Mannheim. Das Gebäude sieht derzeit recht trostlos aus. Bis zum Frühjahr war hier in Käfertal-Süd ein Netto-Supermarkt. Aber dem wurde, frisch renoviert, der Vertrag nicht verlängert. Nun steht das Erdgeschoss leer. Im ersten und im zweiten Stock befinden sich vier Wohnungen. Beim Klingeln am obersten Schild öffnet ein Mann. Davon, dass hier ein islamisches Gemeindezentrum mit Moschee entstehen soll, habe er noch nie etwas gehört, sagt er. Sein Mietvertrag sei auch nicht gekündigt.
Moschee-Neubau in Mannheim: altes Gebäude zu klein
Dass diese Pläne existieren, bestätigen dem „Mannheimer Morgen“ jedoch auf Anfrage die Stadt sowie der Islamische Arbeiterverein, der in der Neckarstadt-West das Omar-Al-Faruq-Center betreibt. Ihm sind die dortigen Räume inklusive Moschee in einem Hinterhof schon seit längerem zu klein.
Das in der Neustadter Straße geplante Gemeindezentrum solle etwa 550 Menschen Platz zum Gebet bieten, so der Vorstand. Vorgesehen seien auch Gebetsräume für Jugendliche. Ursprünglich habe man dort zudem eine Kita einrichten wollen, das aber aus Lärmschutzgründen zurückstellen müssen. Für den ebenfalls angedachten Supermarkt werde nach einer alternativen Lösung gesucht.
Neue Moschee in der Neustadter Straße: Grundstück bereits 2017 gekauft
Zum Zeitplan teilt der Islamische Arbeiterverein mit: Sobald die Baugenehmigung vorliege, „möchten wir gerne zügig mit den Umbaumaßnahmen anfangen. Innerhalb von sechs bis zehn Monaten sollte dies erfolgen.“ Bisher wurde nach Angaben eines Stadtsprechers indes noch kein Bauantrag gestellt. Man habe den Verein bei einem gemeinsamen Termin bisher nur darüber informiert, was in dem Gebiet zulässig sei. Nach einer 2022 eingeleiteten Änderung des Bebauungsplans gehörten dazu auch Anlagen für religiöse Zwecke.
Dass das Omar-Al-Faruq-Center hier eine neue Moschee bauen könnte, wurde schon vor sechs Jahren berichtet. Der damalige Vorstand sagte jedoch dem „MM“, der Standort sei zu weit weg vom Zentrum und komme daher nicht in Frage. Nun wird zur Begründung für den Sinneswandel auf die Immobilienpreise und bürokratische Hürden verwiesen. Tatsächlich sei das Grundstück bereits im September 2017 gekauft worden. Der Preis betrug dem Vernehmen nach mehr als eine halbe Million Euro.
Neue Moschee in Mannheim wird nicht aus dem Ausland finanziert
Für die Errichtung des Gemeindezentrums rechne man mit einer hohen sechsstelligen Summe, so der Verein. Vieles „möchten wir selbst in die Hand nehmen“. Finanziert werde das Projekt mit Eigenmitteln, Spenden und Unterstützung von anderen deutschen Islamgemeinden. Auf die Frage, ob auch Geld aus anderen Ländern fließe, etwa aus Saudi-Arabien, heißt es: „Im Vorstand wurde beschlossen, keine Auslandsgelder anzunehmen.“ In der Vergangenheit gab es immer wieder Berichte, arabische Staaten würden Moschee-Bauten in Deutschland bezahlen und damit fundamentalistische Kräfte stärken.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Auch das Omar-Al-Faruq-Center stand mehrfach im Zwielicht. So sollen darin früher zwei Frauen gebetet haben, die sich später dem IS anschlossen. Dazu erklärte der Vorstand damals, er kenne die beiden nicht. Ein Imam, der für radikale Tendenzen angeblich hauptverantwortlich war, hat Mannheim schon vor mehreren Jahren verlassen.
Verfassungsschutz erwähnt Zentrum in Berichten
Auch danach wurde das Zentrum jedoch noch wiederholt in den Berichten des baden-württembergischen Verfassungsschutzes erwähnt, in der Regel im Kapitel über Salafisten im Südwesten. Nun teilt das Landesamt in Stuttgart auf Anfrage mit: „Das bisherige Omar-Al-Faruq-Center ist nach wie vor Anlaufstelle in Mannheim für Personen, die mit salafistischem Gedankengut sympathisieren.“
Mit diesem Vorwurf konfrontiert, erklärt der Vorstand: „Wir distanzieren uns ausdrücklich von jeder Form des Extremismus.“ Als Grundlage für den Umgang miteinander betrachteten sie die Mannheimer Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt, die Diskriminierungen jeder Art ächtet, auch rassistische und homophobe. Zudem wird auf das aktive Engagement im Bündnis der Islamgemeinden dieser Stadt verwiesen.
Das Omar-Al-Faruq-Center sei vielfältig und werde von Menschen aus verschiedenen Nationen besucht, heißt es weiter. Man könne zwar nicht jeden Besucher auf seine Haltungen hin überprüfen. Doch habe eine Mitgliederversammlung im Juli 2022 nicht nur die Distanzierung von jeglichem Extremismus beschlossen, sondern auch folgenden Passus: „Wir setzen uns für ein friedvolles und tolerantes Zusammenleben ein, das auf gegenseitigem Respekt und Verständigung beruht.“
Moschee-Neubau auch Thema im Gemeinderat
Gleichwohl sorgt für Aufregung, dass eine Islamgemeinde im Visier des Verfassungsschutzes in Käfertal eine Moschee bauen will. Nachdem darüber der Bezirksbeirat informiert wurde, hat Grünen-Stadtrat Chris Rihm im Gemeinderat eine fraktionsübergreifende Initiative gestartet. „Mir geht es darum, mit einer sachlichen Einschätzung der Stadtverwaltung Gerüchten entgegenzutreten und Emotionen zu beruhigen“, sagt er.
In fast gleichlautenden Anträgen fordern nun Grüne, SPD, CDU und LI.PAR.Tie Aufklärung. Nach Angaben des Stadtsprechers soll das am 8. November im Integrationsausschuss geschehen. Die Mitglieder des Ausschusses für Sicherheit und Ordnung würden dazu ebenfalls eingeladen. In der Sitzung bekomme auch der Islamische Arbeiterverein die Gelegenheit, sich vorzustellen, sein Vorhaben zu erläutern und Fragen zu beantworten.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-aufregung-um-in-kaefertal-sued-geplante-moschee-_arid,2140581.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/kaefertal.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Moschee-Neubaupläne sind nicht verwerflich