Ein in vielfacher Hinsicht außergewöhnliches Konzert erlebten die Zuhörer im nicht ganz ausverkauften Max-Littmann-Saal des Kissinger Regentenbaus. Selten aufgeführte Liedfolgen von Igor Strawinski, Ernest Chausson, Richard Strauss, Johannes Brahms, Maurice Ravel, Leos Janacek und Antonin Dvorak deckten eine imponierende Bandbreite hoher Liedkunst ab, der sich die Mezzosopranistin Magdalena Kozená mit ihrem Ehemann am Flügel, Sir Simon Rattle samt Freunde auf Streichinstrumenten (Giovanni Guzzo und Rahel Rilling, Violine, Amihai Grosz, Viola, David Adorján, Violoncello), an der Flöte (Kaspar Zehnder) und Klarinette (Christopher Richards) bedienten.
Die unterschiedlichen Besetzungen ermöglichten ein Musizieren, das in der Dynamik, in der Emotion und im sensiblen Erfassen der Liedtexte französischer, russischer, tschechischer und deutscher Komponisten aus Spätromantik, Impressionismus und Moderne keinen Wunsch offen ließ. Kozena war interpretatorisch exzellent disponiert, steigerte sich, wo es die Gefühlslage der Texte erforderte. Sie strahlte eine betörend schön timbrierte Stimme aus. Melodische Bögen gestaltete sie dicht und sprachlich differenziert.
Ein hinreißendes und auch subtiles Gefühlsleben reflektierten das „Chanson perpetuelle“ op.37 von Chausson, sowie die „Chansons madécasses“ von Ravel. Janáceks „Rikadla“ („Kinderreime“) und ihr humorvoller, witziger und fröhlicher Inhalt betörten ebenso wie die Auswahl von Dvoraks „Zigeunermelodien“ op.55, die der tschechischen Sängerin besonders dicht am Herzen lagen. Eigenartig herb sind die „Drei Lieder der Ophelia“ op.67 von Strauss, die Simon Rattle am Klavier bestens präsentierte. Die „Fünf Ophelia-Lieder“ von Strauss für Singstimme und Streichquartett, transkribiert von Aribert Reimann, erklangen in einer farbigen Begleitung. Insgesamt stellte dieser Abend eine musikhistorisch kleine Schatztruhe vor, deren Wert vor allem in der Vortragskunst der Magdalena Kozená lag und in der feinfühligen Klavierbegleitung Sir Simon Rattles.
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