Nach der ersten Nacht in der Maimarkthalle

Time Warp: „Absolute Gänsehaut“ beim Ständchen für Sven Väth

Veranstalter Robin Ebinger zieht ein Zwischenfazit zur zweiten Time Warp 2024. Das Techno-Festival in der Maimarkthalle ist erneut ausverkauft und feierte vor allem den Techno-Altmeister Sven Väth

Von 
Jörg-Peter Klotz
Lesedauer: 
In der Nacht zum Samstag stand bei der Mannheimer Time Warp vor allem der 60. Geburtstag von DJ Sven Väth im Mittelpunkt: 12000 Fans sangen "Happy Birthday". © Cosmopop

Mannheim. Bei der Time Warp am Freitag und Samstag in der Mannheimer Maimarkthalle stand zunächst der 60. Geburtstag von Techno-Nestor Sven Väth im Mittelpunkt. Robin Ebinger vom Veranstalter Cosmopop zieht vor der Nacht zum Sonntag im Interview eine Zwischenbilanz.

Herr Ebinger, seit der Ausstellung über „30 Jahre Time Warp“ im April 2024 in den REM ist Ihr Festival offiziell museumsreif. Wie fühlt sich das an?

Robin Ebinger: Kurz gesagt, es fühlt sich gut an – ich freue mich sehr, dass die elektronische Musikkultur immer mehr Sichtbarkeit in klassischen Spielstätten und Kultureinrichtungen erhält. Mit der Time Warp schaffen wir jedes Mal Räume, die denen eines Museums ähneln.

Time Warp

Erste Nacht der Time Warp in Mannheim

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
5
Mehr erfahren

Inwiefern?

Ebinger: Dabei geht es nicht nur um die Musik, sondern um die Symbiose aus Klang, Licht und visueller Inszenierung, die den Dancefloor zu einem immersiven Erlebnis macht. Unsere Dancefloors vereinen Strukturen, Materialien und Technologie zu einer multisensorischen Atmosphäre, die das musikalische Erlebnis fühlbar macht. Hier arbeiten DJs, Musikproduzenten, Licht- und Videokünstler sowie Szenografen eng zusammen. Das 30-jährige Jubiläum im REM zu feiern, war für uns daher eine besondere Ehre. Die Möglichkeit, die Entwicklung und den Einfluss der elektronischen Musik so darzustellen, ist ein bedeutender Moment gewesen. Besonders gefreut hat uns, dass die Ausstellung auch im MOMEM (Museum Of Modern Electronic Music) in Frankfurt gezeigt wurde. Sogar in São Paulo wurden Teile davon auf großen Screens gezeigt zwischen den Hochhäusern während unserer Time-Warp-Ausgabe im Frühjahr.

Nach der ersten Nacht, die Sven Väth am Samstag um 9 Uhr beendet hat - wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

Ebinger: Nach der ersten Nacht fällt unser Zwischenfazit sehr positiv aus. Die Veranstaltung am Freitag war wochenlang vorab ausverkauft – ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr sich die Fans auf diese besondere Nacht gefreut haben. Das Timing hätte nicht besser sein können: Sven Väth wurde in der Nacht zum Samstag 60. Während die weltweit angesagten DJs vom Berliner Label keinemusik – &ME und Rampa – ihren einzigen gemeinsamen Auftritt in Deutschland dieses Jahr absolvierten, übernahm kurz vor Mitternacht ein Zeremonienmeister das Mikrofon. Gemeinsam mit den 12 000 Gästen zählte er den Countdown, und es wurde „Happy Birthday“ gesungen – absolute Gänsehaut-Augenblicke!

Sven Väth nimmt die Ovationen entgegen. © Cosmopop

Das war in dieser Nacht sicher nicht die einzige Huldigung an den Nestor des deutschen Techno …

Ebinger: Später überraschten wir Sven mit einem übergroßen 3D-Porträt, das über die Menge getragen wurde, sowie mit Masken, die aus Pressefotos vergangener Jahrzehnte bestanden und an die Besucher verteilt wurden. Der Auftritt von Charlotte de Witte – gerade zur weltweiten Techno-DJ Nummer 1 vom DJ Mag gewählt – gemeinsam mit ihrem Mann Enrico Sangiuliano im B2B-Set, sowie das Set von Nina Kraviz, haben das musikalische Erlebnis auf abgerundet. Es war eine emotionale, intensive Nacht, in der die Gäste friedlich gefeiert und die besondere Atmosphäre spürbar genossen haben. Eine Nacht, die uns allen in Erinnerung bleiben wird.

Nun gibt es im vierten Jahr in Folge zwei Festivals in Mannheim wie ganz früher - wie kam es dazu?

