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Felix Lobrecht verrät in Mannheim, warum er sich noch mal neu verliebt hat

Bei der Fragerunde zur Filmadaption seines Romans "Sonne und Beton" spricht der Comedy-Star über eine mögliche Fortsetzung, eklige Sprache wie das N-Wort und Filmgras

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Jörg-Peter Klotz
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„Posieren“ vor 700 Fans im Cinemaxx (von links): Regisseur David Wnendt, Darsteller Aaron Maldonado Morales, Autor Felix Lobrecht und Rapper Luvre47. © Thomas Tröster

Mannheim. Gut, der Jubel war Mitte Oktober in der dreimal ausverkauften SAP Arena noch größer. 700 Fans wie bei der Filmpräsentation von „Sonne und Beton“ im großen Saal des Mannheimer Cinemaxx sind heutzutage auch eher kleine Fische für den Berliner Comedian und Podcast-Star Felix Lobrecht („Gemischtes Hack“). In beiden Feldern ist der 34-Jährige erfolgstechnisch nationale Spitze. Die Romanvorlage zum Film ist ein bisher einmaliger Versuch.

Beim Interview-Besuch in der Sendung „Studio Schmitt“ seines Podcast-Partners Tommi Schmitt sprach Bundeskanzler Olaf Scholz rätselhafterweise das Intro. Dass „Sonne und Beton“ bei der Berlinale Premiere feiern durfte und in der Auswahl für den Deutschen Filmpreis steht, verwundert da schon nicht mehr. Trotzdem: Eine erstaunliche Karriere für einen allein vom früh verwitweten Vater erzogenen Realschüler aus dem sozialen Brennpunkt Berlin-Neukölln.

Extrem positives Feedback

Dieser Tausendsassa ist am Sonntag mit Regisseur David Wnendt sowie den Darstellern Luvre47 und Aaron Maldonado Morales nach Mannheim gekommen, um den Start der Kino-Adaption seines Bestsellers zu beflügeln, Fragen aus dem Publikum zu beantworten und die Reaktionen einzusammeln. Man sieht eine ungewöhnliche Mischung aus Lobrechts studentisch geprägtem Live-Publikum, Leuten, die nach Schulkollegium auf Fortbildung aussehen und quirligen kleinen Jungs, die sich vermutlich selbst auf der Leinwand wiedererkennen möchten.

Wie euphorisch das Feedback ausfällt, ist erstaunlich. Denn „Sonne und Beton“ ist keine leichte Kost, meilenweit entfernt vom Klamauk, den Comedy-Stars in der Regel produzieren lassen. Wnendts Film ist kompromisslos und knallhart. Wenn man so will, eine Art „Four Blocks“ aus der Perspektive von Jugendlichen, die fast noch Kinder sind.

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"Sonne und Beton" in Mannheim: Felix Lobrecht begeistert Fans

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Wie Lobrecht selbst erklärt, geht es darum, ein authentisches Bild von Neukölln im Hitze-Sommer 2003 zu zeigen, speziell in der architektonisch gut gemeinten Gropiusstadt. In deren Nachbarschaft ist der Komiker selbst in vergleichbaren Verhältnissen aufgewachsen. Aber er legt wert darauf, dass die Hauptfigur Lukas kein exaktes autobiografisches Spiegelbild von ihm ist.

Der knallharte Eindruck resultiert nicht nur aus den heftigen Gewaltausbrüchen in der Handlung und dem oft präsenten Aggro-Berlin-Rap. Realschüler Lukas wird ohne eigenes Verschulden zusammen mit drei Freunden zur vogelfreien Zielscheibe kleiner, brutaler Jugendbanden. Die Lage eskaliert und scheint aussichtslos, auch weil die Eltern der Vier auf unterschiedliche Weise keinen Rückhalt bieten. Eher das Gegenteil.. Der Film ist aber nicht nur trist, denn Wnendt gelingt das Kunststück, auch die Lebenslust der Teenager mitreißend zu inszenieren und am Ende - halbwegs plausibel - die Freundschaft siegen zu lassen.

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Fast die einzige Schwäche dieser zwei rasanten Kino-Stunden: So dämlich, wie sich Lukas’ Freund Julius in dieser von klaren Macho-Regeln dominierten Block-Welt permanent anstellt, kann man eigentlich nicht unversehrt durchs Leben kommen. Dazu passt, dass dessen Darsteller Vincent Wiemer der einzige Schauspiel-Profi im zentralen Quartett ist.

Laien-Darsteller beeindrucken

Sein Spiel ist zumindest anfangs meilenweit entfernt von der beeindruckenden Authentizität der Laien-Darsteller Levy Rico Arcos (Lukas), Rafael Luis Klein-Hessling (Gino) und Aaron Maldonado Morales (Sanchez). Letzterer wird als fast Überraschungsgast im Cinemaxx fast so bejubelt wie Lobrecht. Ihn hat an diesem Sonntag der Besuch bei einer in Mannheim lebenden Cousine in die Quadratestadt geführt.

Die an den bejubelten Abspann anschließende Fragerunde spiegelt die heterogene Zusammensetzung des Publikums deutlich wider. Es geht niedlich los mit „Eine Frage: Kann ich mit ihnen ein Foto machen?“ Was Lobrecht routiniert mit „Ja, klar. Nach der Show, Bruder“ beantwortet. Es gibt aber auch cineastischen Wissenshunger nach dem Ablauf der Schul- und Straßen-Castings, Schnitt oder danach, ob das Ende nicht eine Fortsetzung nahelege.

Darauf antwortete der sonst reflexhaft witzelnde Lobrecht ernsthaft: „Vor ein paar Jahren hätte ich die Frage noch mit ,Definitiv auf gar keinen Fall’ beantwortet“, sagte der Komiker, „aber durch diese intensive Arbeit an dem Film und wenn ich das fertige Ding jetzt sehe, habe ich mich noch mal neu in die Geschichte, alle Charaktere und die ganze Welt, die wir da gebaut haben, verliebt. Ich könnte es nicht ausschließen.“ Es sei auf jeden Fall eine ganze Menge Arbeit und eine Fortsetzung hänge von der Resonanz auf „Sonne und Beton“ ab.

Eine Hörerin des Podcasts, in dem Lobrecht angedeutet hatte, dass die Veröffentlichung einer Szene Szene Mut erfordert habe, will genau wissen, um welche es sich handelt. Der Comedian antwortete zunächst abstrakt, dass der Authentizität zuliebe auch „alles was eklig war“ an der Zeit in Neukölln im Film vorkomme, etwa rassistische Sprache. Um dann konkret zu werden, und die Verwendung des N-Wortes bei der Vorstellung des Halbkubaners Sanchez als neuer Schüler in Lukas’ Klasse zu nennen.

Für den Kokser hat’s gereicht

Aber die Fragerunde ist schon überwiegend amüsant, wenn es etwa um Filmgras geht. Oder darum, dass Lobrecht nur winzige Auftritte in seinem eigenen Film hat: „Der Kokser, der schläft, war wohl die einzige Rolle, die man mir zugetraut hat“, witzelt Lobrecht. Als Kiezgröße und Lukas’ älterer Bruder (Luvre47),sei er beim Casting durchgefallen. Auch Überflieger haben also Grenzen.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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