Leben

Heteraclub und die Schillertage: „Alle haben das Recht, sexy zu sein“

Die Performance-Künstlerin Sibylle Peters schafft Teilnehmerinnen im Mannheimer Eintanzhaus mit dem Hetetaclub einen geschützten Raum, um ihre intimsten Wünsche ausleben zu können

Von 
Gisela Stamer
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„Queens. Der Heteraclub“ von Sibylle Peters kommt ins Eintanzhaus. © Margaux Weiss

Der Einlass in die Trinitatiskirche beginnt. Meine Nervosität steigt. Zusammen mit einer anderen Besucherin folge ich Richtungspfeilen durch den abgedunkelten Kirchenraum. Wir laufen um einen nach oben offenen Holzkubus, der den gesamten Bühnenraum des EinTanzHauses einnimmt. Eine rote Laterne markiert die Eingangstür.

Was hier passiert, dringt nicht nach außen

Performerin Maike empfängt uns in einer kleinen Garderobe. Sie bietet uns kurze, schwarze Kimonos und luftige Tücher als Kleiderersatz an und einen Flyer mit Clubregeln, von denen die beiden Wichtigsten lauten: „Everybody has the right to be sexy“ - Jede(r) hat das Recht sexy zu sein. Und, was im Heteraclub passiert, dringt nicht nach außen. Der „safe space“ des Heteraclubs bietet Frauen jeden Alters an, sich über ihre Erfahrungen als Frau auszutauschen, bietet Empowerment und - wenn gewünscht - Zuwendung von den Performern des Clubs.

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Barfuß, in Tücher gewandet und mit einem Pappkrönchen zur „Queen“ ernannt, betrete ich den Hauptraum. Sibylle Peters, Autorin, Regisseurin und Akteurin, empfängt mich zusammen mit Charlotte Pfeifer, einer weiteren „female pimp“. Warmherzig, und mit viel klugem Witz leiten die beiden „Kupplerinnen“ mich und drei weitere „Queens“ durch das Programm.

Sechs unterschiedliche, bestens geschulte Performer

Im „Salon“ auf Teppichen sitzend, stellen wir Frauen uns kurz vor und stärken uns mit kleinen, fruchtigen Shots für die Show. An der Wand ein Zitat von der amerikanischen Feministin Audre Lorde: „Unsere Fähigkeit einander Freude zu schenken, ist eine revolutionäre Kraft“. „Freude schenken“, ein Mittel der politischen Bildung und Aufklärung zur Selbstermächtigung und Selbstwirksamkeit.

Auftritt Ansuman Biswas, Eidglas Xavier, Nils, Severin Belmonte, Valerian Süß und Viktor Teimann: Sechs unterschiedliche, bestens geschulte Performer verlassen ihre Séparées, um uns in einer Aufwärmphase kennenzulernen. Fleischbeschau? Im „Ja-nein Spiel“ loten wir unsere Grenzen aus. Danach kann sich, wer möchte, einen der Performer für eine halbstündige One-on-One-Performance als Begleiter aussuchen.

Ich entscheide mich für Valerians „Pay back“-Performance. Valerians Dienste werden auf einer Menükarte als Möglichkeit angeboten, Wut über Verletzungen, die Frau durch patriarchalisches Gebaren zugefügt wurde, zurückzuzahlen. Fußbad inklusive. Über wen ich in den 30 Minuten meine Aggression an Valerians Schutzanzug auslasse, bleibt laut Clubregeln geheim. In der Schlussrunde äußere ich mich, wie die anderen Teilnehmerinnen, zufrieden.

Was hat der feministische Diskurs davon?

Aber mir bleiben einige Fragen: Kann die Annahme, dass weibliches Begehren mehr Aufmerksamkeit verdient, auf einem solchen Spielfeld nachhaltig postuliert werden? Versinnbildlicht diese Form einer „Heteratopie“ tatsächlich weibliche Lust? Die Behauptung, dass nach jahrhundertealter männlicher Tradition der Besuch eines Männerbordells Frau „heilen“ könne, mag ein Tabu-Bruch sein. Ob sie den feministischen Diskurs allerdings stärkt, bleibt offen.

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