Heidelberger Frühling

Zauberhafte Klangkultur zweier Könnerinnen beim Heidelberger Frühling

Beim Heidelberger Frühling hat die Geigerin Alina Pogostkina ein Heimspiel. Auch die Klarinettistin Sharon Kam begeistert das Publikum mit ihrem charmanten Auftritt

Von 
Eckhard Britisch
Lesedauer: 
Stella Chen, Charlotte Thiele, Sharon Kam, Julia Hagen und Matthew Lipman spielen beim Heidelberger Frühling 2024 das Klarinettenauintett von Johannes Brahms. © studio visuell photography

Heidelberg. Spürbar wohl fühlt sich die Geigerin Alina Pogostkina bei ihrem Auftritt in der Neuen Aula, denn in Heidelberg hat sie ein Heimspiel. Die Älteren erinnern sich sehr genau ihres Mitgefühls, als das Mädchen Alina hier in der Hauptstraße mit Straßenmusik zum familiären Etat beigetragen hatte. „Ach, so ein begabtes Kind“? Nein, aus ihr wurde eine wunderbare Instrumentalistin, deren zauberische Klangkultur jetzt beim Heidelberger Frühling Sonaten von Beethoven, Debussy und Franck in fein gewirktem Licht erstrahlen ließ. Endlich kein Brahms? Es geht bei diesem Festival tatsächlich auch mal ohne.

Ein selbstbewusster Partner am Klavier ist Jérôme Ducros

Ob Instrument, Darmsaiten, Bogentechnik, Fingerfertigkeit plus sensible Emotionalität die Ursache sein mögen? Jedenfalls ist die raffinierte, elegante Tongebung ebenso auffällig, wie eine differenzierte Nuancierung, die der ein Jahr vor seinem Tod entstandenen Sonate in g-Moll von Claude Debussy geradezu ideale Gestalt gab. „Très animé“ steht als Gestaltungsvorschrift über dem Finalsatz, was als Motto fürs Ganze gilt. Es ist das Spiel der Farben und Schattierungen, mit dem Alina Pogostkina diese Sonate grundiert, um daraus klar strukturierte Motivik zu entfalten. Jérôme Ducros ist dabei ein selbstbewusster Partner am Klavier, weit mehr als „nur“ ein Zuspieler für den Star.

Festival

Heidelberger Frühling: Junge Musiker brechen im Brahms.LAB Traditionen

Veröffentlicht
Von
Uwe Rauschelbach
Mehr erfahren

Das Debussy-Weihespiel rahmte Pogostkina mit Sonaten von Beethoven und Franck ein. Auffällig in der Beethoven-Sonate in c-Moll (op. 30/2) war das kontrollierte Feuer in den Ecksätzen und dazwischen eine anrührende Sanglichkeit, mit der dieses Duo das Adagio als intime Zwiesprache mit dem Komponisten ausstattete.

Heidelberger Frühling

Das hat Igor Levit beim Heidelberger Frühling präsentiert

Veröffentlicht
Von
Stefan M. Dettlinger
Mehr erfahren

Am Ende des Konzerts stand ein süchtig machendes „Schlachtross“ der Literatur, die A-Dur-Sonate von César Franck. Wenn Alina Pogostkina dieses Werk anfasst, kann man sich gar nicht satt hören. Denn, so sehr einem das Stück bekanntermaßen süffig erscheint, bei ihr hört man es neu, wenn die Themen-Verwandtschaften sich kristallisieren und ohne raumgreifende Power große, einen berührende Intensität entsteht. Als Zugabe zum Abschied gab es dann noch „Beau soir“ von Claude Debussy.

Kam ist Teil des Establishments der Reisesolistinnen

Stunden zuvor gab die Klarinettistin Sharon Kam in der Alten Aula ihre Visitenkarte ab. Sie ist seit vielen Jahren Bestandteil des Establishments der Reisesolistinnen. Beim Heidelberger Frühling präsentierte sie gemeinsam mit Christian Ihle Hadland ein Programm, das ihr auch deshalb zur Ehre gereicht, weil sie auch weniger Bekanntes vorstellte.

Da war die spätromantische Romanze der Marie Elisabeth von Sachsen-Meiningen in eingängigem Duktus ebenso einnehmend wie die im Jahr 1899 entstandene Sonate von Gustav Jenner, deren gehaltvolle Substanz ein wenig an Max Bruch gemahnen mag. Originell die vier Miniaturen von Alban Berg, pittoresk die fünf Tanzpräludien von Witold Lutoslawski, die im Spiel von Sharon Kam ihren ganzen Witz entfalten. Zentral aber die Klarinettensonate op. 120/1 von Johannes Brahms, der die Klarinettistin als „beseelte Stimme“ diente, wenn naturnaher Atem das kunstvolle Geflecht der vier Sätze durchzog. Brahms hat zarte Beseeltheit hinein komponiert und – kontrastierend – packende Aufwölbungen.

Das Publikum in der Alten Aula war sehr angetan von der Darbietung des Duos Kam/Handland, das mit einem kleinen, charmanten Salonstück von Fritz Kreisler dankte. Für ihr Instrument „geklaut“, wie Sharon Kam launig anmerkte.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen