Mannheim. Die melancholische Titelmelodie des Films „Der Pate“ erfüllt den Musensaal. „Herzlich willkommen zu einem Kabarettabend mit Özcan Cosar“, kündigt eine Stimme aus dem Off an. „Wir freuen uns auf eine amüsante Gegenüberstellung von deutschen und türkischen Befindlichkeiten.“ Die Bekanntgabe wird jedoch jäh unterbrochen. „Stopp, Alter, so fängt doch keine Show an“, ruft Özcan Cosar. „Ich zeig dir mal, wie das funktioniert.“ Zu dem 90er-Hit „I Like To Move It“ betritt der gelernte Breakdancer unter ohrenbetäubendem Jubel die Bühne.
„Hi, was geht ab, Mannheim?“, ruft er ins Publikum. „Danke, dass wir in so einer Zeit hier zusammensitzen“, sagt er. „Lasst uns einfach Spaß haben und die Welt vergessen heute.“ Der Schwabe mit türkischen Wurzeln beweist, dass ein Komiker bisweilen in Sachen Völkerverständigung mehr Erfolge verbuchen kann, als mancher Vertreter aus der Politik. So tummelt sich bei Cosar, ein multikulturelles Publikum. Gemeinsames Lachen verbindet eben.
Nichtsdestotrotz dürfte auch das inzwischen vierte Programm „Cosar Nostra - Organisierte Comedy“ als Magnet gewirkt haben. Aufgrund von Corona mehrfach verschoben, ist der 41-Jährige sowohl am Sonntag und Montag gleich zweimal im ausverkauften Rosengarten aufgetreten. Dabei hat er nicht nur die Abgründe des Lebens beleuchtet, sondern den Zuschauern auch den Blick aus seiner Perspektive präsentiert.
Cosar sitzt der Schalk im Nacken; die Zuschauer spüren: Dieser Mann hat wirklich Lust darauf, Comedy zu machen. Spannend findet er die Quadrate in der Innenstadt, die er ins Navi eingeben musste. „Q4, 87, Alter. Was ist hier los? Tetris oder was?“ Cosar versteht sein Handwerk.
Der Kabarettist hat zwar einen roten Faden, weicht aber häufig vom Hauptstrang ab, um von einer anderen Geschichte zu erzählen. Dennoch schafft er es stets, die Zuschauer auf Kurs zu halten. Er klärt auf, dass der Titel seines Programms auf keinen Fall bedeute, dass er über Mafiosi scherzen wolle. „Über die Mafia darf man keine Witze machen“, betont er. „Ihr könnt lachen - und ich wache morgen im Fluss auf.“ Cosar führt in reinem Hochdeutsch durch den Abend, in das er jedoch immer wieder schwäbische Passagen einflicht.
Seine Sprache würzt er zudem häufig mit Wörtern wie „Alter“ und „Moruk“, um dem Stereotyp des Ausländers zu entsprechen - und das kommt an. So nutzt er unter anderem weit verbreitete Klischees bezüglich diverser Nationen. Dies tut er aber so charmant, dass ihm keiner böse sein kein. Im Gegenteil, Cosar entlarvt damit die Doppelmoral der Menschen. So findet er etwa die Existenz von Spielautomaten in Dönerläden interessant. „Aber draußen steht: Das Fleisch ist halal“.
Vergleich der deutschen und türkischen Kultur
Überhaupt hat er festgestellt, dass es gute und schlechte Ausländer gibt. „Griechen, Italiener und Spanier - die mögen die Deutschen“, betont er. „Türken, Kurden und Araber, die mag man nicht so.“ So empfände es mancher Gast in einem italienischen Restaurant als liebenswürdig, wenn der Kellner in seiner Muttersprache spricht, weil das an den letzten Urlaub in der Toskana erinnert. Würde im türkischen Lokal der Ober die Gäste auf seiner Sprache begrüßen, mokiere sich mancher, dass er schon so lange hier lebe und immer noch kein Deutsch beherrsche.
Cosar vergleicht auch gern, die deutsche mit der türkischen Kultur, denn aufgewachsen ist er mit beiden. So seien die Deutschen regelkonform und vernünftig während die Türken gerne mal über die Stränge schlagen. Der Komiker erzählt von Unterschieden in der Kindererziehung, Freizeitverhalten und erklärt, warum er als junger Mann Probleme hatte, am Türsteher vorbei in Diskotheken zu kommen. Natürlich steckt auch viel Pathos in seinen Geschichten, doch er sorgt dafür, dass die Stimmung leichtfüßig bleibt. Mit klamaukigen Storys über das Baggerverhalten in Clubs und seiner bei einem Arbeitsunfall gespaltenen Hand sorgt er für Ausgleich.
Mehr Ernst legt er an den Tag, wenn es um die Beziehung zwischen Mann und Frau geht. So versucht er, zwischen den Geschlechtern zu vermitteln. Gar kein Verständnis hat er bei häuslicher Gewalt. „Du bist erst ein Mann, wenn du deine Frau auf Händen trägst“, betont er und erntet damit viel Beifall.
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