Jazz

Ditzner und Sharp veröffentlichen Enjoy-Jazz-Livealbum

Das Album Ditzner/Sharp Live zeigt die magische Verbindung von Schlagzeuger Erwin Ditzner aus Ludwigshafen und Gitarrist Elliott Sharp bei Enjoy Jazz.

Von 
Georg Spindler
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Blindes Verständnis: Elliot Sharp (l.) und Erwin Ditzner 2024 bei ihrem Enjoy-Jazz-Konzert. © Manfred Rinderspacher

Ludwigshafen. Es ist wahrlich keine leichte Kost, die Erwin Ditzner auf seinem neuen Album präsentiert. „Ditzner/Sharp Live at Enjoy Jazz Festival 2024“ (erschienen auf dem Neckarsteinacher Label fixcel records) dokumentiert die letztjährige Begegnung des Ludwigshafener Schlagzeugers mit dem US-Gitarristen Elliott Sharp. Der ist seit den 1970ern eine der zentralen Persönlichkeiten der New Yorker Avantgarde- und Noise-Music-Szene. Ein experimentierfreudiger Instrumentalist, der radikal und kompromisslos innovative künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten von Geräuschen, Splitterklängen und ungewöhnlichen musikalischen Strukturen erforscht.

Dass Sharp mit seiner extremen Ästhetik in Ditzner einen Musiker findet, der ihn offenkundig intuitiv versteht, ist die große positive Überraschung und Offenbarung dieses Mitschnitts. Der Ludwigshafener Schlagzeuger hat bei Enjoy Jazz schon mit vielen namhaften Größen der freien Improvisationsmusik gespielt und exzellente Konzerte gegeben. Aber mit Sharp scheint ihn eine ganz besondere Beziehung zu verbinden. Auf fast magische Weise reagieren die beiden Instrumentalisten in ihren freien Dialogen aufeinander – ohne große Reaktionszeit, in spontaner Übereinstimmung.

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Das belegt dieses Album eindrucksvoll. Furios verläuft die musikalische Kommunikation in einer Sequenz, die nicht ohne Grund „Rotavator“ (Ackerfräse) betitelt ist. Denn hier begeistert Sharp tatsächlich mit einem brausend aufjaulenden Gitarrensolo, das sogar Reminiszenzen an Jimi Hendrix beschwört. Dabei startet der Ausflug des Gitarristen in die Expressivität des Blues abstrakt, mit wuselig ineinander verknäuelten Linien, die drangvoll in alle Richtungen gleichzeitig zu streben scheinen. Wie Ditzner darauf sofort und passgenau mit kleinteiligen rhythmischen Texturen, zischelnden Beckenakzenten und scharf prasselnden Snare-Schlägen reagiert, ist fast wundersam. Als Sharp dann rockigere Töne anstimmt, sorgt der Drummer mit dicht aufschäumendem Rhythmuswellen erneut für adäquate dynamische Akzente.

Fauchende Gitarren und dichte rhythmische Texturen

Ein anderes Beispiel für diesen Rapport liefert „Anitram“. Es ist ein fünfminütiger Sturmlauf, der mit nervösem perkussivem Geknurpsel an der Gitarre und abwartendem Trommelticken beginnt, ehe er ständig an Drive zulegt: mit Sharps fauchend verzerrten, kreischenden Sounds und Ditzners zusehends intensiver werdenden, sich immer weiter ausbreitenden Schlagkombinationen. Es gibt aber auch andere Momente: Auf „Sukram“ klingen die wehenden, heulenden Schwebeklänge der Gitarre kontemplativ, Ditzner sorgt dazu auf der hölzernen Schlitztrommel für einen verhalten brodelnden Untergrund, bringt afrikanisch anmutende Rhythmen ins Spiel. Es ist eine Phase gespannter Ruhe, bis Sharp mit jäh auflodernden Tonfolgen das Feuer wieder entfacht und das Duo ein wild bewegtes Finale inszeniert.

Dass die Begegnung der beiden keine Einmaligkeit geblieben ist, kommt nicht von ungefähr. Hier musizieren zwei in gleichem Geiste. Vor kurzem trat Ditzner mit Sharp in New York auf. Am 5. Oktober feiern sie bei Enjoy Jazz im Hack-Museum Ludwigshafen die Veröffentlichung ihrer LP mit einem weiteren Konzert. Es dürfte wohl nicht das letzte dieses Duos sein.

Redaktion

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