Kommentar „Queens. Der Heteraclub“ - ein Schuss über das Ziel hinaus

Eine Theateraufführung nur für weibliches Publikum - muss das sein? Der Kulturbetrieb hat zwar traditionell einen Hang zur Exklusivität. Zunehmend geht es aber um Ausschließlichkeit, kritisiert Ralf-Carl Langhals

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Ralf-Carl Langhals
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Mannheim. "Muss das denn sein?“ Ist die eine Frage, die sich bei Christian Holtzhauers Schillertage-Eröffnungsproduktion für viele Menschen stellen wird. Es ist dies zunächst eine persönliche Geschmacks- und Stilfrage, Berührung und Erotik im „Queens. Der Heteraclub“ im Rahmen einer Theateraufführung zuzulassen – ausschließlich für weibliches Publikum. „Muss das denn auf Steuerkosten sein?“ lautet die zweite Frage. Glaubt man an Kunstfreiheit und billigt der Kunst eine gesellschaftsrelevante Rolle zu, muss die Antwort, Sibylle Peters dezidierte Ausführungen im Interview zeigen es, zumindest auf diese Frage „Ja“ lauten.

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Auch wer nicht zu Prüderie und Empörungsmechanismen neigt, darf sich über thematische „Exklusivität“ wundern, die sich republikweit nicht nur an Theatern und Kunsthäusern etabliert hat. Mit Blick auf im Kulturbetrieb verhandelte Diskurse ist eine weiter gefasste Frage zu stellen: „Ist Ausschluss ein angemessenes Mittel zu Inklusion, Gleichberechtigung und Integration?“ Und sei es auch nur zum Zwecke einer provokant markierten Symbolik? Macht Ausschuss Schule? Mit einem starken Stück setzt Mannheims Kulturamtsfestival „Schwindelfrei“ 2022 einen „starken“ Akzent mit einem „wichtigen Hinweis“, der an der Kasse auslag: „Um einen respektvollen Umgang miteinander zu ermöglichen und keine Rassismen zu reproduzieren, bitte gebt nur Feedback zu der Veranstaltung, wenn ihr darum gebeten werdet.“

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Drinnen waren die ersten beiden Zuschauerreihen reserviert: „BIPoC only“, also nur „Black, Indigenous and people of color“ durften sich dort hinsetzen. Kann Umkehrung von Benachteiligungen die Lösung gesellschaftlicher Probleme sein? Sicher nicht. Der gute Zweck heiligt eben nicht immer die Mittel, und zunehmend schießt der Kulturbetrieb mit Exklusivität über ehrenwerte Ziele hinaus. Der explizite Ausschluss von Männern, Weißen oder Heterosexuellen ist dabei sicher nicht der Königsweg. Gerade sie sind es, die es auf diesen mitzunehmen gilt.

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.