Nationaltheater

Wie NTM-Hausregisseur Weise "Was ihr wollt" von William Shakespeare inszeniert

Eine große Geschichte über große Fragen: Der Hausregisseur des Nationaltheaters Mannheim, Christian Weise, zeigt im Kino auf Franklin William Shakespeares „Was ihr wollt“. Das hat er vor

Von 
Martin Vögele
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Wie in der historischen Theaterpraxis der Shakespeare-Zeit, in der alle Frauenrollen von Männern gespielt wurden: Probenfoto von Weises Deutung. © Christian Kleiner

Mannheim. Gestrandet an den fremden Gestaden Illyriens und vom totgeglaubten Zwillingsbruder getrennt, streift sich Viola Männerkleider über, um als Knappe in die Dienste des Herzogs Orsino zu treten - was ein Vexierspiel der zwischen Schein und Sein verführten Herzen und Gemüter in Gang setzt: Shakespeares meisterhafte Komödie „Was ihr wollt“ zählt zu den bis heute meistgespielten Stücken des englischen Dichters. „Er verbindet“, sagt Regisseur Christian Weise über Shakespeare im Allgemeinen und „Was ihr wollt“ im Besonderen, „einfach auf genialische Weise - gerade in diesem Stück - großartige, rüpelhafte Volkstheaterkomik mit wunderschöner Poesie“. Damit erzählt er eine große Geschichte über Fragen wie „Wer bin ich und wen liebe ich?“ und schließlich „über die Liebe an sich“.

NTM-Hausregisseur Christian Weise - ein Shakespeare-Spezialist

Weise ist Hausregisseur am Mannheimer Nationaltheater, wo gerade die Proben zu seiner „Was ihr wollt“-Inszenierung laufen, die Premiere ist am 6. Oktober im Alten Kino Franklin. Man kann ihn wohl - und von Theater-journalistischer Seite wurde das auch schon dezidiert getan - als veritablen Shakespeare-Experten bezeichnen: Mittlerweile neun Stücke hat Weise inszeniert, angefangen 2007 beim „Sommernachtstraum“ für die Salzburger Festspiele über „Der Kaufmann von Venedig“, „Der Sturm“, „Othello“, „Macbeth“, „Hamlet“ und „Wie es euch gefällt“ bis hin zu „Queen Lear“ (nach „König Lear“). Auch bei „Was ihr wollt“ hat er schon Regie geführt, 2010 am Staatsschauspiel Stuttgart.

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Shakespeare-Stücke neu übersetzen

Allerdings sei diese Shakespeare-Konzentration nicht vorsätzlicher Natur. Vielmehr sei er schlechterdings immer wieder bei dem Dichter „hängengeblieben“, wie Weise formuliert. „Shakespeare stellt in seinen Stücken immer die ganze Welt auf die Bühne. Seine Stücke sind universell“, erläutert er. „Vom Bettler zum König“ würden darin gleichsam immer wieder die großen menschlichen Themen behandelt. „Ohne dass Shakespeare die Welten konkretisiert. Deswegen sind seine Stücke ein tolles Material, um sie neu zu übersetzen.“ Dass zudem „immer das Theater auf dem Theater thematisiert“ und sich die Figuren bewusst seien, dass sie auf einer Bühne stehen, „diese Möglichkeit der Metaebenen, die da drin stecken“, hätte ihn gleichermaßen extrem interessiert und immer wieder zu Shakespeare gezogen.

Dass bei Shakespeare die Bühne immer wieder als solche thematisiert werde, rühre auch aus der damaligen Aufführungstradition, in der es kein Bühnenbild und nur das helle Sonnenlicht gegeben habe. Aber genau das sei, wie er aus seiner Erfahrung sagen könne, „das Beste, womit diese Stücke funktionieren“, zumindest bestimmte davon: „Die Figuren auf ein ‘Tablett’ zu stellen, auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Und sie die Konflikte der Geschichte in hellem Licht und ohne viel Schnickschnack verhandeln zu lassen.“

Bilder von KI zusammengesetzt

Dem wird auch die Ausstattung der Mannheimer Produktion Rechnung tragen: Einfach eine hohe, mit vielen Drehtüren zum Rein- und Rausgehen ausgestattete Holzwand werde da schräg und ziemlich weit vorne platziert in den Raum gestellt. Dadurch entstehe gleichsam „ein silbernes Tablett, auf dem die Figuren tanzen.“ Auf besagter Wand sollen in einigen Szenen auch Videos mit Renaissance-Bildern laufen, die von einem KI-Programm neu zusammengesetzt werden - Ausstatterin Jana Findeklee habe die Idee dazu gehabt, berichtet Weise. Auch die Kostüme („Haute-Couture im Renaissancelook“) spielten mit den Bildern, seien aber zugleich modern.

"Was ihr wollt"

  • William Shakespeares „Was ihr wollt“ in der Regie von Christian Weise feiert am 6.10., 19 Uhr, im Alten Kino Franklin des NTM Premiere.
  • Weitere Termine am 15./22./ 28.10., 4./12.11. sowie am 31.12. (Karten: 0621/1680 150, nationaltheater-mannheim.de).

In der historischen Theaterpraxis der Shakespeare-Zeit wurden alle Frauenrollen von Männern gespielt. Auch in Mannheim wird die Viola von einem Mann verkörpert, von Ensemblemitglied David Smith. „Ich besetze immer auf Typen“, führt Weise aus. „Und die Typen sind unabhängig vom Gender.“ Zwar werde mithin natürlich auch mit dem Punkt gespielt, „dass es in der Inszenierung Gender-querfeldein geht.“ Aber das sei nicht das Hauptthema. Ob rein Männer-besetzt (was er auch schon so gemacht hat), rein mit Frauen oder eben im gemischten Ensemble: Das funktioniere genauso, konstatiert der Regisseur. Es gehe eben darum, dass Schauspieler*innen auf die jeweilige Figur passen. Und das sei völlig unabhängig vom Geschlecht. Dabei sei „Was ihr wollt“ ein „sehr übersichtliches Stück“, findet er: Die Liebes- und die „Rüpel-Szenen“ seien gleichmäßig aufgeteilt und jede Figur durchlaufe einen Entwicklungsbogen und werde zu einem Ende gebracht.

Dazu wird es Livemusik geben, eigens komponierte Vertonungen von Shakespeare-Sonetten und der im Stück vorhandenen Trinklieder. „Da haben wir uns die besten Hits rausgesucht“, erklärt Weise launig. „Kunst muss schön sein“, merkt er an und - schließlich ist das eine Komödie: „Es sollte lustig werden. Da sind wir dran.“

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