Musiktheater

Nationaltheater Mannheim bringt mit "Der Wal" partizipatives Stück auf die Bühne

Das Musiktheater wird künftig auch in Schulen gespielt. Es lädt das junge Publikum zum Mitmachen und Mitdenken über aktuelle gesellschaftliche Probleme ein

Von 
Helga Köbler-Stählin
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Thomas Jesatko (Walter) und Carmen Yasemin Ipek (Moderatorin) fordern das Publikum. © Maximilian Borchardt/NTM

Mannheim. Nein, das ist keines der üblichen Musikstücke. Und eine Oper ist es auch nicht. Nichts, bei dem man sich in einen weichen Sessel drückt und einfach nur schaut und hört. „Der Wal“ ist anders. Wenngleich auch ein Stück vom „Musiktheater“ des Nationaltheaters. Aufgeführt wurde die Premiere im Lab, in der Jungbuschstraße 15. Danach wird die Produktion unter der Regie von Valeria Ryzhonina in Schulen spielen.

"Der Wal" am Mannheimer Nationaltheater

Doch zurück zum Lab. Kaum öffnet sich die Tür, drängen die Besucher herein. Aber setzen dürfen sie sich nicht. Im Zentrum des Raums sind 32 Stühle angeordnet. Ähnlich eines Ovals, das man sich auch als Umriss eines Wals vorstellen kann. Über den Lehnen hängen hellblaue Hemden mit langen Ärmeln. Ist hier das Meer? Interpretieren ist erlaubt, bejaht Carmen Yasemin Ipek, die famos und wie alle Akteure im schillernden Kostüm (Viktoria Strikic) durch den einstündigen Abend führt.

Die Musik beginnt. Alexander R. Schweiß hat sie gekonnt komponiert. An der Posaune sitzt Johanna Pschorr, am Violoncello Christine Wittmann und die Klarinette spielt Carsten Bolz. Sie untermalen das ganze Stück und die vier ernten, wie das ganze Ensemble, später großen Applaus. Dann tritt „Walter“ auf, der vom Kammersänger Thomas Jesatko ausgezeichnet gesungen und gespielt wird.

Besucher dürfen beim NTM-Stück mitmachen

Die Besucher dürfen sich jetzt einen der Stühle aussuchen, egal welchen, denn bleiben werden sie dort nicht. Aus einem Radio hört man Stimmen, sie werden lauter, die Musik übertönt noch die Worte, aber dann kommt die erschreckende Ansage: „Auf der Autobahn bei Mannheim ist ein Wal gestrandet. Er liegt auf allen Fahrstreifen!“.

Nun geht es zur Sache: Aufstehen, das Hemd umhängen, das hellblau ist wie unser Planet, kleine Gruppen bilden, partizipativ sein, das ist die Aufgabe der Zuschauer. Was ist zu tun? Wie kann man retten? Es ist Eile geboten. „Bäume fällen und ihn über die Stämme rollen, die Straße mit Seifenlauge bespritzen“, so die Ideen. „Sonnenschutz und Wasserbehälter“ fordern andere. Doch zu spät. Der Wal ist schon aufgebläht.

"Der Wal" am NTM: 14 Meter lang, acht Tonnen schwer

Die Erzählung kippt. Alle müssen erkennen, dass dieses Drama schier unlösbar ist. Und dass das Tier nur Synonym für Straßenblockaden, den Klimawandel war. Es geht nicht mehr um den Pottwal, der 1970 in Oregon USA gestrandet ist. An diese Geschichte ist das musiktheatralische Opernstück nämlich angelehnt, zu der Oliver Riedmüller mit Polina Sandler das Libretto schrieb. 14 Meter lang und acht Tonnen schwer war das tote Tier, das übelriechende Fäulnisgase ausströmte. Die Erzählung um seine Sprengung erhielt den „Urban-Legend-Status“, eine Legende soll es gewesen sein, bis der Film eines Journalisten beweist, dass all das wahr ist.

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„Wer den Wal hat, hat die Qual“, klagt Jesatko. Was für eine spannende Herausforderung! Es werden Lösungen gesucht. Und während man noch abwägt, unterbricht die Stimme aus dem Radio „Der Wal ist geplatzt!“. „Die Zeit ist vorbei. Das kann passieren…Wir haben’s versucht…was noch kommt…ihr denkt nicht daran…“, beklagt Jesatko, der nun selbst wie ein verendender Wal am Boden liegt. Und mitten in die Nachdenklichkeit ertönt eine zarte Frauenstimme. „Ich hab’s versucht..gib’ nicht auf.“ Carmen Yasemin Ipek hebt singend ihre Stimme. Es gibt also Hoffnung. Chapeau!

Freie Autorin Studium: Journalismus, Medien- und Pressearbeit-PR

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