Nach dem coronabedingten Ausfall 2020 und einer reinen Digitalversion im vergangenen Jahr hat die Art Karlsruhe am Donnerstag in der Messe Karlsruhe in Rheinstetten nahe der Fächerstadt wieder ihre Tore fürs breite Publikum geöffnet: zum 16. Mal nach der Premiere 2004, infolge der Pandemie diesmal zeitlich um einige Monate versetzt. Die herbeigesehnte Möglichkeit, Kunst wieder analog erleben zu können, wird nichtsdestoweniger flankiert von einer virtuellen Neuerung. Die Galerieplattform DE ist ein digitales Schaufenster mit der Möglichkeit für die Galerien, in verschiedenen Kategorien je ein Kunstwerk online zum Verkauf anzubieten.
Nach einem rasant-kontinuierlichen Wachstum in den Anfangsjahren hat sich die Art Karlsruhe längst auf internationaler Ebene etabliert: mit diesmal 215 Ausstellern aus 12 Ländern, davon 47 aus Städten von London bis Barcelona und von Bologna bis Budapest. Das regionale Standbein der Art ist dabei kräftig wie eh und je: Allein 51 Galeristinnen und Galeristen kommen aus dem Sammlerland Baden-Württemberg - die Galerie Döbele aus Mannheim präsentiert etwa Max Uhlig und Doris Ziegler. Aus Ladenburg kommt Linde Hollinger mit Werken von Vera Molnar oder Gerhard Frömel im Gepäck. Und Kristina Hoge, Leiterin der Galerie p13, ist mit Werken von Willi Siber und Norman Seibold aus Heidelberg angereist, Stefanie Boos mit Malerei von Heike Müller und Eberhard Ross.
Forum für Gegenwartskunst
- Die erste Ausgabe der Art Karlsruhe gab es 2004. Im Vergleich zu den heutigen Zahlen waren die Anfänge bescheiden. So nehmen in diesem Jahr 215 Galerien aus 12 Ländern teil. Die meisten Aussteller – 51 – kommen aus Baden-Württemberg.
- Zum Verkauf angeboten wird Kunst der Klassischen Moderne und insbesondere Gegenwartskunst: Malerei und Skulptur, Grafik und Fotografie, aber etwa auch Medienkunst. Alle teilnehmenden Galerien profitierten von den durch die Art Karlsruhe eingeworbenen Fördermitteln des Bundes für Kultur; die wurden in Gestalt rabattierter Standmieten in voller Höhe an die Aussteller weitergegeben. Bekannt ist die Art Karlsruhe für die Skulpturenplätze zwischen den Kojen. In diesem Jahr sind es 24, verteilt auf alle vier bespielten Hallen der Messe Karlsruhe.
Auf einer Fläche von 35 000 Quadratmeter werden Werke tausender Künstler zum Verkauf angeboten. Die Messe für Klassische Moderne und zeitgenössische Kunst, als die sie sich selbst bezeichnet, ist grosso modo vor allem ein Verkaufsforum für Gegenwartskunst. Die Klassische Moderne ist in den vier bespielten Hallen im Vergleich zur Art Basel dünn gesät ist.
Preis für Osmar Osten
Die Stimmung unter den Ausstellern ist erwartungsvoll. „Wir haben schon einige viel versprechende Gespräche geführt“, sagte Vera Ehe, Leiterin der Galerie Nothelfer aus Berlin, bei der Preview. Auch schon etwas verkauft? „Was Kleines“, lautet die Antwort, „es bestehen aber etliche Optionen auf weitere Verkäufe“. Für ein großformatiges Informel in Öl von Walter Stöhrer verlangt die Galerie 70 000 Euro, ebenso für eine tachistische Zeichnung von Henri Michaux.
Zum Begleitprogramm der Art gehören verschiedene Vorträge - von Kasper König etwa oder dem Berliner Galeristen Werner Tammen und der Künstlerin Marion Eichmann. Auch drei Preise werden verliehen - darunter der renommierte Hans-Platschek-Preis für Schrift und Kunst an Osmar Osten. Sehenswert die Sonderschau der Privatsammlung Klöcker mit Frauendarstellungen, von Johannes Grützke oder von Stefan Balkenhol, der sich einmal nicht skulptural selbst bespiegelt.
Frauenbilder finden sich auch am Stand von Burkhard Eikelmann, Düsseldorf: eine Dame im Regen mit Schirm von Alex Katz. Oder, auf einer Sardinenbüchse posierend, eine von Mel Ramos’ schöne Nackten. Die ganze Vielfalt der Gegenwartskunst wird unter anderem in 180 One-Artist-Shows ausgebreitet: veritablen kleinen Einzelausstellungen mit Werken von Künstlern wie dem Pionier des deutschen Informels Karl Otto Götz (am Stand von Die Galerie, Frankfurt), von Neo Rauch bei der Galerie Erik Bausmann aus Halle oder, tatsächlich, von Bob Dylan bei Premium Modern Art, Heilbronn.
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Auf dem Gebiet der Bildkunst -Malerei, Grafik, Fotografie - ist für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei. Die Preisspanne geht von je 280 Euro für Julius Reinders’ abstrakte Digitaldrucke über 2400 Euro für Eberhard Bitters Ölporträts von Promis wie Campino und Moritz Bleibtreu bis 20 450 Euro für eine handkolorierte Radierung von James Rizzi und darüber hinaus.
Die Angebotspalette der Galerien reicht von abstrakt (Werke von Heinz Mack bei der Bonner Galerie Bentler) über geometrisch (Gary Schlingheiders Skulpturen am Stand der Berliner Galerie Burster) und lukullisch (Peter Antons Pralinenpackung-Reliefs bei der Galerie von Braunbehrens, Stuttgart) bis zu künstlich (Gen-Salat und -Blumen von Stefan Gross bei Chiefs & Spirits, Den Haag) oder akrobatisch (Vitali Safronovs „Aufstieg“, Arthus Galerie Zell a. H.). Geheimnisvoll Thomas Kitzingers malerischer Zoom auf eine Agave in der Galerie Schmalfuss aus Berlin; dazu fotorealistisch exakt gemalte Acrylbilder von Jan Peter Tripp.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Art Karlsruhe sind die Skulpturenplätze. Einer der schönsten der in diesem Jahr 24 Plätze wird mit raumgreifenden Tonskulpturen von Reiner Seliger bespielt (Galerie Schrade auf Schloss Mochenthal, Ehingen). Die Galerie Baumgarten aus Freiburg stellt schlanke Frauengestalten des Österreichers Walter Moroder aus. Spektakulär der kurvig verbogene und Pirouetten drehende Motorroller von Stefan Rohrer, vertreten von der Galerie Scheffel aus Bad Homburg.
Messeallee 1, Rheinstetten. Bis 10. Juli, täglich 11 bis 20 Uhr.
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