USA

Heidelberger Historiker Berg spricht über "Pulverfass US-Wahl"

Die Wahl am Dienstag sei richtungsweisend für die Demokratie der USA. Das sagt der Heidelberger Professor Manfred Berg. Trump oder Harris? Bei einer Veranstaltung gibt er seine Einschätzung, wer gewinnen wird

Von 
Bernhard Zinke
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Wer zieht ins Oval Office ein - Kamala Harris oder Donald Trump? Historiker Manfred Berg blickt bei einer Veranstaltung an der Uni Heidelberg pessisimistisch auf die Zukunft der USA. © Scarbrough/Weiss

Heidelberg. Das Datum passt. „Wer denkt, dass Halloween gruselig ist: Viele Menschen denken mit weitaus mehr Gruseln an das was am 5. November passiert“, sagt Wissenschaftsjournalistin Christina Sartori in der Alten Aula der Heidelberger Universität. „Das Pulverfass - die USA vor den Wahlen“ ist der Titel ihres Gesprächs mit dem Heidelberger Historiker Manfred Berg im Rahmen des Kongresses Wissenswerte, für den sich Wissenschaftsjournalisten aus ganz Deutschland in Heidelberg versammelt haben.

Manfred Berg hat gerade ein Buch geschrieben: „Das gespaltene Haus. Eine Geschichte der Vereinigten Staaten von 1950 bis heute“. Kenntnisreich erläutert der Professor am Center for American Studies an der Heidelberger Universität, dass Donald Trump als Präsident und erneuter Kandidat nicht aus heiterem Himmel über die Vereinigten Staaten gekommen ist. Es ist vielmehr das Ergebnis einer Entwicklung, die in den 1960er Jahren ihren Anfang nahm.

Professor Manfred Berg von der Universität Heidelberg wertet die Präsidentschaftwahl am Dienstag als richtungsweisend für die Demokratie der USA. © Bernhard Zinke

Berg hat keinen wirklich optimistischen Blick auf den Ausgang der Wahl: „Es wird am Mittwochmorgen kein Wahlergebnis feststehen“. Heerscharen von Anwälten stünden schon bereit, um den Ausgang anzufechten. Am Ende rechnet Berg allerdings damit, dass Trump eine Mehrheit der Wahlmänner hinter sich versammeln kann.

Manfred Berg: „Wir sollten vorsichtig sein, uns auf ein hohes Ross zu setzen“

Für viele sei es unbegreiflich, dass sich rund 50 Prozent der US-Amerikaner für einen Rassisten, Sexisten und verurteilten Straftäter als Präsidenten entscheiden können. „Was läuft da schief?“, fragt Christina Sartori. „Wir sollten in Europa sehr vorsichtig sein, uns auf ein so hohes Ross zu setzen“, warnt Berg. Auch in Europa geben es eine populistische Revolte, die sich vor allem gegen die Globalisierung in all ihren Facetten richte. Auch in Deutschland werde die Legitimität der liberalen Demokratie immer mehr in Frage gestellt. Trump habe die Regeln der amerikanischen Demokratie außer Kraft gesetzt, die Polarisierung zum politischen Geschäftsmodell gemacht. Polarisierung in der Politik sei an sich ja nichts Verwerfliches im Wettbewerb um die Ideen. Problematisch werde es, wenn sich die Gesellschaft spaltet und die andere Seite als Bedrohung des eigenen „Way of Life“ wahrgenommen werde. „Die Amerikaner leben in Parallelwelten. Es gibt keinen Konsens mehr über die Fakten“, analysiert Berg, einer der profundesten Kenner der USA.

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Auch die Geschäfte vom „Melting Pot“, vom Schmelztigel der Kulturen, sei ein Mythos, der auf dem restriktiven Einwanderungssystem fuße, das bis in die 1960er Jahre galt. Das ethnische Profil der USA habe sich seitdem massiv verändert und damit auch das Selbstbild er USA.

Für viele weiße Arbeiter ist Trump ein Held

Donald Trump sei der Held der weißen männlichen Arbeiter, die sich als Verlierer der Globalisierung fühlten. „Er gibt ihnen das Gefühl, er ist ihr Rächer.“ Wie passe es jedoch zusammen, dass Evangelikale einen Mann unterstützen, der Affären mit Pornomodels hatte und mehrfach heiratete? „Das ist ein offenkundiges Paradoxon“, sagt Berg unter Gelächter. Aber: Trump habe im Sinne dieser Klientel den Obersten Gerichtshof mit erzkonservative Richtern. Er habe geliefert.

Wahlen, so die pessimistische Schlussfolgerung, seien in den USA kein Mechanismus mehr zur Konfliktlösung in der Demokratie, sondern der Funke am Pulverfass. Trump sei es gelungen, das Vertrauen in die Integrität des Wahlprozesses zu erschüttern: „Diese Wahl wird die Weichen für die Zukunft der amerikanischen Demokratie für die nächsten zehn bis 15 Jahre stellen.“

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