Mannheim. Ein Moment innerer Einkehr und Wertebesinnung: „Macht Geld glücklich?“, fragt Özcan Cosar sein Publikum im Mannheimer Rosengarten. Aus eigener Erfahrung könne er sagen: Ja!“, frohlockt der Comedian. Aber, i wo: „Spaß Leute, Geld macht nicht glücklich.“ Das habe er letztens gemerkt, als er zur Hochzeit seines besten Freundes eingeladen worden sei - nach einer Dekade der Absenz, in der er immer nur bei TV-Auftritten oder Live-Shows gewesen sei.
Özcan Cosar und die Kunst der doppelten und dreifachen Wendung
Auf besagter Feier sei dann eine Video-Kompilation mit Bildern der vergangenen Jahre gezeigt worden -allesamt ohne ihn. „Und das ist es doch eigentlich, worum’s geht, Leute“, das sei der „Jackpot“: „Freundschaft, Familie, füreinander da sein“, bilanziert der Künstler, was er selbst habe aufgeben müssen. Weh war ihm da im Herzen, als er das Fest verließ. „Dann hab’ ich mich in meinen Ferrari gesetzt - ich sag’: sch …ß auf die Bilder!“
Cosar frönt genüsslich der Kunst der doppelten (oder dreifachen), augenzwinkernden Wendung in seinem aktuellen Programm, dem er just den Namen „Jackpot“ geben hat. Und selbigen hat er in eigener Karriere-Sache wohl sicher geknackt. Man erinnert sich noch gut an seine Mannheimer Auftritte in den 2010er Jahren, als er noch Mitglied der Gruppe RebellComedy war und vor deutlich weniger Menschen auftrat. Inzwischen verkauft Cosar ganz allein den Musensaal des Rosengarten aus - und zwar an zwei Tagen in Folge.
Cosar findet, Musiker haben es einfacher
Doch auch hier gilt es nachzuhaken: Ist das Leben als Erfolgskomiker vielleicht doch nicht so traumhaft? Andere haben es doch viel einfacher, Musiker etwa, auf die sei er „eifersüchtig“, konstatiert Cosar. Die schreiben einen Hit - und seien hiernach 30 Jahre lang berühmt. Ein Komiker muss sich dagegen immer neue Shows ausdenken: „Ich bin voll unter Druck“, wovon er beim Besuch eines unheimlichen Therapeuten anekdotische Erlösung sucht. Viel passiert bei ihm indes im Kontrastfeld der interkulturellen Zuschreibungen und Eigenheiten, im (Sprach-)Raum zwischen dem Türkischen und Schwäbischen (Letzteres sprechen bei dem gebürtigen Stuttgarter sogar Aliens, die im Vorbeiflug an der Erde kurzerhand die Pyramiden bauen). Wobei sich in der jüngeren Zeit viel verändert zu haben scheint: „Türken sind maximalintegriert“, postuliert er, die Deutschen wiederum, scheinen sich inzwischen das Idiom der anderen angeeignet zu haben: „Inschallah, Herr Cosar“, begrüßt ihn da Herr Müller zur Kontoeröffnung in der Bank. „Aber Sie wissen, Zinsen sind haram, Herr Cosar.“
Der Bauchtanz deutscher Frauen
Apropos: Wie hält er es mit dem Thema kulturelle Aneignung? „Das ist doch toll, wenn deutsche Frauen Bauchtanz machen“, urteilt der vormalige Deutsche Breakdance-Meister, der hier ausdrucksstark, temporeich und mit hoher körperlicher Präsenz spielt. Gleichwohl hadert auch der sportive 42-Jährige mit dem Alter. Heute benutze er das „F-Wort“: „Früher …“ Und in diesem Erinnerungssinne kehrt er launig zurück zu den Verfehlungen und Wurstbrötchen-Teufel-Versuchungen der Jugendzeit, und zur Selbstbewusstseins-Initiation beim breitbrüstig auftretenden Schlüsseldienst-Meister, bei dem weiland jobbte. Das scheint ihm jedenfalls nicht geschadet zu haben. Im Gegenteil.
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