Besser spät als nie: Sängerin Silke Hauck und Multi-Saiteninstrumentalist Adax Dörsam sind seit Jahrzehnten elementare Bestandteile der hochkarätigen Live-Szene im Rhein-Neckar-Delta. Zusammengespielt hatten sie aber nie – bis zum Lockdown. Genauer: Im Februar 2021 ergab sich beim Streaming-Festival KulturGut, einer Benefizaktion dieser Redaktion für Kreative in der Corona-Krise, im Mannheimer Schatzkistl spontan die Idee, die beiden Blues-Fans musikalisch zu „verkuppeln“. Das Duo funktionierte auf Anhieb, denn Silke Haucks intuitives Gespür für Blues, Jazz, Soul oder Rock findet beim enormen Ausdrucksspektrum von Adax Dörsam ein ideales Fundament. Über den Sommer ergaben sich drei weitere Auftritte, demnächst gehen die beiden gemeinsame Aufnahmen an.
Dass das Sinn macht, zeigt sich auch bei ihrer abendfüllenden Mannheimer Live-Premiere im ausverkauften Schatzkistl, pandemiebedingt vor rund 50 Zuschauerinnen und Zuschauern. „Ich könnte jetzt jeden einzeln begrüßen. Corona hat auch Vorteile”, witzelt Dörsam zu Beginn, den er solo mit Lovin’ Spoonfuls Klassiker „Daydream (Wild About My Lovin’)“ bestreitet. Im zweiten Stück sampelt er seine Rhythmusgitarre mit dem Looper, als wäre er Ed Sheeran, und bittet Silke Hauck dazu. Es folgt der beswingte Bluesrocker „Love Me Blue” teilweise im zweistimmigen Duett und mit wunderbar gleißenden Gitarren-Licks, viel Dynamik und Interaktion mit dem fachkundig begeisterten Publikum. Bei der Ballade „Sunrise“ zeigt die 52-jährige ihre Qualitäten als Rockröhre, ihr 14 Jahre älterer Partner illustriert das hellwach mit bluesgeerdeter Klangmalerei.
Harfen-Cister fasziniert
Danach lebt Dörsam sein bekanntes Faible „für seltsame Instrumente“ aus – und greift zur eigens für ihn in Österreich angefertigten Harfen-Cister. Diese hat über normalen Gitarrensaiten noch – kaum sichtbar – eine Art Mini-Harfe installiert. Was faszinierend klingt. So wandert er in seinem Solo-Instrumental „Wolkenreise” von ansatzweise alpinen Klängen bis nach Marokko, über nordafrikanisch angehauchte Led-Zeppelin-Zitate bis zurück zu Mozart. Einen Zauberer nennt Hauck ihren unglaublich fingerfertigen Kollegen schwer beeindruckt und singt den nächsten Dörsam-Titel. Denn es war kein Cover-Abend, das eigene Material überwiegt bei weitem. Dass beim vierten Auftritt noch nicht alles ganz locker über die Bühne geht und beim Improvisations-Ping-Pong mal ein Ball abrutscht, wird mit Charme und Routine überspielt.
Aber was Silkes Stimmwerk und Adax’ Kreativbeitrag für ein Potenzial haben, wenn sie ihren Input gleich gewichten, zeigen „Everybody“ und vor allem die Ballade Running Scared“ (Dörsam: „Mein Lieblings-Blues von ihr“), die das Duo gekonnt in Tradition von Etta James stellt. Die Songs vom Kultur-Gut-Debüt, „Fever“ und das rasante „Bei mir biste scheen“ runden vielversprechende 90 Minuten ab.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-kultur-silkes-stimmwerk-und-adax-kreativbeitrag-_arid,1894806.html