Mannheim. Gäbe es eine Auszeichnung für die letzten Erstbesucher der Bundesgartenschau - Clara Hohlfelder und Valerie Aulebach wären definitiv unter den Nominierten. 14.50 Uhr ist es, als die Mannheimerin und die Ludwigshafenerin ihre Tageskarte am Sonntag kaufen. Doch die beiden Frauen sind bei weitem nicht die einzigen, die den letzten Tag für den allerersten Buga-Besuch nutzen.
Einige von ihnen sind am Panoramasteg zu treffen. Die Plattform über dem Augewässer ist wie immer ein beliebter Fotopunkt. Uwe Pfeiffer aus Neckarhausen ist auch so ein Spätberufener. Zwar hat er seiner Frau beim Landfrauen-Tag an Pfingsten schon einmal auf dem Gelände geholfen. „Gesehen habe ich da aber nichts von Spinelli“, sagt er. Das holt Pfeiffer also am letzten Tag der Buga nach - mit einer Eintrittskarte, die er zu Weihnachten geschenkt bekommen hat.
Im Westen des Geländes rund um Steg, Conversio-Kunstwerk und Panzerwaschanlage kann Pfeiffer entspannt schlendern. Rund um die U-Halle ist es spätestens zur Mittagszeit proppenvoll. Sitzplätze im Biergarten am i-Punkt Grün oder im Spinelli-Garten gibt es keine mehr. Ein älterer Mann mit Tablett, auf dem Bratwürste und Pommes liegen, schaut sich mehrere Minuten lang suchend um. Kein Tisch wird frei. Irgendwann geht er weiter.
26:15 Minuten Seilbahn-Wartezeit
Kurz vor 17 Uhr kommt es zum Fußgänger-Stau auf der Kastanienallee zwischen Campus-Pavillon und Seilbahnstation. Es geht nur im langsamen Gänsemarsch voran. Und doch sind die Wartezeiten vor den Attraktionen auf Spinelli und im Luisenpark überschaubar.
Drei bis fünf Minuten müssen Besucher auf Zugang in die Unterwasserwelt warten, vor dem Südamerikahaus ist die übliche Warteschlange. Immer länger wird im Laufe des Tages wenig überraschend die Schlange vor der Seilbahn. Im Luisenpark geht sie gegen 17 Uhr bis zum Freizeithaus. Auf Spinelli führt ein Zickzackkurs mit vier Abbiegungen und zwei Wendepunkten zu den Gondeln - fast wie in einem Freizeitpark. Wartezeit sind handgestoppte 26:15 Minuten.
"Spinelli war schon toll"
„Es ist schon richtig voll. Das ist mein Eindruck“, sagt Hans Kohlmann. Der Feudenheimer arbeitet in der Verwaltung der Buga-Gesellschaft. Gut zu erkennen ist er an seiner blauen Jacke und der schwarzen Kappe, auf beiden prangt das Logo der Bundesgartenschau.
Gleich beginnt die offizielle Abschiedsveranstaltung auf der Hauptbühne. Da möchte er hin, erzählt er, als er auf der Babymammut-Figur vor der U-Halle sitzt. Wehmut? „Teils teils“, sagt Kohlmann. „Spinelli war schon toll.“ Nach dem Ende der Buga wird er wohl an die Kasse im Luisenpark wechseln. Dort hat er schon vor seiner Buga-Aufgabe gearbeitet.
Mehr als 1100 Hilfeleistungen
Sehr zufrieden zeigen sich André Kühner, Reiner Fleischer, Sabrina Markgraf, Martin Hienel und Jonathan Tillmann, die von den Johannitern am Sonntag im Rettungsdienst-Einsatz sind. Beide Tage verlaufen völlig normal, berichtet Markgraf. Neun Einsätze waren es am Samstag, am Sonntag werden es etwa zehn gewesen sein. Insgesamt verzeichnen die Johanniter an 178 Tagen auf Spinelli mehr als 1100 Hilfeleistungen und 87 Transporte in Krankenhäuser.
An den Kassen kaufen die Menschen den gesamten Tag über noch Tickets, auf den Treppen des Aussichtsturms herrscht reger Gegenverkehr in beide Richtungen und auf den Wegen hinter der U-Halle ist mächtig Gewusel. Nicht wenige Menschen sind traurig, dass die Mannheimer Bundesgartenschau ab Sonntagabend Geschichte ist.
Susanne Grau vom Lindenhof war anfangs nur am Wochenende auf Spinelli und im Luisenpark - in den letzten Wochen aber fast jeden Tag, erzählt die Frau, die gerade unzählige Bilder von den Pinguinen gemacht hat. „Na klar, die Tiere ziehen viele Menschen an. Aber nicht nur die“, findet Grau die Buga total gelungen. Ihre Begeisterung zeigt sie auch. Das orangefarbene offizielle Buga-T-Shirt hat sie von einer Freundin geschenkt bekommen, die für die Bundesgartenschau arbeitet. Wie oft die Lindenhöferin ihre Dauerkarte genutzt hat? Unzählige Male.
Parallelen zu Dortmund entdeckt
Nicht ganz so schwer fällt das Zählen dagegen Vera und Ansgar aus Dortmund, die ihren Nachnamen genauso wenig verraten wollen wie ihre Mannheimer Freundin Anne. Die ist sozusagen deren persönliche Buga-Führerin. Gerade legen sie auf dem Panoramasteg eine Pause ein.
Die Dortmunder wissen, dass eine Stadt mächtig von einer Bundesgartenschau profitieren kann, und erinnern an den Westfalenpark in ihrer Heimat. Für sie geht es nach dem Buga-Besuch auf den letzten Drücker weiter in den Taunus.
Dass viele Gäste am Sonntag tatsächlich zum ersten Mal auf des Gelände kommen, registriert auch Regina Niederhöfer. Mit guter Laune und knallig grüner Jacke steht sie gleich hinter dem Eingang am Luisenpark. Gemeinsam mit Günther Naßhan, Corinna Ihrig und anderen nehmen sie die Besucher in Empfang. „Bei den Mannheimern kommt Wehmut auf und alle wollen noch mal Seilbahn fahren“, sagen die Mitglieder des Freundeskreises der Bundesgartenschau. „Und viele wollen wissen, ob man die Liegestühle kaufen kann“, sagt Niederhöfer und lacht.
Zwei Buga-Fans berichten
Die bunten Liegestühle sind für Pausen genauso beliebt wie die Sitzsäcke auf Spinelli. Gerade zur Mittagszeit nutzen die Besucher nahezu jede Möglichkeit zur Rast. Im Feld mit verwelkten Sonnenblumen packen sie ihre Brote aus und rund um den großen Netz-Spielplatz sind etliche Picknickdecken verteilt. Auf dem Steg drumherum flanieren Dutzende Menschen. „Ich freue mich darauf, wenn das alles irgendwann für alle offen ist“, sagt Maria Zoroddu.
Die ehemalige Landschaftsgärtnerin ist auf dem Lindenhof aufgewachsen, wohnt jetzt im Herzogenried und kennt den Luisenpark sowieso in- und auswendig. Spinelli hat die Ur-Mannheimerin, die ihren Rollstuhl mit Sonnenblumen und einem bunten „Monnem“-Nummernschild aufgemotzt hat, in den letzten 178 Tagen liebengelernt.
Mit einem anderen Blickwinkel hat das auch Markus Uhrig. Gut gelaunt baut er das Stativ für seine Kamera mitten in der alten Panzerwaschanlage auf. Der Feudenheimer ist enthusiastischer Hobby-Fotograf und macht 360-Grad-Aufnahmen von vielen Ecken der beiden Flächen. Die Buga sei ein Paradies für Fotografen: „Blumen, Insekten - man findet hier einfach alles.“
Gähnende Leere in den Regalen
Das gilt nicht so ganz für den Shop mit Merchandise-Artikeln der Buga. Nirgendwo wie dort lässt sich das nahende Ende des Fests so gut ablesen wie dort. Zwar tummeln sich in dem kleinen Raum im Ankunftsgebäude auf Spinelli viele Besucher. Doch in den Regalen: gähnende Leere. Ein paar Tassen, Kappen und Ansteckbuttons warten noch auf Käufer. Es sind noch letzte Flaschenöffner und Buga-Sonnenmilch zu haben. Und Magnete. „Sonst gibt es nix Gescheites mehr“, sagt eine junge Frau, die sich drei unterschiedliche Exemplare geschnappt hat und auf dem Weg zur Kasse ist. Da geht die Sonne über Spinelli langsam unter.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-auf-den-letzten-druecker-zur-mannheimer-buga-das-war-am-sonntag-los-_arid,2133881.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bye-Bye, Buga! Die Bilanz von Mannheims Sommerevent