Mannheim. Es sind Geschichten wie die des 33-jährigen Briten Mike Dawes, die den selbst ernannten Gitarrennächten beim Guitar Summit im Mannheimer Rosengarten ihre Kontur verleihen. Denn obwohl bereits der Reiz allein, einen völlig akustischen Abend zu erleben, während der zweite ganz der E-Gitarre gewidmet ist, einer Beachtung wert erscheint, sind es schon die Geschichten ihrer Künstler, die beeindrucken.
Dawes, trotz seines jungen Alters weltweit gefragt, flog eigens zum Auftritt in Mannheim nach Deutschland, musste am Flughafen eine dreistündige Verzögerung hinnehmen, raste dann mit dem Taxi von Frankfurt in die Quadratestadt, zog seine Meisterklasse durch, ohne dazwischen auch nur gegessen zu haben, und steht schließlich auf der Bühne des Mozartsaals.
„Ich habe meine Fingernägel noch nicht gefeilt, dafür fehlte mir heute die Zeit - ich hoffe, ihr habt damit kein Problem“, so lässt der Fingerstyle-Aufsteiger seine Zuhörer augenzwinkernd wissen - und dabei den terminlichen Wahnsinn seines Tages tief humorvoll hinter sich.
Dass Dawes im Anschluss ein Set zwischen flirrenden Eigenkompositionen und Hits wie „Somebody That I Used To Know“ auf die Bretter legt, als gäbe es kein Morgen mehr, euphorisiert die Fans regelrecht - und sorgt für eine Atmosphäre, in der Klang plötzlich zu einer Leidenschaft wird.
Zur Leidenschaft, wegen der Casper Esmann sein Haus, sein Auto und seinen Hund verkaufte, um ein Album seiner zarten Saitenspiele produzieren zu können. Zur Leidenschaft eines Janek Pentz, der so zärtlich greift, dass man fast glauben möchte, er diktiere seiner Gitarre lyrische Verse. Zur Leidenschaft einer Sophie Chassée, die stimmlich und klanglich fast schon Anstalten macht, zur weiblichen Version von Andy McKee zu werden.
Enthusiastischer Beifall
Wichtig und bedeutsam sind Konzerte auf einer Messe wie dieser gleich aus zwei Gründen - einerseits, weil es so gelingt, Stars der Szene wie Jon Gomm oder Henrik Freischlader, die stilecht, aber fast erwartbar brillierten, jenseits der Bühne auch in Workshops und Masterclasses zu erleben; andererseits, weil sie bedeutenden Geheimtipps der Branche die relativ einzigartige Chance einräumen, vor einem Liebhaberpublikum neue Zuhörerschaft zu erschließen. Eben das ist in Mannheim auf die schönste denkbare Art und Weise gelungen - der enthusiastische Beifall der Menge ist Zeuge.
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