Wohngebiet

In Heidelberg entwickeln sich Mark Twain Village und Campbell Barracks mit großen Schritten

Hier wurde bis 2014 europäische Militär- und Demokratiegeschichte geschrieben. Nun entwickelt sich in der Heidelberger Südstadt auf dem einstigen Gelände des Nato- und US-Hauptquartiers vielfältiges Wohnen

Von 
Michaela Roßner
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Heidelberg. Kreativwirtschaftszentrum, Wohnungen für Schwellenhaushalte und Raum für Kultur und Gewerbe: Die beiden Konversionsflächen Campbell Barracks und Mark-Twain-Village in Heidelberg haben sich vom streng abgeschirmten Kasernengelände zum vorbildlichen Wohn-, Arbeits- und Kulturviertel entwickelt. Wo einst europäische Militär- und Demokratie-Geschichte geschrieben wurde, haben Schulen, Kitas und Kultureinrichtungen nun ihre Adresse.

Rund 44 Hektar sind die neuen Quartiere in der Heidelberger Südstadt groß. Seit 2016 werden sie entwickelt. Auf ihrer Sommertour haben sich Oberbürgermeister Eckar Würzner und Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck nun ein Bild gemacht von den Veränderungen. Insgesamt entstehen hier 1500 Wohnungen in Neubau oder Bestand. 70 Prozent davon sind preisgünstiger oder geförderter Wohnraum.

Baugebiet

Die Heidelberger Südstadt füllt sich mit Leben

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Der alte Parkettboden wird gerade frisch gemacht, die Fenster sind ausgetauscht, und vor dem Wohnzimmer wird es noch einen Metall-Balkon geben, der an der Fassade über alle vier Etagen aufgestellt wird: 108 Quadratmeter ist eine der Wohnungen in Mark Twain Village Nord groß, in die demnächst eine alleinerziehende vierfache Mutter mit ihren Kindern einziehen wird.

Der Blick in den grünen Innenhof sei für sie ein besonderes Plus gewesen bei dem Wohnungsangebot, denn so kann sie die spielenden Kinder stets im Blick behalten. Der Preis für die Wohnung ist ebenfalls unschlagbar gewesen: Um Schwellenhaushalten Eigentum zu ermöglichen, werden die Wohnungen von der städtischen Projektgesellschaft MTV Bauen und Wohnen - sie ist ein Zusammenschluss von lokalen Banken und genossenschaftlichen Wohnbauorganisatoren - zehn Prozent unter dem Marktpreis angeboten. Außerdem profitieren die neuen Eigentümer, wenn sie unter bestimmte Einkommensgrenzen fallen, von günstigen Krediten.

„Das Quartier ist ein Paradebeispiel dafür, wie wir als Stadt eine Entwicklung selber steuern können“, sagt Würzner. Das Ziel sei gewesen, sozial verträglichen Wohnungsbau gepaart mit einem attraktiven Wohlfühlquartier zu schaffen. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, findet der Stadtchef. Rund 550 Millionen Euro hätten die lokalen Investoren als Konsortium „in die Hand genommen“, um dieses Ziel gemeinsam zu erreichen. Und so sind die Fortschritte in den einzelnen Abschnitten, in denen schon 2100 Menschen leben:

 

MTV Nord

An der Elsa-Brandström-Straße entstehen in drei Bestandsgebäuden 38 Eigentumswohnungen und in einem Neubau 13 Wohnungen. Entlang der Römerstraße gibt es 24 Mietwohnungen für 54 Menschen sowie Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss. Vermietet wird im Quartier zum Quadratmeterpreis von acht Euro, wie Gero Seidler, Projektleiter der Konversionsgesellschaft, und Paul Schuler, Geschäftsführer von MTV Bauen und Wohnen GmbH, betonen.

