SAP Arena

Bleibt banal: Live-Podcast mit Hoss & Hopf in Mannheim

In der zur Hälfte gebuchten SAP Arena in Mannheim langweilen die so erfolgreichen wie umstrittenen Podcaster Hoss & Hopf vier Stunden lang.

Von 
Ute Maag
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Live eher langweilig, als polarisierend: Kiarash Hossainpour und rechts Philip Hopf alias Hoss & Hopf in der Mannheimer SAP Arena. © Michael Ruffler

Mannheim. Irgendwann an diesem langen Abend fällt dann tatsächlich einmal das Wort Extremismus. Philip Hopf, laut Selbstauskunft „bekannt dafür, dem Staat gern mal in den Arsch zu treten“, hat gerade zum wiederholten Mal über seine offensichtlich sehr erfüllende Rolle als Vater doziert. Dann kommt er auf sein Erfolgsrezept zu sprechen. „Fanatismus und Extremismus“, sagt er also, seien ja „selten gesund, aber extremer Erfolg erfordert, extrem zu sein“. Aha. Nicht nur in diesem Moment ist der Kontext ein völlig unpolitischer.

In den vier (!) Stunden in der Mannheimer SAP-Arena bleibt vielmehr so ziemlich alles außen vor, was den so erfolgreichen wie umstrittenen Podcast Hoss & Hopf ausmacht: Statt um Finanztipps, den angeblich dysfunktionalen deutschen Staat oder unterirdische Städte, in denen sich Eliten vor dem Weltuntergang retten, geht es bei der Arena-Tour von Hopf und seinem „kogenialen“ Partner Kian Hoss um körperliche und mentale Gesundheit, die Entwicklung eines „Erfolgsmindsets“ durch die Technik der Manifestation, um „Longevity“, ein längeres und besseres Leben – und um die beiden Herren selbst.

Die Oberränge sind abgehängt, der Funke springt mit Hoss & Hopf in Mannheim nicht über

Es ist schwer zu sagen, ob die Zuschauer in der bei Weitem nicht ausverkauften Arena (die Oberränge sind abgehängt) etwas anderes erwartet haben, oder ob es an der schieren Länge – und leider auch Langeweile – der Show liegt, dass der Funke von der Bühne in den Saal so gar nicht überspringen will. Üblicherweise konsumiert die Hoss-&-Hopf-Community Podcast-Folgen von maximal einer Stunde und noch viel lieber Tiktok-Schnipsel mit prägnanten, oft verkürzten Botschaften.

Zur Show der Podcaster Hoss & Hopf

  • Kiarash Hossainpour, der sich Kian Hoss nennt, ist Finanz-Influencer, Philip Hopf betreibt eine Firma für technische Marktanalysen. Ihr gemeinsamer Podcast Hoss & Hopf erscheint seit September 2022 zweimal wöchentlich und gehört zu den reichweitenstärksten im deutschen Sprachraum.
  • Mehrfach wurde den Machern die Verbreitung von zweifelhaften Finanztipps, Falschaussagen, Verschwörungserzählungen und Rechtspopulismus vorgeworfen. Hoss und Hopf wiesen die Anschuldigungen stets zurück.
  • Ihr Ratgeber-Buch „Jeden Tag einen Schritt“ stand wochenlang an der Spitze der Spiegel-Bestseller-Liste.
  • Ihre aktuelle Arena-Tour führt durch fünf Städte. Auf Zürich und Mannheim folgen Auftritte in Köln (2. Juni), München (4. Juni) und Berlin (6. Juni).

Nun lauschen sehr, sehr viele junge Männer gemeinsam mit mittelalten Geschlechtsgenossen und geschätzt 30 Prozent Frauen wie früher in der Schule den Ausführungen der beiden Podcaster sowie zweier Experten. Und weil die wenigsten von ihnen Philips Hopfs wohlmeinenden Rat befolgen, sich mit Papier und Stift Notizen zu machen, ist ebenso schwer zu sagen, was die Leute am Ende tatsächlich für ihren eigenen Selbstoptimierungstrip mitnehmen.

Hoss & Hopf-Weisheiten in Buchform mit drei Varianten verfügbar

Aber dafür gibt es ja das Buch „Jeden Tag einen Schritt“, das Philip Hopf und Kian Hoss im vergangenen Dezember veröffentlicht haben und das aus dem Stand die Bestsellerlisten eroberte – gegen harte Konkurrenz wie „Frau Merkel und den Kinderbuchautor Robert Habeck“. Am Büchertisch kann man es gleich dreifach mit demselben Inhalt kaufen: Die blaue Standardversion kostet 25 Euro, und neben der ansprechend gebundenen Premiumausgabe für 49 Euro gibt es auch noch ein opulentes Coffee-Table-Book für 89 Euro. Das sei streng limitiert und werde garantiert nie auf Amazon angeboten, beteuert der Verkäufer. Den Abverkauf des Werks nach dem Ende der Arena-Tour organisiert der Next-Level-Verlag schon jetzt über seine eigene Website.

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Auch ohne das Buch gelesen zu haben, lässt sich sagen, dass dessen Inhalte mit Sicherheit leichter konsumierbar sind als die dröge Kost, die die beiden Haupt- beziehungsweise Selbstdarsteller im Lauf des Abends servieren. Wie man erfolgreich wird und vor allem bleibt? „Willensstärke ist die wichtigste Tugend“, weiß Philip Hoff. „Scheitern ist nicht das Ende. Aufgeben ist das Ende“, sagt Kian Hoss. Auch sie beide hätten den Weg zum Erfolg erst finden müssen: Der Mittzwanziger Hoss erzählt, dass er mit 18 seine erste Kryptomillion gemacht und schon bald wieder verloren habe.

Schulabbrecher Hopf, Jahrgang 1984, schildert, wie er die Technik der Manifestation für sich entdeckt habe: Drei Wochen solle man jeden Morgen seine Ziele auf einen Zettel notieren und sie „emotional aufladen“. Danach solle man sich diese Ziele einmal pro Woche selbst vorlesen. „Dann kommen diese Dinge ins Leben“, beteuert er. Sogar seine eigene Frau habe er auf diese Weise „manifestiert“ und gefunden.

Zwischen Pseudowissenschaft und leeren Versprechungen

Nachdem der österreichische Fitnesscoach Nick Haasmann sich knapp eine Stunde lang in Allgemeinplätzen über gesunde Lebensweise und verwirrenden Details über Nahrungsergänzungsmittel verheddert hat, darf der „professionelle Bio-Hacker“ Max Gotzler Hopfs Manifestations-Methode durch Erkenntnisse aus der Psychologie pseudowissenschaftlich unterfüttern. Auch die Beantwortung anonymer Zuschauerfragen erschöpft sich in harmlosen Plattitüden, bringt aber immerhin die Gewissheit: Ja, es gibt schon ein paar Berufe, für die man studieren muss.

Zum Schluss wird noch eine Reise nach Dubai verlost. Der Gewinner hat seinen Erfolg zwar nicht manifestiert, ist aber auf einem guten Weg. „Ich hab‘s mir vorgestellt“, sagt er. Immerhin.

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