75 Ideen für ein besseres Mannheim – Teil 15 - Sitzplätze für spontane Besuche oft schnell besetzt

Mannheim, wie wär’s mit … mehr Biergarten-Feeling?

Von 
Sebastian Koch
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Eine Rarität: Klassische Biergärten mit Bäumen, Holzstühlen und Schotter, wie etwa das Estragon, gibt es in Mannheim noch viel zu selten. © Thomas Tröster

Mannheim. Die regnerischen Tage liegen, glaubt man den Wetterprognosen, erst einmal hinter uns. Bis zu 30 Grad soll es am Wochenende in Mannheim geben – zwar trübt die eine oder andere Wolke am Himmel das Sommer-Feeling, aber: Ein kühles Bier (oder ein anderes Getränk …) in einem gemütlichen Biergarten in Mannheim klingt nach einem verheißungsvollen Plan. Wäre da nicht der Mangel an eben solchen Biergärten. Mannheim, wie wäre es also mit mehr Biergärten-Feeling?

Natürlich, es gibt sie, die schönen, großen Biergärten im klassischen Stil, in denen für uns, unter hohen Bäumen auf Holzstühlen sitzend, Biergarten-Feeling aufkommen kann. Zweifelsfrei lässt sich das etwa im Neckarauer „Estragon“, in der Käfertaler „Waldpforte“, dem Feudenheimer „Neckartal“, am Flughafen im „Lindbergh“ oder in der „Eichbaum“-Brauerei erleben. Ja, vielleicht ließen sich selbst die noch verhältnismäßig großflächig bestuhlten Außenflächen bei N 1 oder vor der „Zentrale“ nennen – wobei hier schon hohe, schattenspendende Bäume fehlen. Generell lässt sich sagen: Geeignete Flächen sind rar, die Plätze schnell besetzt, wirkliches Biergartenfeeling kommt in Mannheim deshalb nur selten auf.

Mal eben spontan selbst mit einer nicht übermäßig großen Gruppe von vier bis sechs Freundinnen und Freunden an einem sonnigen Tag nach Feierabend in den Biergarten? Schwierig – ganz nach dem Motto: Ein spontaner Biergartenbesuch will gut vorbereitet sein.

Die Stadt verweist auf Anfrage darauf, dass die „Gastronomie in der Mannheimer Innenstadt“ bei der bislang letzten Passanten-Befragung „Vitale Innenstädte“ von den Befragten zwar mit der Note 1,9 bewertet worden war und damit besser als bei den Erhebungen 2014 (2,2) und 2016 (2,1), betont aber gleichzeitig: Die Befragung habe auch „den Wunsch nach mehr Gastronomie, zum Beispiel nach einem Biergarten und Brauhaus (im Jahr 2018) ergeben“. Mit Blick auf die „Lebendigkeit und Verlängerung der Aufenthaltszeit in der Stadt auch in den Abendstunden“ sei mehr Außengastronomie deshalb auch von städtischer Seite erwünscht, heißt es.

Geringere Ansteckungsgefahr

Neben dem Vergnügen sprechen weitere Gründe dafür, dass sich Stadt sowie Besitzerinnen und Besitzer von bewirteten Privatgrundstücken um mehr Außengastronomie kümmern sollten: Wo etwa draußen in Biergarten-Atmosphäre gespeist und getrunken wird, bietet es sich an, Flächen zu begrünen. Sei es aus rein praktischer Sicht (etwa mit Hecken und Sträuchern zur Begrenzung von Sitz- und Bewirtungsbereichen oder mit hohen Bäumen als Schattenspender) oder aus ästhetischen Gesichtspunkten – die Stadt könnte durch mehr Biergärten tatsächlich auch etwas grüner werden. Außerdem ist das Ansteckungsrisiko, gerade in Pandemie-Zeiten, im Freien wesentlich geringer als in geschlossenen Räumen.

Der Prototyp eines gemütlichen Biergartenkonzepts liegt in den Augen vieler im bayerischen Modell. Zu den großen, schattenspendenden Kastanienbäumen kommt Schotter oder Kiesel als Untergrund. Beide Materialien eignen sich, um Flächen nicht zu stark zu versiegeln, erklärt Frank-Ulrich John vom bayerischen Dehoga-Landesverband. Sicherlich niemanden weiterbringen wird in diesen auch für die Gastronomie schwierigen Pandemiemonaten die zweite Eigenheit, die aus dem bayerisch-fränkischen Biergartenbrauchtum bekannt ist: das Abholen der Getränke an einer Biertheke (mit wahrscheinlichem Schlangestehen) sowie das gleichzeitige Mitbringen von eigenen Speisen (zumindest in Teilen der Biergärten, in Bayern Bierkeller genannt).

Der Brauch geht historisch darauf zurück, dass Bier in Kellern gelagert worden war, um es kühl zu halten. „Die oft vor den Toren der Stadt gelegenen Bierkeller bekamen später zwar ein Ausschankrecht, jedoch kein Recht auf den Verkauf von Speisen“, erklärt John. „Um zu verhindern, dass der Alkohol seine Wirkung voll entfalten kann, war es erlaubt, selbst eine Brotzeit mitzubringen und sie vor Ort zu verzehren.“

Ob ein solcher Brauch auch im Südwesten funktionieren würde? „Nachfragen nach solchen Angeboten sind uns nicht bekannt“, teilt Daniel Ohl vom baden-württembergischen Landesverband des Dehoga mit. „Es wird vielmehr erwartet und gästeseitig gewünscht, dass ein Biergarten für seine Gäste auch ein Speisenangebot bereithält.“ Rechtliche Hindernisse, ein solches Konzept anzuwenden, könne er aber nicht erkennen.

Verlockende Vorstellung

Allerdings – und das gilt es bei allen Überlegungen zur Gastronomie der Fairness halber auch zu berücksichtigen: Gerade in Monaten der Pandemie – und sicherlich auch in den ersten post-pandemischen – wäre ein solches Konzept für die schon existierenden und finanziell angeschlagenen wenigen Biergärten in Mannheim wohl kaum umsetzbar, zu groß wären wohl die Verluste.

Und danach? Mehr bayerisches Biergarten-Feeling auch in Mannheim? Der Gedanke klingt verlockend. Irgendwann bietet sich vielleicht doch eine solche Chance. Bis dahin aber wären schon ein paar Biergärten mehr in Mannheim nach klassischem Prinzip wünschenswert. Dann ist es auch möglich, spontan den Feierabend unter hohen Bäumen mit einem Getränk zu genießen. Mannheim, wie wäre das?

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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