Schlossfestspiele

Familienstück "Die rote Zora" manchmal zu nah am Slapstick

Mit "Die rote Zora" hat das Kinder- und Jugendtheater die Heidelberger Schlossfestspiele eröffnet. Regisseurin Natascha Kalmbach erzählt die Geschichte der Waisenkinder auf humorvolle Weise

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Ein großes Baustellengerüst dient als Kulisse, nimmt sogar fast den ganzen Schlosshof ein. © Susanne Reichardt

Heidelberg. Eine Burgruine ist der Rückzugsort der roten Zora - in Heidelberg erobern Zora und ihre Bande nun die Schlossfestspiele, die am Wochenende mit dem Familienstück eröffnet wurden. Die Inszenierung setzt passend zur modernen Theaterfassung von John von Düffel weniger auf die Abenteuerromantik, die der Kinderbuchklassiker von 1941 heraufbeschwört, oder das mediterrane Ambiente des kroatischen Fischerdöfchens, das vielen Eltern aus der Serienverfilmung noch in Erinnerung sein dürfte. Regisseurin Natascha Kalmbach holt die Geschichte vielmehr behutsam in ein nicht ganz genau zu benennendes Jetzt.

Bedrückende Geschichte auf humorvolle Weise erzählt

Ein großes Baustellengerüst (Bühne und Kostüme: Anette Wolf) nimmt beinahe den ganzen Schlosshof ein und wird durch geschickte Aufteilung zu Stadtplatz, Gefängnis, Backstube oder eben dem Versteck der Uskoken, wie sich die Waisenkinder rund um Zora nennen.

Zora - tatkräftig gespielt von Leonie Kolhoff - hat in Branco (Rachid Zinaladin), der eben seine Mutter verloren hat, als Einzige einen Bedürftigen erkannt, der ihre Hilfe braucht und nimmt ihn in ihre Bande auf.

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Die eigentlich bedrückende Geschichte der ausgestoßenen Kinder, die sich alleine über Wasser halten müssen, erzählt Kalmbach auf humorvolle Weise. Einige Gags geraten jedoch fast zu nah am Slapstick. Auch muss der Kürzung des über 400-seitigen Romans von Kurt Held mancher Handlungsstrang weichen. Übrig bleibt der Kernkonflikt zwischen den Uskoken und den Gymnasiasten.

Eineinhalb Stunden voller einfacher, aber effektvoller Ideen

Gewitzter Schachzug ist dabei, dass die reichen Kinder sowie ihre Väter, der Bürgermeister, Polizist und der „größte Steuerzahler der Stadt“ als Doppelrollen (Tabea Mewis, Timo Jander, Leon Wieferich) besetzt sind. Im großen Duell der beiden Gruppen (mit viel Fingerschnipsen und rhythmischem Trommeln) ziehen sie schließlich den Kürzeren.

Und doch rettet erst eine List und das mutige Eingreifen des Fischer Gorian (sehr überzeugend: André Rohde) die Kinderbande. Gorians Plädoyer ist nicht nur inhaltlich der größte Coup: Es durchbricht die dritte Wand und lässt das Publikum darüber abstimmen, ob die Kinder für ihre aus Not begangene Diebstähle verurteilt werden sollen. Wunderbar zu sehen, wie viele Kinderhände sich schließlich für den Freispruch heben!

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Insgesamt liefert das motiviert und energiegeladen aufspielende Ensemble - besonders wandungsfähig Hannah Hupfauer als Bäckersfrau, Wahrsagerin Kata und witzige Ziege - eineinhalb temporeiche Stunden voller einfacher, aber effektvoller Ideen, wie zum Beispiel das Meeresrauschen aus der Mörtelmaschine oder die Nachtszene, die trotz vollen Sonnenscheins allein durch die Geräuschkulisse plausibel wird. Einzig ein wenig schade ist, dass die so emanzipierte Mädchenfigur der starken und unabhängigen, aber auch mitfühlenden Zora dabei etwas blass bleibt.

INFO Für die Aufführungen am 8., 10. und 17. Juli gibt es noch Karten.

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