Ebinger: Die Herbstausgabe der Time Warp entstand während der Pandemie, als wir die Frühjahrsedition zwei Jahre in Folge absagen mussten. Im Herbst 2021 öffnete sich dann ein kleines Zeitfenster, in dem Veranstaltungen mit reduzierter Besucherzahl und unter strengen Auflagen wieder möglich waren. So feierten wir erstmals eine Time Warp im Herbst. Auch 2022 ließ das Pandemiegeschehen ein Frühjahrsfestival nicht zu, und wir konnten im Herbst eine Time Warp diesmal in größerem Umfang veranstalten. Seitdem gibt es die kleinere Herbstausgabe als festes Eventformat.

Zur Time Warp 2025 werden in Mannheim rund 22.000 Menschen erwartet. © Michael Ruffler

Wie unterscheiden sich Herbst- und Frühlingsauflage?

Ebinger: Heute bietet die Herbstedition auf zwei Bühnen an zwei Abenden ein Programm, das insgesamt etwa 25.000 Gäste anzieht. Diese zweite Ausgabe gibt uns die Chance, neben etablierten Headlinern viele neue Talente zu präsentieren und der Community ein zusätzliches Highlight im Jahr zu bieten. Der Unterschied zur Frühjahrs-Edition liegt vor allem im Format: Die Herbstausgabe ist kompakter und fokussierter auf zwei Bühnen. Im Frühjahr bieten wir in einer langen Nacht Künstlerinnen und Künstler auf bis zu sechs Bühnen.

Interview

Mannheimer Time Warp feiert 30. Jubiläum als "globales Phänomen"

Veröffentlicht
Von
Martin Vögele
Mehr erfahren

Wenn alles relativ verlässlich ausverkauft ist - ist auch eine Mannheimer Time Warp in jedem Quartal denkbar. Oder jeden Monat?

Ebinger:  Nein, das macht keinen Sinn. Dieses Jahr war für viele europäische Festivals herausfordernd – rückläufige Ticketverkäufe und massiv steigende Kosten haben der Branche stark zugesetzt. Wir sind daher sehr dankbar, dass wir es schaffen, zweimal im Jahr so viele Gäste nach Mannheim zu holen und ihnen das besondere Time Warp-Erlebnis bieten können.  Für unsere Fans gibt es ja inzwischen fast jedes Quartal eine Time Warp, verteilt über drei Kontinente. Ob in São Paulo, New York oder Madrid – ein Stück Mannheim ist immer dabei.

Die Time Warp bietet ein Gesamtkunstwerk, für das viele Gewerke verantwortlich sind - nicht nur die DJs. © Cosmopop

Auch international expandieren Sie mit der Marke, gerade waren Sie in Spanien, Sao Paolo scheint sich zu etablieren. Wird das noch zunehmen?

Ebinger: Ja wir planen für das nächste Jahr eine weitere Stadt in den USA.

Wie entwickelt sich das Festival inhaltlich, also musikalisch? Die Vielfalt in der elektronischen Musik ist ja so enorm geworden, dass man ein jüngeres, volatileres Publikum schwer greifen kann, oder? Zumal ihr oft treu beim Booking agiert

Ebinger: Im Kern sind wir ein Underground-Techno- und House-Festival. Kommerzielle elektronische Musik spielt bei uns keine Rolle – bei der Auswahl zählen Authentizität und musikalische Qualität. Das Line-up muss nicht nur die Fans überzeugen, sondern auch uns selbst begeistern. Daran wird sich nichts ändern. Wir integrieren unterschiedliche Spielarten der elektronischen Musik, ohne jedem Trend nachzujagen.

Ist es beim Booking eigentlich ein Problem, dass viele DJs heute echte Popstars sind und gewaltige Bühnenshows auffahren wollen? Die Kosten explodieren ja auf der technischen und logistischen Seite eigentlich schon extrem genug.

Ebinger: Ja, das ist in der Tat eine gewaltige Herausforderung. Festivals kommen immer mehr in den direkten Wettbewerb mit den Solo-Shows beziehungsweise Tourneen der Künstlerinnen und Künstler. Außerdem haben die Musikschaffenden mittlerweile zu jeder Jahreszeit zahlreiche Auftrittsmöglichkeiten rund um den Globus, was es uns schwer macht, sie zu buchen. Besonders der europäische Markt ist stark übersättigt und steht unter immensem Kostendruck. Die Aufgabe ein starkes Line-up zu präsentieren und gleichzeitig die wirtschaftlichen Herausforderungen im Blick zu behalten ist nicht leicht.

Der Vorverkauf für die nächste Mannheimer Time Warp am 5. April 2025 läuft unter www.time-warp.de/tickets

Ressortleitung Stv. Kulturchef

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke