Das Redaktionsvolontariat ist eine journalistische Ausbildung zur Redakteurin oder zum Redakteur. Beim „Mannheimer Morgen“ dauert es zwei Jahre. In dieser Zeit arbeiten die Volontärinnen und Volontäre in verschiedenen Bereichen der Redaktion. Neben dem Recherchieren und Schreiben lernen sie, journalistische Inhalte zu planen und passend darzustellen, sei es im Print-Layout oder etwa als Video. Das Volontariat rüstet für den journalistischen Beruf – für die vier aktuellen „MM“-Volontärinnen ist das ein Traumberuf. Hier erzählen sie, warum sie ihn ergriffen haben.
Katharina Koser: "Dieser Beruf wird niemals langweilig"
Ursprünglich wollte ich Gymnasiallehrerin für Musik und Deutsch werden. Diese beiden Fächer habe ich auch studiert und hatte sehr viel Freude daran. Aber nach dem Staatsexamen fehlte mir plötzlich das Lernen. Ich hatte Sehnsucht nach Vorlesungen und Seminaren –danach, mir täglich neues Wissen anzueignen und auch andere Fachbereiche zu erkunden. Gleichzeitig wollte ich kreativ arbeiten und dieses Wissen weitergeben. Das war auch der Teil, den ich am Lehramt so geschätzt habe. Meine beste Freundin ist Journalistin und ich habe sie immer für ihre Arbeit bewundert. Also habe ich Mut gefasst, einen neuen Weg eingeschlagen und mich für ein Praktikum beim „Mannheimer Morgen“ beworben.
Und ich bin geblieben – zuerst als freie Mitarbeiterin, dann als Redaktionsassistentin in der Onlineredaktion, jetzt als Volontärin. Ich habe mich schnell in diesen Beruf verliebt und kann mir nicht vorstellen, dass es mir jemals langweilig werden wird. Ich mag es, Menschen kennenzulernen, die ich sonst wahrscheinlich nie getroffen hätte, und von ihnen zu berichten. Ich darf jeden Tag Neues lernen, mich in Themen aus den unterschiedlichsten Bereichen einfuchsen, sie anderen nahebringen. Und ich darf sie auch wieder loslassen, denn am nächsten Tag steht eine neue spannende Geschichte vor der Tür.
Außerdem steckt eine Idealistin in mir. Nicht nur Nachrichten, sondern auch Hintergründe, Porträts, Interviews, Artikel zu Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft sind wichtig, damit Menschen sich austauschen, miteinander reden und sich eine Meinung bilden können. Ich bin überzeugt, dass der freie Journalismus eine der wichtigsten Säulen einer demokratischen Gesellschaft ist. Und ich bin auch ein bisschen stolz darauf, dass ich ein Teil davon sein darf.
Julia Brinkmann: "Verrückte Geschichten, bessere Welt"
Vor einigen Jahren traf ich mich nach langer Zeit wieder mit einem alten Schulfreund. Er erzählte mir, wie er mit seiner heutigen Frau zusammen gekommen ist: Er hat sich bei ihr in einem Brief als „Freund“ beworben, und später dann, auch via Brief, eine Beförderung zum „Ehemann“ beantragt. Lachend sagte ich ihm: Du, diese Geschichte muss ich eigentlich irgendwann mal erzählen! Leider wohnt mein Schulfreund in Wuppertal, also nicht in der Nähe von Mannheim. Aber eben solche verrückte Geschichten sind es, die mir unendlich viel Spaß machen. Sie sind manchmal vielleicht banal, aber sie zeigen, wie schön das Leben ist.
Gleichzeitig ist die Welt aber voller Probleme. Voller komplexer Probleme. Ich will sie erkennen, erklären und die Zusammenhänge beleuchten. Wie wichtig diese Aufgabe ist, zeigt derzeit die Coronakrise. Im Hinblick auf die Klimakrise wird sie noch viel wichtiger werden. Als Journalistin zeige ich, was in Zukunft besser laufen könnte. Dafür stelle ich verschiedene Sichtweisen und Lösungsvorschläge dar: Denn um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, muss es Kompromisse geben.
Sophia Gehr: "Neuer Tag, neues Thema"
Anfangs wollte ich Journalistin werden, weil mir das Fach Deutsch in der Schule Spaß gemacht hat. Schreiben lag mir. Zudem war ich Fan von diversen Sportmoderatorinnen. Dann haben mich Praktika und freie Mitarbeit beim Regionalfernsehen in meinem Heimatort dazu bewogen, Medien- und Kommunikationswissenschaft zu studieren. Und auch das hat mich überzeugt, in den Redaktionsalltag eintauchen zu wollen, Geschichten zu schreiben. Aber letztlich habe ich erst während meines Volontariats beim „MM“ gemerkt, was genau ich an diesem Beruf liebe: Es ist das täglich Neue. Man lernt nie aus.
Jeden Tag trifft man als Journalistin neue Leute, wagt sich an neue Themen heran. Wird bundesweit plötzlich über Materialmangel in der Wirtschaft diskutiert, dann sucht man Gesprächspartner. Man recherchiert. Welche Branchen sind besonders betroffen? Kann ich mit einem Handwerker aus der Region sprechen? Auch wenn es vor Redaktionsschluss manchmal stressig wird – am nächsten Morgen steht eine neue Geschichte im Blatt. Und das, obwohl man einen Tag zuvor noch nicht einmal das Thema gekannt hat. Deshalb will ich Journalistin werden.
Anika Pfisterer: "Dreht die Fragen laut!"
Kinder stellen Fragen laut. Erwachsene stellen sie leise. Manchmal so leise, dass sie sie selbst nicht mehr hören. Journalismus heißt, die Fragen im Kopf wieder laut zu drehen. Warum in aller Welt gibt es einen Katzenkastrationstag? Was halten Sprachexperten vom Gendern – und was Sprachexpertinnen? Wer holt meine ausrangierten Pullis wieder aus dem Altkleidercontainer? Wer verdient daran?
Wer mehr fragt, sieht mehr. Journalismus ist für mich, als setze ich im Kino die 3D-Brille auf. Die Welt bekommt eine neue Ebene aus Geschichten und Erklärungen. Das Schöne: Als Journalistin recherchiere ich die Antworten nicht alleine für mich, sondern für eine Leserschaft. Ihr lege ich eine Abkürzung, wenn ich selbst am Ziel angekommen bin, nachdem ich Fakten eingesammelt, ausgesiebt und verknüpft habe. Auch wenn Stift und Laptop helfen – mein wichtigstes Werkzeug ist und bleibt mein Kopf. Denn da, wo die Fragen entstehen, entstehen am Ende auch die Antworten.
Schon während der Fragenreise sind die Leserinnen und Leser übrigens dabei. Beim Interview flüstert der Herr auf der rechten Schulter: „Bohr nochmals nach!“ und die Dame links: „Ich will meine Zeitung pünktlich im Briefkasten!“ Naja – ein bisschen Zeitdruck hält die Sache ja spannend. Oder ist die Stressforschung da weiter? Ich frage mal nach.
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