Mannheim. Freiraum für künstlerische Experimente will es bieten und den Mut zum Risiko in den Vordergrund stellen: das Mannheimer Theaterfestival Schwindelfrei, das von 7. bis 10. Juli zum achten Mal vom Kulturamt der Stadt ausgerichtet wird. Vier überaus vielversprechend konzeptionierte Tage erwarten das Publikum, an denen Tanz, Sprech- und Musiktheater, Neuer Zirkus, Performances oder Raum-installative Arbeiten an verschiedenen Spielstätten wie auch im öffentlichen Raum zu sehen sein werden.
Wobei der passiv gefasste Begriff „sehen“ zu kurz greift, wenn man den Worten von Festivalkurator Dirk Förster folgt: Denn bei Schwindelfrei stehe „tatsächlich der Dialog der Anwesenden, die in diesem Moment zusammenkommen“ im Vordergrund - also der zwischen Publikum, Künstlerinnen, Künstlern und Festivalteam, wie der der studierte Theater-, Kultur- und Medienwissenschaftler, der seit Ende der 1990er Jahre in der freien Theaterszene aktiv ist, im Rahmen eines Pressegesprächs erläutert.
Das Festival
- Das Theaterfestival Schwindelfrei findet von Donnerstag bis Sonntag, 7. bis 10. Juli, in Mannheim statt. Spielorte sind das Eintanzhaus (vor dem sich auch das Festival-Zentrum befindet), die Galerie Maquis Mami Wata, das Theater Felina-Areal, das Theaterhaus G7 und das Kunsthaus Zeitraumexit.
- Karten für die Vorstellungen kosten zwischen fünf und 18 Euro.
- Die Eröffnung (7. Juli, 19 Uhr, am Eintanzhaus) sowie die Konzerte, Party, Filmvorführungen, Gespräche und die Audioinstallation im Rahmenprogramm sind kostenfrei.
- Die Festival-Homepage theaterfestival-schwindelfrei.de gibt es auch in leichter Sprache. In Fragen zur Zugänglichkeit ist das Kulturamt unter kulturamt.schwindelfrei@mannheim.de und unter Tel.: 0621/2933790 zu erreiche.
Das Publikum selbst spiele eine große Rolle für das Festival, sagt auch Nicole Libnau vom Mannheimer Kulturamt, die zugleich Leiterin des Festivals ist. So sollen währenddessen Angebote geschaffen werden, um miteinander ins Gespräch zu kommen - eine Möglichkeit dazu bietet etwa das Festivalzentrum am Eintanzhaus, wo die beteiligten Akteurinnen und Akteure nach jeder Produktion ansprechbar sein sollen. Als Präsentationsplattform trage Schwindelfrei „zur Sichtbarkeit unserer freien Szene hier bei“ und zeige „die vielen verschiedenen Facetten und Arbeitsweisen“, welche die Kunstschaffenden in Mannheim und der Region zu bieten haben, so Libnau.
Vier Projekte aus der Rhein-Neckar-Region wurden als sogenannte Residenzen ausgewählt, mit denen eine dreiwöchige Phase zur szenischen Recherche und zum Erproben neuer Formen und Formate einhergeht. Während des Festivals gewähren die Künstlerinnen und Künstler dann Einblicke („Residenz-Showings“) in ihre Projektarbeit - „Wir wollen Prozesse sichtbar machen“, erklärt Förster. Dazu gehört das Heidelberger Theater Carnivore, das sich bei „Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“ ausgehend von dem grimmschen Märchen mit der Frage nach mehr Diversität im Theater und den Möglichkeiten, eine hierarchiefreie gemeinsame Arbeitsweise zu entwickeln, befasst.
Die Mannheim-Heidelberger Künstlerinnen und Künstler der Gruppe Ore Arts wollen sich in „Sisters of the Yam“ - inspiriert vom gleichnamigen Buch der US-amerikanischen Autorin Bell Hooks - mit ihrem Schwarzen Erbe im Kontext von Spiritualität, Identität und autobiografischem Austausch auseinandersetzen. Die Performance „TOOL“ von Katharina Anna-Josefine Rausch, Christopher Johannes Scheuer, Friedrich Stockmeier aus Mannheim „behauptet Musiktheater als Soundsystem. Ein Soundsystem, das als bewegliche Skulptur zum Bühne und zum Werkzeug wird.“
In einer weiteren Residenz entwirft die Heidelberger Choreografin und Tänzerin Lisa Bless mit „Oxy-Gen/Z(8)“ eine post-apokalyptische Zukunft, innerhalb derer sie eine hybride Performance entwickeln und mit dem Zusammenspiel von Videoprojektionen, Tanz und Raum experimentieren will. Als Wiederaufnahmen vorangegangener Residenz-Arbeiten werden die Performances „Re-Cover“ der Heidelberger Tanzcompagnie Inter-Actions und „Lautsprecher*innen“ von Tala Al-Deen und Anso Dautz aus Mannheim und Stuttgart präsentiert.
Offen und durchlässig
Premieren sind dagegen die Performance, Rauminstallation und Ausstellung „Schwesterstaat“ des Mannheimer Theaterkollektivs Rampig sowie die Audio-Walk-Performance „Hang Out“ der Prager Akrobatin Elika Brtnická - eine deutsche Erstaufführung, die eigens für Mannheim entwickelt wurde.
Einer der Gedanken, der ihn bei der Auswahl und Entwicklung des Festivals geleitet hätten, sei der, dass man sich im Programm auch mit relevanten Themen befassen wolle, berichtet Förster. Er betont: „Theater ist eben ein Ort des Dialogs in der Stadtgesellschaft. Und gerade auch die kleinen Häuser sind dafür enorm wichtig. Denn sie sind wandlungsfähig, sind offen und durchlässig.“
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