Mannheim. Der Titel war gut gewählt: „Die Innenstadt – tot oder lebendig?“ Dieses Thema lockt bei Frederic Hormuths erstem Teil der Reihe „Talk in der Klapsmühl’“ sehr viele Neugierige in die Kleinkunstbühne am Rathaus (hier unser Vorab-Interview dazu). Damit hat das neue Format schon vor Beginn seinen ersten Pluspunkt gesammelt. Zumal es einen kleinen Teil zur Belebung der City leistet.
Zweiter Pluspunkt ist der Moderator. Hormuth erledigt die selbstdefinierte Aufgabe „das ganze Gerede rechtzeitig aufzulockern“ tatsächlich locker, interessiert und pointensicher. Das ist unterhaltsam und informativ; wer die TV-Formate kennt, wird es wohltuend finden, dass die Gäste ausreden können. Auch exzellent: die musikalischen Pausenfüller von Gitarrist Daniele Aprile.
Wenn diese von Hormuth in der ersten Hälfte in ausführlichen Einzel-Interviews etwa im Stil von „3 nach 9“ vorgestellt werden, hat die Talkshow ihre stärksten Momente. Wolfgang Ockert, Vorsitzender des Bürger- und Gewerbevereins östliche Innenstadt, nimmt als Erster Platz und zeigt sich auch im Detail gut informiert über die Anamnese der City.
Wenig Menschenfeindliches
Spannend ist das Gespräch mit Hannah Wagner. Die Designerin, Fotografin, Kunsthistorikerin und Macherin der erfolgreichen Ausstellung „Feindliche Architektur“ berichtet Erstaunliches darüber, wie Architektur gezielt Menschengruppen aus der Konsumgesellschaft ausschließen soll. Etwa durch immer kürzere, unbequemere und kältere Sitzmöglichkeiten in Innenstädten oder an Haltestellen. Ganz Kabarettist fragt Hormuth neugierig, ob es dafür spezielle Kataloge mit besonders abschreckendem Mobiliar gebe. Und er vermutet, dass in den Kommunen aber wohl „keiner der Darth Vader der Innenstadtgestaltung“ sein will.
Wagner sagt dazu nur, dass der Aspekt Sicherheit oft zur Begründung genannt werde. Dabei gehe es oft schlicht darum, zum Beispiel Obdachlose zu vertreiben. In Mannheim gebe es zwar wenig Beispiele für menschenfeindliche Architektur, aber gezielt wenig Sitzmöglichkeiten. Hormuth vermutet als Motiv dafür, dass „man also möglichst lange von Geschäft zu Geschäft taumeln soll“.
Zu kurze Grün-Phasen für Fußgänger
Dritter Gast ist Politologe und Mitgründer der Mannheimer Ortsgruppe des „Fachverbands Fußverkehr Deutschland“. Patrick Bernhagen sieht in seiner Wahlheimat für Fußgänger als großes Problem „zu kurze Grünphasen an Ampeln“ mit langen Wartezeiten bei Zwischenstopps auf vollen Verkehrsinseln, am schlimmsten am Kurpfalzkreisel am Neckartor. Und oft schmale, wild zugeparkte Gehwege. Das sei in Mannheim besonders, weil es allgemein verboten und trotzdem lange von der Verwaltung geduldet worden sei.
Zu viel Einmütigkeit auf dem Podium
So weit, so interessant. Der zweite Teil, die moderierte Diskussion mit allen Gästen, leidet allerdings darunter, dass sich das Trio weitestgehend einig ist, eine sehr ähnliche Perspektive vertritt – und die City erstaunlich positiv bewertet. Alle drei leben auch in der erweiterten Innenstadt und geben an, dort alles zu finden, was zum Leben nötig ist. Ein Hauptargument: Dass überhaupt viele Menschen in Mannheims Innenstadt leben, anders als in Frankfurt und Hamburg. Gerade im Vergleich mit der Main-Metropole bekommt die Quadratestadt fast schon verblüffend gute B-Noten. Klar, über die Kaufhäuser gehe die Entwicklung hinweg (Ockert), aber das passiere generell.
Nächster Teil am 18. Februar
Brisante Verluste für die Anziehungskraft der City wie das Aus des Cineplex oder der Wegfall genuiner Gastronomie kommen nicht oder kaum vor. Das Thema Verkehrsversuch wird nur am Anfang kurz gestreift. Da muss beim nächsten Termin am 18. Februar mehr Kontroverse aufs Podium. Am Sonntag, 26. November, soll die Sendung u.a. auf Hormuths YouTube-Kanal abzurufen sein.
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