MTV West

Doch das Quartier, das die ehemalige Mark-Twain- und heutige Julius-Springer-Schule umrahmt, ist noch nicht fertig: Für die Neubebauung von Mark Twain West sind gerade die Bauanträge eingereicht worden. In drei Gebäuden sollen 122 Wohneinheiten, eine Kita und zwei Gewerbeeinheiten gebaut werden.

Raumkante

„Vielfalt“ ist laut Baubürgermeister Odzuck der Oberbegriff für die „neue Südstadt“: So habe man einen Teil der alten Wohnblocks, in denen die Familien der amerikanischen Streitkräfte lebten, mehreren Wohnprojekten günstig abgegeben, ruft Würzner in Erinnerung. Neben „Hagebutze“, „Konvisionär“ und „Woge“ haben Anfang des Jahres die neuen Bewohner von „Raumkante“ den Holz-Neubau bezogen. In drei großen Wohnungen - die je nach Bedarf zu kleineren Einheiten verändert werden könnten - leben zur Zeit 18 Erwachsene und zwölf Kinder. Das Zusammenleben werde wie in einer Großfamilie organisiert, beschreiben Sabine Schütz und Martin Worret. Drei Wohnprojekte teilen sich einen großen, grünen Innenhof, der gerade für die vielen Kinder ein toller Spielort ist.

Rheinstraße

Über die Römer- und die Rheinstraße wird das neue Quartier verkehrlich erschlossen. Die Straße selbst, durch die auch der Bus 29 fährt, wird noch zur Baustelle und soll später wie die Bahnhofstraße in der Heidelberger Weststadt aussehen: mit einem bepflanzten Mittelstreifen. Die Geschwindigkeit in der Rheinstraße wird auf Tempo 20 reduziert. Auch die Römerstraße soll 2025 zur Baustelle werden: Hier sollen in einen Mittelstreifen Bäume gepflanzt werden. Sie werden auch die beiden Teile des „Anderen Parks“ rechts und links der Römerstraße verbinden. Die Grünfläche zieht sich von Mark Twain Village über den Paradeplatz bis zum Kulturzentrum Karlstorbahnhof.

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Bildungscampus

Die „F+U“-Schulen haben in einem Bestandsgebäude eine Mittelstufe und vorübergehend im Dachgeschoss eine Grundschule eingerichtet. Gegenüber werden vorübergehend Medizinische Assistenten von einer privaten Hochschule ausgebildet. „Langfristig“, berichtet Seidler, bezieht diese Bildungseinrichtung das große Torgebäude an der Ostseite des Paradeplatzes in den einstigen Campbell-Barracks.

„Vitalquartier“

Unter diesem Oberbegriff haben sich an der Westseite des Paradeplatzes in den Gewerbeeinheiten der Neubauten Ärzte, Physiotherapeuten und demnächst eine Logopädin angesiedelt. Die 133 Wohn- und 18 Ladeneinheiten, die sich in acht Gebäuden entlang der John-Zenger-Straße um die begrünten Innenhöfe auf Campbell gruppieren, bilden für Würzner „eines der exklusivsten Quartiere der Stadt in einem sehr grünen Stadtteil“. 86 Bäume sind laut Odszuck gerade auf dem Paradeplatz gepflanzt worden. Natürlich bräuchten sie noch ein paar Jahre, um zu stattlichen Stämmen zu wachsen, reagiert er auf Kritik aus dem Bezirksbeirat, es wären zu viele Flächen versiegelt.

Alte Stallungen

Wo früher die Pferde der Wehrmacht in der ehemals Großdeutschen Kaserne einstanden, sollen bald Unternehmen der Kreativwirtschaft einziehen. Philipp Eisele von den Heidelberger Diensten, die das Zentrum genauso wie das „Dezernat 16“ in Bergheim betreiben, erklärt das Konzept: Die grob sanierten Räume werden zu günstigen Konditionen an „Unternehmen der Phase zwei“ vermietet. Das sind erfolgreich gestartete Gründungen, die nun mehr Platz benötigen, um zu wachsen.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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