Mannheim. Nach längerer Pause ist es endlich wieder da: Jazz im Quadrat. Unter dem dann hoffentlich trockenen Herbsthimmel auf den Kapuzinerplanken präsentieren der „Mannheimer Morgen“ und Jazz-Trompeter Thomas Siffling am Wochenende zwei Nachmittage mit viel Musik - alles in Kooperation mit der Werbegemeinschaft Mannheim City. Am Samstag, 5. Oktober, spielen zwei Bigbands, am Sonntag dann auch der Meister selbst - und das auch noch singend am Mikrofon. Das alles verspricht ein abwechslungsreiches Wochenende mit offenen Geschäften und viel guter Jazz-Musik in der Innenstadt.
Herr Siffling, bei Jazz im Quadrat spielen Jugendliche Jazz in der Bigband. Machen die das freiwillig?
Thomas Siffling: Die Bigband des Moll Gymnasiums hat eine lange Tradition und mit Frederik Diehl einen tollen Motivator und Förderer. Insofern ein klares Ja.
Ähnlich wie Klassik scheint auch der Bigband-Sound kaum noch zum Leben vieler Jugendlicher zu gehören und zu passen. Mögen die die Musik oder mehr das gemeinsame Musikmachen?
Siffling: Ich sehe das etwas anders. Es gibt bundesweit zahlreiche Schulbigbands, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Das gemeinsame Musizieren ist sicherlich eine wesentliche Motivation, aber auch das besondere Klangerlebnis einer Bigband und die Freiheit des Jazz sind hierbei nicht zu unterschätzen. Letztendlich hängt alles an der Vermittlung und Motivation der Lehrenden und an den Vorbildern.
Freiheit in der Bigband?
Siffling: Ja! In den Improvisationen gibt es auch im Korsett einer Bigband einige Freiheiten.
Wie sieht es mit dem Repertoire aus - das entwickelt sich doch sicher von den großen Jazz-Klassikern weg und hin zu Filmmusik aus Hollywood - von „Star Wars“ bis „Fluch der Karibik“, oder nicht?
Siffling: Generell muss sich auch der Jazz der Zeit anpassen und sich attraktiv für junge Menschen machen. Das bedeutet, dass sich im klassischen Bigband-Repertoire natürlich neben den Klassikern von Nestico und Ellington heute auch immer mehr Titel aus Hollywood-Blockbustern und Musicals wiederfinden. Aber das war ja auch schon früher so. Viele Jazz-Titel waren erstmal Broadway-Titel, bevor sie zu Jazz Standards wurden.
Dann ist der Film-Blockbuster gewissermaßen der Broadway von heute?
Siffling: Ja, irgendwie schon. Die Musik in großen Hollywood-Produktionen bekommt einen immer größeren Stellenwert auch in der Jazz-Literatur. Wie gesagt: Es geht prinzipiell um den Zugang zur Jazz-Musik. Und wenn man in einem Jazz-Ensemble einen Song aus einem bekannten Movie oder von einem Megastar spielen kann, dann ist das erstmal ein guter Zugang.
Siffling und Jazz im Quadrat
- Thomas Siffling, geboren am 18. Dezember 1972 in Karlsruhe, ist einer der gefragtesten Jazztrompeter der Republik. Er betreibt mehrere Labels und Bands sowie seit 2018 den international renommierten Mannheimer Jazzclub Ella & Louis. 2023 wurde er als Bloomaul ausgezeichnet. Zuletzt trat er auf dem Album „Gentlemen’s Choice“ auch als Sänger in Erscheinung.
- Jazz im Quadrat am Sonntag, 6. Oktober, auf den Kapuzinerplanken: Mit seiner neuen Band bestehend aus Werner Acker (Gitarre), David Heiner (Keyboards), Dirk Blümlein (E-Bass) und ersatzweise Oli Rubow (Schlagzeug) spielt Siffling ab 15 Uhr zwei 45-minütige Konzert-Sets. Der von Redakteur Jörg-Peter Klotz moderierte Nachmittag beginnt um 13 Uhr mit der Begrüßung durch Kulturbürgermeister Thorsten Riehle. Ab 13.30 Uhr steht die von Posaunist Bernhard Vanecek geleitete Band E4 Joy, das inklusive Ensemble der Musikschule Mannheim, im Mittelpunkt.
- Jazz im Quadrat am Samstag, 5. Oktober: Zum Auftakt um 14 Uhr spielt die Bigband des Moll-Gymnasiums. Um 15.30 Uhr übernehmen die Square City Stompers um Sängerin Seyda Sibel für zweimal 45 Minuten. Durch den Tag führt Redakteurin Lea Seethaler. jpk
Welchen Reiz hat es, Jazz Open Air unter freiem Himmel mit all den Unwägbarkeiten Wind, Wetter und Temperatur zu spielen und auf den Kapuzinerplanken?
Siffling: Ein Open-Air hat immer etwas ganz Spezielles. Offene Räume und dadurch eine eigene Akustik erzeugen eine einzigartige Atmosphäre. Das Ganze auf den Kapuzinerplanken, einem der schönsten Plätze der Innenstadt, und dann noch im Rahmen von „Jazz im Quadrat“ ohne Eintritt - das macht es sehr besonders. Man erreicht einfach deutlich mehr Publikum und hat somit die Chance, neugierig auf das Thema Jazz zu machen.
Besonders ist ja auch, dass am Sonntag Thomas Siffling singt. Wartet auf Sie womöglich noch eine echte Karriere als Crooner?
Siffling: (lacht) Durch das Singen ist mein Verständnis für Inhalte und Vermittlung deutlich gestiegen. Und letztendlich hat es mich zu einem besseren Musiker gemacht. Es macht mir sehr viel Spaß und bereichert mein musikalisches Schaffen um eine weitere Facette.
Meinen Sie die Facette zum „wahren Jazzverführer“, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ über Sie schrieb, der „rundum gelungenen Wohlfühljazz“ macht, wie SWR Kultur meint?
Siffling: Ich bin eher der emotionale und weniger der kopflastige Jazzer, und das spiegelt sich auch in meiner Musik wider. Authentisch, verständlich und nachvollziehbar, ohne dabei die Qualität und Message in Frage zu stellen. Insofern war ich wohl schon immer ein Jazzverführer.
Ach ja, und dann die Sache mit dem besseren Menschen: Sie machen jetzt also nichts Böses mehr und können Ihrer Frau zuhören?
Siffling: Also ob ich meiner Frau jetzt besser zuhören kann, müsste man eher sie fragen. Aber ich denke, dass meine männlichen Gene das nur zu einem gewissen Maße zulassen (lacht). Und böse Sachen habe ich sowieso nie gemacht (lacht). Ich bin doch ein netter Typ, oder, wie man früher mal gesagt hat: der perfekte Schwiegersohn.
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