Ludwigshafen. „Un_erhört. Wie sich die Vulva heute Gehör verschafft!“ heißt die neue Ausstellung in der Rudolf-Scharpf-Galerie des Wilhelm-Hack-Museums in Ludwigshafen. Eigentlich streng kunsthistorisch geordnet, aber nicht chronologisch geht Kuratorin Anne Hörz das Thema an. Es beginnt mit einem großen Blütenteppich im Erdgeschoss: Die in verschiedenen Farbtönen behandelten Keramikteile stellen Vulven dar. Ein wunderbares Werk von Rosa Roedelius, die 1975 in Niedersachsen geboren wurde und an der Universität für Angewandte Kunst in Wien studierte, wo sie auch heute lebt. Viele der 15 zeitgenössischen Künstlerinnen, die in der Schau mit allen Medien vertreten sind - sei es Malerei, Skulptur, Fotografie, Video-Animation, Installation oder Grafik - haben Bildende Kunst studiert.
Weibliches Geschlechtsteil heute immer noch tabuisiert
Obgleich das Thema des weiblichen Geschlechtsteils weiterhin hochgradig tabuisiert ist, nimmt diese Ausstellung mutig Stellung. Wer aber in den 1970er Jahren das Aufkommen der Frauenbewegung miterlebt hat, mit Frauenzentren, Frauenbuchläden und dem Kampf gegen den Paragraphen 218, fühlt sich erinnert an die Schriften von Simone de Beauvoir, die Aktionen von Valie Export, aber auch die Bücher von Luce Irigaray oder Laura Mulvey, die sich auf die unterschiedlichste Art und Weise mit diesem Thema beschäftigten. Auch die Vagina-Monologe von Eve Ensler von 1996 müssen in diesem Kontext genannt werden.
Aber heute gibt es auch postfeministische Positionen, die relativ unbekannt sind und die hier nun präsentiert werden. Wenn etwa Zara Alexandrova - die Künstlerin wurde in Bulgarien geboren und lebt heute in Berlin - mit dem Spiegel eine fast unsichtbare Vulva zeigt, erinnert das auch an die ersten Schritte der Frauenbewegung der 1970er Jahre, bei der Selbsterkenntnis auch immer über den eigenen weiblichen Körper zu mehr Selbstakzeptanz führen sollte.
Eine großartige Arbeit zeigt Pascale Eiberle, 1989 in Zürich geboren: Auf sechs großformatigen Leinwänden exerziert sie das Thema Menstruation durch, verrätselt und farbenstark. Dabei werden in einer kostenlos aufliegenden Broschüre alle Bezüge genannt, die die Künstlerin bewegten - vom Sündenfall bis zur heutigen Tabuisierung der Monatsblutung. Auch der Zusammenhang mit der Hysterie, die etwa im 19. Jahrhundert als rein weibliche psychische Krankheit verstanden wurde, wirkt hier mit.
Die in Mannheim schon durch eine fotografische Ausstellung im Alten Güteramt bekannte Künstlerin Christiane Fichtner, geboren 1974, besticht durch eine große Menge an gezeichneten und gemalten Vulven, die als solche häufig gar nicht zu erkennen sind.
Ebenfalls dabei sind: Amae Collective, Sophie Fladt (aus Mannheim), Bob Jones, Petra Mattheis, Zoë Claire Miller, Helga Schager, Marina Stiegler, Sophia Süßmilch, Myriam Thyes, Michelle Verhoeks und Betty Wimmer. Eine sehenswerte Ausstellung.
Bis 15. Dezember, Freitag bis Sonntag und feiertags 11-18 Uhr
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