Schauspiel

Theatertage Heidelberg: Faust I und II im Karlstorbahnhof

Nicht nur lang, sondern auch beeindruckend: Bei den Theatertagen in Heidelberg hinterließ eine „Faust“-Darbietung einen starken Eindruck.

Von 
Annika Reinhardt
Lesedauer: 
Szene aus der Gastproduktion bei den Theatertagen. © Theater der Mitte

Heidelberg. Bei den 29. Heidelberger Theatertagen sind noch bis zum 2. November Ensembles aus dem deutschsprachigen Raum zu Gast, die der Freie Theaterverein Heidelberg eingeladen hat. Dabei findet ein Wettbewerb um den Heidelberger Theaterpreis und den Wanderpokal „Heidelberger Puck“ statt. Das Publikum kann mittels einer Skala bestimmen, wie sehr ihm die Performance gefallen hat. Veranstaltet werden die Theatertage in Kooperation mit dem Karlstorbahnhof. Von der Stadt Heidelberg, vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg und dem Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg, werden die kulturellen Tage gefördert.

In behaglicher Atmosphäre fand vergangenen Samstag im Rahmen dieses Wettbewerbes die Vorstellung von Faust I und II von Johann Wolfgang von Goethe statt. Das Ensemble vom „Theater der Mitte“ aus Salzburg besteht aus Schauspieler Max Pfnür, Regisseur Benjamin Blaikner und wird durch die Musik von Roli Wesp und Kostüme von Franziska Krug vervollständigt. Der Regisseur war an jenem Abend zusätzlich für den Großteil von Technik und Ton zuständig und untermalte einige Gesangseinlagen mit Klängen eines Basses. Das Theater im Karlstorbahnhof („TiK“) schuf ein Ambiente, in dem sich jede Altersklasse wohlfühlen konnte. Ausgestattet mit Teppichen, Decken und Kissen machte es den Anschein eines großen Wohnzimmers.

Faust in Heidelberg Grandiose Solo-Performance umfasst beide Stücke

Das Publikum bekam an jenem Abend eine grandiose Solo-Performance der komplexen Stücke „Faust I“ und „Faust II“ über fünfeinhalb Stunden hinweg geboten. Als wäre die Aufführung dieser Klassiker nicht ohnehin eine Herausforderung, meisterte Max Pfnür die Aufgabe, zahlreiche Rollen zu verkörpern und unzählige Verse mit beeindruckendem Talent zum Besten zu geben. Die Wechsel zwischen den verschiedenen Charakteren gelangen bereits mit kleinen Gesten, räumlichen Variationen sowie geringfügigen Veränderungen der Kostüme.

Das Bühnenbild wurde minimalistisch aufgebaut und enthielt multifunktionale Requisiten. Mithilfe von tiefen Klangtönen und teilweise auf der Bühne erzeugten Loops konnte eine bedrohliche und zuweilen amüsante Atmosphäre bis zum Schluss aufrechterhalten werden. Eine wichtige Rolle wurde zudem der Lichtgestaltung zuteil, welche als eine Art Leitmotiv für unterschiedliche Rollen und außerdem als Vorbote für die Atmosphäre der kommenden Szene diente. Parallel entführten abstrakte, aber auch vom Schauspieler selbst verkörperte Motive auf einer Leinwand im Hintergrund in das Leben von Faust und den Pakt mit dem Teufel.

Mephisto-Figur umgibt Unheil verheißende Aura

Komödiantische Charaktere wie die des Wagners lockerten die Stimmung immer wieder auf, während Mephisto meist eine Unheil verheißende Aura umgab. Ein Spektrum an musikalischen Gesangseinlagen sowie eine Bandbreite tänzerischer Performances verdeutlichte eine moderne Interpretation der mehr als 200 Jahre alten Werke.

Mehr zum Thema

Heidelberger Theatertage

„Iphigenies Rache“: Lilly-Marie Vogler schreibt Klassiker um

Veröffentlicht
Von
Frank Barsch
Mehr erfahren
Schauspiel

Bina Blumencron verzaubert bei Heidelberger Theatertagen-Eröffnung

Veröffentlicht
Von
Nora Abdel Rahman
Mehr erfahren
Theatertage Heidelberg

Heidelberger Theatertage: Puppenspiel bringt Adelheid Duvanels Figuren ins Licht

Veröffentlicht
Von
Susanne Kaulich
Mehr erfahren

Dass das Publikum begeistert von der hervorragenden Leistung war, spiegelte sich in der mehrere Minuten andauernden Standing-Ovation. Im Anschluss an die Aufführung bestand noch Gelegenheit, in einem Publikumsgespräch mit Schauspieler und Regisseur in Kontakt zu treten und Fragen zu stellen.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen