Mannheim. Mit ihrer Mischung aus mehrstimmigem Harmoniegesang, akustischer Wärme und stiller Intensität haben sich die Mighty Oaks in die Herzen vieler Musikliebhaber gespielt – auch in Mannheim. Am 3. Juli tritt das in Berlin sesshaft gewordene Trio auf der Seebühne im Luisenpark auf. Wir haben vorab mit dem englischen Bassisten Craig Saunders gesprochen – über besondere Orte, politische Ohnmacht und die stille Kraft von Live-Musik.
Mister Saunders, Häll und mehrfach Halle02 in Heidelberg, BASF Feierabendhaus, in Mannheim das Maifeld Derby, im Reitstadion und zuletzt 2024 ein wunderbares Akustik-Konzert im Capitol, jetzt in Mannheim die Seebühne im Luisenpark – haben Sie vor, alle Locations in unserer Region mit den Mighty Oaks mal zu bespielen?
Saunders: Wir freuen uns immer über neue Locations. Und wir haben nur schöne Erinnerungen an Mannheim – das Capitol-Konzert war toll, das Publikum extrem aufmerksam. Wie auch im Reitstadion, bei der Pandemie-Ausgabe des Zeltfestivals. Es wird sicher ein besonderer Abend. Die letzte Tour hatte viele schöne Orte, und die Seebühne kannte ich noch nicht. Ich habe sie heute gegoogelt – sie sieht wunderschön aus! Es wirkt, als würden wir in einem Schloss auf der Bühne stehen, mit dem Graben davor und dem Publikum. Besonders im Sommer kann ich mir das richtig idyllisch vorstellen. Wir hoffen, das Wetter spielt mit, und wir können ein paar neue Songs ausprobieren.
Was steht am 3. Juli auf dem Programm?
Saunders: Es wird ähnlich wie unsere anderen Sommershows – wir sind zu dritt und nennen es „Acoustic“, auch wenn es nicht rein akustisch ist, wie Sie es zuletzt im Capitol gesehen haben. Wir haben Schlagzeug, Synthesizer, manchmal E-Gitarre. Aktuell schreiben wir neue Lieder, und wir hoffen, ein paar davon auszuprobieren. Sommerkonzerte sind perfekt, um Neues vor Publikum zu testen und Reaktionen zu sehen, bevor wir ins Studio gehen. Aber ich verspreche nichts.
Zur Person und zum Konzert
Craig Saunders wurde 1976 in Bridgewater im Südwesten Englands geboren . Er ist Bassist und Sänger der Indie-Folk-Band Mighty Oaks, die 2010 in Berlin gegründet wurde und sich schnell zu einem internationalen Geheimtipp für harmonieverliebten Folk-Rock entwickelte.
Gemeinsam mit Ian Hooper (USA) und Claudio Donzelli (Italien) bildet er das Trio, das mit Hits wie „Brother“ und „Seven Days“ die Charts und viele Bühnen Europas erobert hat.
Auf ihrer „High Times“-Tour spielen die Mighty Oaks am Donnerstag, 3. Juli, von 20 bis 22 Uhr beim Seebühnensommer im Mannheimer Luisenpark. Einlass zur Veranstaltung ab 19 Uhr; inklusive Parkeintritt ab 16 Uhr. Karten unter eventim.de (47,50 bis 51,50 Euro plus Gebühren). jpk
Ihr Songwriter Ian Hooper hat 2024 gleich zwei Alben herausgebracht: Im September „High Times“ mit MO, im Februar ein selbstbetiteltes Solowerk. Kommt von Letzterem auch etwas zur Aufführung?
Saunders: Wir halten das getrennt. Mit fünf Alben und mehreren EPs haben wir genug Material als Band. Die Solosachen sind stilistisch anders – Ians Soloalbum geht mehr in die Pop-Richtung. Es macht Sinn, die Mighty-Oaks-Songs zu spielen, die die Leute erwarten. Die Herausforderung ist eher, welche Lieder wir auslassen müssen (lacht) .
Ihr Sound erinnert in den reduzierten Momenten an Klassiker wie Crosby, Stills & Nash. Nun ist David Crosby schon länger tot, zuletzt folgte Beach-Boys-Mastermind Brian Wilson. Wollen Sie die Fackel des Harmoniegesangs in der Rock- und Folk-Musik weitertragen?
