Große Rockshow

Wie die Scorpions in Mannheim durch die Stunden des Sturms rocken

Die Hannoveraner Hard-Rock-Ikonen Scorpions spielen auf ihrer „Rock Believer“-Tour vor Tausenden von Fans in der Mannheimer SAP Arena und zeigten, dass sie immer noch höchste Durchschlagskraft besitzen

Von 
Martin Vögele
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Der Skorpion und die Scorpions greifen an: die Rocker um Sänger Klaus Meine (am Mikrofon) in der SAP Arena. © Markus Mertens

Mannheim. Schwere Schlagzeugschläge und das markante, schneidende Gitarrenriff läuten zur finalen Stunde des Sturms: „Rock You Like A Hurricane“ prescht los, wird von der Band wie seitens des Publikums gleichermaßen gefeiert, und beendet schließlich, nach etwa 90 Minuten, den Auftritt der Scorpions in der Mannheimer SAP Arena. Man hört hier nicht nur einen Song, sondern gewissermaßen auch das Schwingen-Rauschen der Rockgeschichte mit, die von der Hannoveraner Band in Lauf des vergangen halben Jahrhunderts zweifellos maßgeblich mitgestaltet wurde.

Die Scorpions

Die Hannoveraner Hard-Rocker Scorpions wurden 1965 als Nameless von Gitarrist Rudolf Schenker und Drummer Wolfgang Dziony gegründet. Sänger Klaus Meine kam 1969 dazu. 1972 erschien das Scorpions-Debüt „Lonesome Crow“.

Ihren ersten Nummer-eins-Erfolg im Heimatland erzielte die Formation 1990 mit dem Langspieler „Crazy World“. Darauf: „Tease Me Please Me“, „Wind Of Change“ und „Send Me an Angel“. In den USA kamen die Scorpions 1982 mit ihrem Album „Blackout“ in die Top Ten.

2022 erschien „Rock Believer“ (Platz zwei in Deutschland). Die Band hat über 110 Millionen Platten verkauft. 2010 wurden die Scorpions mit Stern und Handabdrücken auf dem „Rockwalk“ in Los Angeles geehrt. 2017 wurden sie in die „Hall of Heavy Metal History“ aufgenommen.

Als Hard-Rocker ersten Ranges und eine der wenigen international wirklich erfolgreichen Gruppen, die der Bundesrepublik entstammen, soll die Formation über 110 Millionen Tonträger verkauft haben. Das jüngste, im Februar 2022 erschienene Album beschwört unter dem Titel „Rock Believer“ die Glaubenstreue an den Rock, und genauso heißt auch die aktuelle Tour, die das Quintett in die mit vielen Tausend Fans größtenteils gefüllte Halle geführt hat.

Stoßkraft bewahrt

Dort räumen zunächst die ziemlich großartigen schwedischen Hard-Rockerinnen Thundermother im Vorprogramm ab - eine der immer noch wenigen ausschließlich weiblichen Bands (nicht nur) im Rockgeschäft. Dann, ohne Umschweife, ohne ein an solcher Stelle übliches episches Intro, das einem die nahende Ankunft himmlischer Gewalten verkündigen wollte, erklingen die einleitenden Takte von „Gas In The Tank“. Ein erster, mit Scorpions-Schriftzug versehener Vorhang fällt, nur um einen weiteren zu enthüllen, der „Are You Ready To Rock“ fragt. Ehrensache, wie der Blick in die Halle und die aufmerksam aufgestellten Ohren nahelegen: Die Rockbereitschaft ist hier offenkundig hoch. Als auch die zweite Stoffbahn niedersinkt, offenbart sie fünf sehr bekannte Herren in Schwarz und eine Bühne von aufgeräumter Übersichtlichkeit: Zentral befindet sich darauf ein beleuchtetes Stufenpodest, auf dem Drummer Mikkey Dee thront, darüber ausladende Videoprojektionsflächen und vorgelagert ein Steg, der ein gutes Stück ins Publikum hineinführt.

Scorpions-Sänger Klaus Meine beim Konzert in der SAP-Arena. © Markus Mertens

Druckvoll sticht die Musik aus den Lautsprechern, auf der Videowand zuckt dazu ein animierter Skorpion, dessen Schwanz und Scheren Funken schlagen. Keine Frage: Die Scorpions sind im Haus. Und diese haben sich auch im fortgeschrittenen Bandalter offenbar die nötige Stoßkraft bewahrt. Man darf sich dazu einmal kurz vor Augen führen, dass die Gruppe 1972, vor über 50 Jahren, ihr erstes Album hatte und zuvor schon sieben Jahre (zunächst unter dem Namen Nameless) aktiv gewesen ist. Sänger Klaus Meine wird kommende Woche 75, Gitarrist und Bandgründer Rudolf Schenker ist 74, Gitarrist Matthias Jabs 67, Schlagzeuger Mikkey Dee 59 und Bassist Pawel Maciwoda, der Benjamin in dieser Runde, 56. Spielt aber keine Rolle. Klaus Meine führt seine prägnante Stimme sicher durch die Songs und gerade Schenker und Dee (der ein ziemlich furioses Schlagzeugsolo absolvieren wird) erweisen sich im Folgenden als überaus agile Energiezentren des Konzerts.

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Wetter- und wertbeständige Klassiker wie „The Zoo“ und „Big City Nights“, der schnaubende Hard-Rock-Boogie „Tease Me Please Me“ oder das wuchtig-wilde 80er-Jahre-Stück „Bad Boys Running“ finden in diesem Rock-Reigen Eingang, daneben stehen hörenswerte Neuzugänge wie „Seventh Son“, „Peacemaker“ und „Rock Believer“. Dazu kommen elegische großraum-greifende Balladen wie das mit Akustik-Gitarren begleitete, stark gesungene „Send Me An Angel“ oder, als erste Zugabe, der monumentale Rock-Liebesschwur „Still Loving You“. Mit dem veränderten Text eines ihrer größten Erfolge tragen die Scorpions den dramatischen Verwerfungen in der politischen Weltlage Rechnung: „Wind Of Change“ war einst, nach der Wende von 1989, eine Hoffnungshymne, ein Musik gewordener Wunsch nach Frieden und westöstlicher Aussöhnung. Nachdem Moskau die Ukraine im Februar 2022 angriff, sagten die Scorpions bereits geplante Russlandkonzerte ab. Nun singt Meine: „Now listen to my heart / It says Ukrainia“ -das Herz sagt: Ukraine. Es ist nicht leichtfertig dahingesagt, wenn man notiert, dass dieses Stück zu einem bewegenden, von zahllosen Stimmen im Publikum mitgetragenen Konzertmoment wird.

Keine großen Gesten und Gewese, wie es andere Bands dieser Größenordnung vielleicht auffahren würden: Die Scorpions liefern einfach eine gute, aufrechte Rock-Show ab.

Freier Autor

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