Kunst

Spannende "Beziehungen" bei Döbele Kunst in Mannheim

Von 
Christel Heybrock
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„Wer das Glas umkippt I“ von Martina Geist. © Döbele Kunst

Drei Namen, drei Damen und drumherum Beispiele aus dem Klassikprogramm bei Döbele Mannheim – es ist die DNA dieser Galerie, verwandte Geisteshaltungen von Kunst und Künstlern sichtbar zu machen, statt sich auf die Präsentation von Einzelpersönlichkeiten zu beschränken. So ranken sich dieses Mal kleinformatige Kostbarkeiten von Klassiker Max Ackermann (1887-1975) sowie Arbeiten von Maler Eugen Batz, eine pfiffige kleine Holzskulptur von Hermann Glöckner und andere Hingucker um das zentrale Triumvirat, das hier ein Dreiklang aus Damen ist, die mit Papier, Holz, Farbe, Messer und Schere umgehen: Martina Geist, Katharina Hinsberg und Annette Schröter.

Dass alle drei mit großen und kleinen Formaten umgehen können, ist zumindest bei Martina Geist und Annette Schröter vor Ort zu sehen, bei Katharina Hinsberg muss aus Platzgründen die Fantasie ein bisschen mithelfen. Immerhin machte sie 2022 im Kleinen Schlosshof des Dresdner Residenzschlosses aus 15 Meter langen bewegten Bändern eine raumgreifende Erfahrung aus dem Medium „Zeichnung“. Bei Döbele fasziniert sie mit intimen kleinen „Schraffen“ – das sind zerschnittene rote Farbstiftlinien auf Papier, deren zeichnerische Dynamik sich fortsetzt im hauchdünnen Material – wären sie nicht hinter Glas, würde ein Atemhauch sie in Bewegung setzen.

Papierschnitte sind auch das Medium von Annette Schröter, aber nicht als nostalgische Porträtsilhouetten, sondern als raumbestimmende, aus Schichten übereinander gelegte Kompositionen. Ihr „Großes Fachwerk“ von 2014, eine kreisförmige Komposition aus abstrakten Mustern und Fachwerk-Hausformen, nimmt mit einem Durchmesser von 280 cm eine ganze Wand ein. Allein die handwerkliche Meisterschaft dieser Arbeit ist atemberaubend, aber die Künstlerin geht rein inhaltlich mit Werkgruppen wie „Weltbilder“ oder „Übersee“ über die pure Demonstration ihres Könnens hinaus: Bei den „Weltbildern“ etwa gibt es mit dem Papierschnitt „Im Grünen“ auch die geheimnisvolle Ansicht einer schwarzen Katze, deren Glutaugen aus dunkelgrünem Dickicht lugen… und dieses scherengeschnittene Dickicht mit seinen filigranen Zweigen, Blättchen und Halmen… ach!

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Von
Martin Vögele und Jörg-Peter Klotz
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Nicht Papier-, sondern Holzschnitte bilden das Lebenswerk von Martina Geist. Ja, sie druckt Holzschnitte als Unikat-Grafiken, aber im Übrigen muss man den Begriff bei ihr wörtlich nehmen. Sie schneidet die Konturlinien simpler Gegenstände wie Blätter, Zweige, Stühle und Gläser in große Holztafeln, und heraus kommen berührende, großformatige Flachreliefs, gattungsmäßig angesiedelt zwischen Skulptur, Gemälde und Grafik, wobei einfache, einen Raum andeutende Linien das Gerüst abgeben für Dinge, die im Kippen befindlich sind – ein Becher, der sich neigt, ein Stuhl, der umfällt… Mitunter scheint ihr die Poesie dieser einfachen Dinge nicht genug, und sie zeigt eine fast tänzerische Virtuosität bei Mäander-Holzschnitten, auf denen scheinbar dreidimensionale Kompositionen aus versetzen, verzerrten und verschobenen Dreiecken das Auge aus seiner Ruhe locken.

Bei den wechselseitigen Beziehungen zwischen Klassikern und aktuellen Werken fehlt auch nicht eine so bezaubernde Materialcollage wie „Die blaue Maus“ von Albert Wigand von 1967 – das witzige kleine Werk bildet die Verbindungslinie etwa zu den blauen kleinen Ölbildern Max Ackermanns aus den Vierziger- und Fünfzigerjahren.

Info: Geöffnet bis 22. Juli, donnerstags und freitags, 14 bis 18 Uhr

Freie Autorin MM Kulturredaktion 1974-2001, Fachgebiet Bildende Kunst

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