Saunders: Es ist eine große Ehre, mit solchen Legenden verglichen zu werden. Es ist nicht unser Ziel, sie nachzumachen, aber es hat sich so ergeben. Vielleicht, wenn wir älter werden und das noch machen dürfen, könnte das eine Richtung sein. Ihr dreistimmiger Gesang ist auf einem anderen Level, aber solche Vergleiche freuen uns natürlich.
Die drei Mitglieder der Mighty Oaks leben schon lange in Deutschland, haben aber einen internationalen Hintergrund: Sie sind Engländer, Hooper US-Amerikaner mit irischen Wurzeln, Claudio Donzelli Italiener. Als internationale Band haben Sie auch eine Außenperspektive auf Deutschland. Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die Debatten, die eines der reichsten Länder der Welt etwa über Migration, Bürgergeld oder Heizungen führt?
Saunders: Ich lebe schon lange hier und bin besser über Deutschland informiert als über England. Die deutsche Geschichte prägt viele Diskussionen, und aktuell macht mir der Aufstieg extremer, vor allem rechter Positionen Sorgen. Es überrascht mich, weil ich in meinem Umfeld solche Meinungen nicht sehe. Ich finde es wichtig, offen zu bleiben und zu verstehen, warum jemand anders denkt, statt sofort abzublocken. Deutschland hat eine starke Demo-Tradition, die zeigt, dass viele sich gegen Extremismus wehren.
Ihre Musik passt sehr gut in die USA. Aber wie der „Spiegel“ zuletzt titelte, schwindet bei vielen die Lust, in Trumps Amerika zu reisen. Auch bei den Mighty Oaks?
Saunders: Ich weiß gar nicht genau, ob es gezielt passiert. Da muss ich mal unseren Booker fragen. Aber tatsächlich haben wir schon länger nicht in den USA gespielt. Natürlich passt das, denn unser Stil ist auch durch Ian stark durch Americana-Sounds geprägt. Aber ständige Präsenz dort oder einen Welthit ist es schwierig. Wir haben ein paar Mal dort gespielt, aber es ist teuer und logistisch kompliziert. Ich liebe das Land und die intensiven kleinen Shows dort, aber die Hürden sind hoch. Es macht ja keinen Sinn, wenn Du am Ende draufzahlst. Ich hoffe, wir können irgendwann wieder touren, ohne uns von politischen Entwicklungen abschrecken zu lassen. Dabei liebe ich das Land, auch wenn die politische Lage frustrierend ist. Ich finde, man darf ein Land nicht auf ein paar extreme Stimmen reduzieren. Aber man will natürlich auch nicht am Flughafen zurückgeschickt werden wegen irgendetwas.
Apropos Politik: Wirkt sich der Brexit eigentlich noch spürbar auf ihr Berufs- und Privatleben aus?
Saunders: Der Brexit war generell sehr schade. Beruflich ist es komplizierter, in England zu spielen – wir haben es seitdem nicht mehr gemacht. Privat nerven Dinge wie Zollgebühren für kleine Geschenke. Wenn mir meine Schwester Socken zum Geburtstag schickt, zahle ich dafür mehr, als sie kosten. Das ist ja auch tödlich für kleine Online-Händler. Ich glaube, viele in England bereuen die Entscheidung inzwischen, aber die Versprechen von Politikern wie Nigel Farage waren leer.
Kriege, Angriffe auf die Demokratien: Trotz düsterer Nachrichten und auch nicht immer angenehmen Inhalten im Text, schaffen es die Mighty Oaks, in ihren Songs und Shows nur positive Energie zu vermitteln. Wie geht das?
Saunders: Es ist eine Frage der Perspektive. Wir drängen schwierige Themen nicht weg – viele unserer Songs sind melancholisch. Aber auf Konzerten sollen die Leute Wärme und Hoffnung spüren. Für manche Leute sind das vielleicht die einzigen entspannten anderthalb Stunden seit Tagen. Auch das ist eine Frage der Perspektive. Wir wollen niemandem etwas vormachen, aber ein Konzert soll auch eine Auszeit sein. Vielleicht sind wir für manche Menschen an diesem Abend das einzige Licht. Das ist doch etwas sehr Schönes.
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