Mannheim. Selten sieht man den Raum von Port25 - Raum für Gegenwartskunst ohne Trennwände oder andere Begrenzungen, aber heute ist er ganz offen und wirkt so frei, unverstellt und klar. Vielleicht ist es notwendig, denn heute wird ein neuer Preis verliehen: In Zeiten klammer Kassen scheint es fast unmöglich, einen neuen Kunstpreis zu vergeben, aber mithilfe der Heinrich-Vetter-Stiftung und dem Mannheimer Kulturamt ist es nun gelungen, den Mannheimer Midcareer Award für Bildende Kunst ins Leben zu rufen.
Dotierte Auszeichnung für Kunstschaffende ab 40 Jahren
Alle vier Jahre wird er verliehen, ist mit 10.000 Euro dotiert und – das ist das Besondere – für Künstlerinnen und Künstler ab 40 Jahren und älter gedacht. Denn das war schon immer ein Problem, das Kunstschaffende bewegt hat: Schon ab 35 Jahren ist es oft nicht mehr möglich, sich um Preise zu bewerben. Dabei sind auch Kunstschaffende ab 40 ebenso auf Förderungen angewiesen wie Newcomer. Und haben immer noch Neues zu bieten. Denken wir etwa an große Namen wie Miriam Cahn oder Marlene Dumas oder hier im Raum Barbara Hindahl, die erst 2020 mit 60 Jahren in der Kunsthalle ausstellte.
Nun aber geht es um Michael Volkmer, großartiger Verwalter des Alltäglichen, oder vielleicht besser gesagt: Umwandler. Denn wer in den großen Ausstellungsraum tritt, wird bezaubert von unklaren Formen im Licht, im Vordergrund eher flaschenähnlich, im Hintergrund an Rosetten oder Fensterrosen großer gotischer Kathedralen erinnernd. Bei näherer Betrachtung ist dann wieder alles anders: Die unbestimmten Stücke im Vordergrund entpuppen sich als gedrechselte Lampenschirmhalter, aber in Volkmers Lieblingsfarbe RAL1015 mit dem schönen Farbnamen Hellelfenbein gestrichen - beziehungsweise besser überzogen - , die Rosetten an der Wand bestehen aus LKW-Radkappen.
Spiel mit dem Alltäglichen, dem Vertrauten
Aber wie kam es dazu? Michael Volker, der 1966 in Ludwigshafen geboren wurde und an der Freien Kunstschule Rhein-Neckar studierte, stellt bereits seit 30 Jahren regelmäßig aus, nicht nur in der Region. In Mannheim sind jetzt Werke zu sehen, die einen Überblick über sein aktuelles Schaffen bieten. Die Ausstellung ist also nicht wirklich retrospektiv angelegt, sondern betont vor allem die Zeitgenossenschaft.
Seit etlichen Jahren ist RAL1015 seine Lieblingsfarbe, alle Teile baut er zunächst mit MDF (Platten) ein, rundet die Ecken ab und lackiert sie dann. Zumeist in der, wie er findet, eigentlich spießigen Farbe, deren Farbnamen Hellelfenbein typisch deutsch und damit besonders altertümlich und zurückgeblieben scheint. Michael Volkmer ist ein typischer Vertreter der 1990er Jahre: Er macht Musik, Video, ist äußerst vielseitig, vor allem seit dem Atelierbrand 2007. Mit Eric Carstensen bildet er zudem das Künstlerduo superart.tv, in dem er so großartige Werke wie die Video-Serie „Krankenhausreif: Klinikum Lu-Mitte – Die Soap zur Kunst“ schuf, an die sich nicht nur Eingeweihte gut erinnern werden ...
Michael Volkmer
Michael Volkmer wurde 1966 in Ludwigshafen geboren . Von 1990 bis 1994 studierte er an der Freien Kunstschule Rhein-Neckar. Heute lebt er in Winnweiler, Pfalz.
Er erhielt etliche Preise und Stipendien, darunter: Mannheimer Midcareer Award (2025), Pfalzpreis für Bildende Kunst, Kaiserslautern (2024), Stipendium Kulturstiftung Rhein-Neckar-Kreis (2019), Welde Kunstpreis (2024), Mahnmal zum Gedenken an die Opfer der Zwangssterilisation , Mannheim (Preis und Ausführung, 2013).
Die Preisverleihung findet am Freitag, 19. September, um 19 Uhr statt. Ein Grußwort spricht Kulturbürgermeister Thorsten Riehle, für die Heinrich-Vetter-Stiftung spricht der stellvertretende Vorstand Prof. Dr. Markus Haass. Anschließend gibt es ein Künstlergespräch mit Miachel Volkmer.
Die Ausstellung in Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Hafenstraße 25-27, ist bis 9. November zu sehen. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr. Mehr unter www.port25-mannheim.de kaepp
Doch zurück zur Ausstellung: Großartig ist der Turm, hoch, ungewiss, deutlich an die USA erinnernd, vielleicht ein Wolkenkratzer, der aber aus in Hellelfenbein lackierten Spirituosenflaschen besteht. Oder der am Boden liegende, ausnahmsweise schwarze Kreis, der schwer an Richard Longs Steinkreise denken lässt, aber bei näherer Betrachtung aus schwarzen Gipsabgüssen von Verpackungsmaterial besteht. Also wieder sehen wir uns hier konfrontiert mit dem Alltäglichen, das wie beiläufig zu Kunst angeordnet wird und zum Rätselraten auffordert. Ganz zu schweigen von den großartigen, an der Wand hängenden Werken, wie immer mit in RAL1015 bearbeiteten Oberflächen, die eine weitere Seite Michael Volkmers zeigen: den Witz. Aus ihm wichtigen Satzteilen wie Mühe, Sorge oder Plage formt er in Gehäusen aus MDF großartige Wortbilder, die auch in etlichen Wohnungen der Region hängen. Und für die Freundinnen und Freunde der Farbe fügt er hin und wieder leuchtende Elemente hinzu.
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