popförderung gehört zum Länd, die Botschaft ist nun wirklich überall angekommen, zum Glück.
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