Mannheim. Voll ist es im bis zum letzten Sitzplatz ausverkauften Mannheimer Capitol. Hier werden Weihnachtsgeschenke nicht umgetauscht, sondern eingelöst. Solche, von denen alle etwas haben: ein Ballettbesuch mit der ganzen Familie. Einstige und amtierende Prinzessinen oder anders gesagt Damen aller Altersstufen, die auf eine kleine jugendliche Ballettkarriere oder genommene Ballettstunden zurückblicken können. Zwar zeigte das Leben ihnen allen irgendwann körperliche Grenzen, andere Wege oder lukrativere Alternativen auf, doch die Faszination für Klassisches Ballett ist ihnen geblieben.
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Und immerhin auch – ein Blick durch Foyer und Gänge des Capitols beweist es – eine exzellente aufrechte Körperhaltung, gelernt ist eben gelernt. Die Gatten wissen, dass sie am Gabentisch mit „Nussknacker“ meistens und mit „Schwanensee“ immer richtig liegen, zumal, wenn sie bereit sind, sich auch noch chic zu machen und die Schwiegermutter mitzunehmen ...
Genug gescherzt: Wer Klassischen Tanz und den Zauber Alt-Petersburger Herrlichkeit schätzt, ist hier im Januar richtig, denn das Grand Classic Ballet hält Wort.
Die internationale Truppe setzt sich aus jungen „Absolventinnen und Absolventen namhafter Ballettschulen“ zusammen. Das muss genügen, denn leider nennt das Programmheft keine Künstlernamen, was insofern schade ist, als die Namenlosen wirklich gut, teils gar brillant sind.
Junge Profis mit Bühnenpraxis
Das Grand Classic Ballet steht unter der Künstlerischen Leitung des kasachischen Tänzers, Choreographen und Ballettdirektors Hasan Usmanov, der 2004 die Körperschaft Classical Russian Ballet gründete, die sich aus „Absolventinnen und Absolventen führender russischer Ballettschulen und dem näheren Ausland“ speist. Was ebenso für sein „MC Ballet“ (Moscow Classic Ballet) und eben auch das Grand Classic Ballet zutrifft. Hasan Usmanov orientiert sich stark an den historischen Originalchorographien von Marius Petipa und Lew Iwanow, was ihm sehr gut gelingt. Gespür für Räume hat er. Und so gelingt ihm auch das nicht einfache Kunststück, 25 tanzende Menschen mit Sprüngen und Hebefiguren so auf die Capitol-Bühne (und die anderer kleinerer Häuser) zu setzen, dass das Gedränge nicht allzu groß, die Einschnitte nicht allzu offensichtlich sind.
Das ist handwerklich sehr gut und homogen gemacht und nur in wenigen Tutti-Szenen erkennbar.
Die tänzerische Qualität ist hoch, wenn der launige Hofnarr (daneben ein echtes Showtalent) mindestens 25 pfeilgerade Pirouetten weghaut wie nix, Prinz Siegfried in Abstimmung auf Odile und Odette exzellent harmonische Linien führt. Odiles Grands Jetés beeindrucken dabei nicht minder. Lobenswert ist auch, dass neben dem legendären Grand Pas de deux auch der (oft gestrichene) Pas de trois des ersten Akts gezeigt wird.
Eleganz und Leichtigkeit
In voller Länge (150 Minuten) und in einem traditionellen Bühnenbild mit märchenhaft glitzernden Kostümen ist all dies hierzulande nur noch selten anzutreffen. Folglich herrscht konzentrierte Stille, ja fast andachtartige Bewunderung für so viel Eleganz und Leichtigkeit. Denn das ist die Stärke dieser Truppe: filigrane Schwerelosigkeit und punktgenaue Synchronie durch exzellente Ausbildung bei routinierter Bühnenpraxis. Man kann diesem ätherischen Zauber also genüsslich erliegen – und heftig applaudieren.
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