Drei Frauen auf dem Podium der Alten Feuerwache diskutieren über einen neu erschienenen Band, der 38 Briefe meist junger ukrainischer Frauen, die Altersspanne reicht von zehn Jahren bis 72, enthält. Briefe aus Kiew, Odessa, Tschernijiw, die sich an die Welt richten. Briefe, die die Folgen des Kriegs zeigen. Briefe, die den Abstand der Erfahrung zu überbrücken versuchen. Omnipräsent das Thema: Regeln, die ein Diktator gebrochen hat, die Familien zerstören, unsere westliche Zivilisation, uns alle herausfordern.
Bei den Geschichten der ukrainischen Frauen wird einem klamm ums Herz
Betroffenheit seit nun mehr zwei Jahren. Altbekannt? Nein, an diesem Abend wird einem klamm ums Herz. Moderatorin Alexandra Antwi-Boasiako stellt den Scheinwerfer scharf. Warum nimmt die Ukraine, die USA und viele andere Staaten die Haltung der Bundesrepublik als so naiv wahr. Warum verharren wir hier in der Hoffnung, dass alles schon wieder gut werde.
Dann dieser ungewöhnliche, beeindruckend vielstimmige Band von Aurelie Blos: „Wie ein Lichtstrahl in der Finsternis“. In Paris und Moskau hat die Französin Geopolitik und Militärwissenschaften studiert, in Harvard geforscht. Eher aus Zufall hat sie ein Projekt über die Not ukrainischer Journalisten geleitet, ist mit Betroffenen in den Austausch gekommen, hat dieses Buch begonnen, in dem die sie eine Stimme bekommen. In Mannheim erläutert sie mit warmer Stimme und aber glasklarem Verstand die Folgen des Krieges.
Bewegende Schicksale aus dem Buch 'Wie ein Lichtstrahl in der Finsternis"
Gelesen, gehört wird natürlich auch, exemplarisch vier der 38 Briefe. Sprecherin Birgitta Assheuer rezitiert nüchtern, humorvoll, ernst. Wie mit einem scharfen Messer werden aus erschreckenden Empfindungen lebendige Dokumente eines Weiterlebens freigelegt. Verluste, die doch nicht den Glauben an die Freiheit zerstört haben.
Was ist Freiheit? Eine der Frauen schreibt, dass der ukrainische Kaffee viel besser als der deutsche schmecke, die Digitalisierung gut funktioniere. Die Ukrainer, sagt sie, haben sich die Freiheit selbst erkämpft. Anders als wir, die sie geschenkt bekommen haben und träge geworden sind.
Nächste Veranstaltung: 7. März, 20 Uhr: Meron Mendel
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