Mannheim. Heidrun Deborah Kämper kennt man in Mannheim nicht zuletzt als Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde und Gemeinderätin der SPD. Ihren Ruf als Sprachwissenschaftlerin erwarb sich die langjährige Mitarbeiterin des Instituts für Deutsche Sprache durch Veröffentlichungen über den Zusammenhang von Zeit- und Sprachgeschichte. In jüngerer Zeit hat Kämper vor allem mit Studien über den typischen Sprachgebrauch der populistischen rechten Kräfte in der Politik auf sich aufmerksam gemacht. Eine bündige Zusammenfassung davon bietet der im bewährten Reclam-Format erschienene Band „Die Sprache der Rechten. Wie sie reden und was sie sagen“.
Missachtung der demokratischen Prinzipien
Eine Prämisse ist hierbei, dass Wirklichkeit durch Sprache mitgestaltet wird und ein enger Zusammenhang zwischen Denken, Sprechen und Handeln besteht. Kämper möchte zur politischen Aufklärung beitragen und deckt dazu gedankliche Hintergründe des „rechten“ Sprachgebrauchs auf. Dabei verschweigt die Autorin nicht, dass die Unterscheidung zwischen politisch rechts und links heute nicht mehr ganz eindeutig ist und es innerhalb des rechten Lagers gemäßigtere Formen ebenso wie extremere gibt. Grundsatzprogramme, Reden, parlamentarische Debattenbeiträge, aktuelle Publikationen und Social-Media-Posts lieferten das Datenmaterial der Studie.
Es dürfe nicht als populistisches Gerede oder Spinnerei abgetan werden, wenn etwa ein Alexander Gauland davon sprach, man werde Angela Merkel „jagen, jagen, jagen“ – und die Kanzlerin dabei geradewegs als Wildtier erschien, so Kämper. Überhaupt sei in Parlamenten mit dem Einzug der AfD eine Radikalisierung der Sprache zu registrieren, abzulesen an Störmanövern, Beleidigungen und einer Missachtung von kommunikativen demokratischen Prinzipien. Kennzeichen dieses Sprachgebrauchs seien eine militaristische Komponente, ein Zug zum Gewalttätigen und zu ethnisch geprägtem Nationalismus, dem alle Migration gegen den Strich geht.
Sprachliche Tabuverstöße werden aufgezeigt
Um den eigenen Zielen näherzukommen, werde zu dubiosen Mitteln gegriffen; darunter fallen das Spielen mit intellektuellem Anschein, Verleumden, Verbreiten von falschen Informationen, das Unterstellen von Verschwörungen und das Schüren von Angst. Dahinter stehe die Absicht, die Wahrnehmung der Zuhörenden zu steuern. Man beharre vergangenheitsbezogen auf einer „multipolaren Welt“, in der Großmächte nicht viel Einfluss haben, umso mehr aber die Nationalstaaten. Eine Ungleichheit der Menschen wird behauptet, autoritäres Denken gepflegt und innerhalb eines Staates ethnische Homogenität angestrebt.
Kämper arbeitet hier erneut auf dem Forschungsfeld der Politolinguistik. Ihr Anspruch ist es, die (sprachlichen) Tabuverstöße und „Missachtungen des gesellschaftlichen Wertekonsenses“ aufzuzeigen und zu kritisieren. Über die AfD, die sich erheblich radikalisiert habe und die Demokratie gefährde, sagt sie schlüssig: „Ihre Sprache lässt das sie prägende Menschenbild erkennen, sie negiert die in unserem Grundgesetz verbürgte Gleichheit der Menschen, spiegelt Aggression und Gewalttätigkeit in ihrem Denken – und ist zu großen Teilen dem Nationalsozialismus sehr nah.“
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