Frankfurt. Mitunter reibt man sich die Augen über das, was sich in der deutschen Finanzszene tut. Die Finanzaufsicht BaFin hat jetzt die „Königreich Deutschland Gemeinwohlkasse“ faktisch geschlossen. Sie darf keine Einlagen mehr entgegennehmen. Die BaFin bestellte einen Anwalt, bei dem Kundinnen und Kunden bis Ende November Forderungen anmelden können. Hinter der dubiosen Gemeinwohlkasse steht der zu den Reichsbürgern zählende Peter Fitzek, der seit Jahren vom Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt beobachtet wird und sich seit 2012 als „König“ des „Königreichs Deutschland“ tituliert. Die BaFin hat gleichzeitig untersagt, dass die Gemeinwohlkasse in ihren Räumen in Ulm weiter unerlaubte Einlagen- und Versicherungsgeschäfte betreibt.
Dort seien zuletzt wieder Einlagen angenommen worden mit dem Versprechen, sie würden später wieder zurückgezahlt. Damit betreibe Fitzek, so die BaFin, erneut das Einlagengeschäft, obwohl dazu eine Zulassung laut Kreditwesengesetz notwendig sei. Die aber besitzt Fitzek nicht. Außerdem sei er unter dem Namen „Deutsche Heilfürsorge“ erneut im Versicherungsgeschäft aktiv. Auch dafür fehlt ihm eine Zulassung. Gelder erhalte er von der „Gemeinwohlkasse“, was ebenfalls nicht erlaubt sei. Fitzek residiert im ostdeutschen Wittenberg.
Anlagen für „neues Gemeinwesen“
Die BaFin schätzt, dass einige hundert Anlegerinnen und Anleger, vermutlich aus dem Umfeld der Reichsbürgerszene, der dubiosen Kasse Geld anvertraut haben, von kleinen Beträgen bis zu vier- und fünfstelligen Summen. Weil die „Gemeinwohlkasse“ keine Banklizenz besitzt und unerlaubte Geschäfte betreibt, sind die Einlagen nicht geschützt.
Die „Filiale“ in Ulm ist seit mehreren Tagen angeblich wegen Betriebsurlaub geschlossen. Sie war erst im September vergangenen Jahres eröffnet worden. Die Kasse wirbt um Einlagen, mit denen man sich an angeblich am Gemeinwohl ausgerichteten Projekten mit Rendite beteiligen kann und damit den Aufbau eines „neuen Gemeinwesens“ ermögliche. Zinsen werden nicht gezahlt. Über einen „Kapitalüberlassungsvertrag“ muss man mindestens 49 Euro zur Verfügung stellen. Eine Rücküberlassung des Geldes in Euro bestehe nicht.
Normale Überweisungen und Bezahlvorgänge im Handel sind mit dem Konto nicht möglich. Das Geld könne aber von Euro eins zu eins gebührenfrei in sogenannte E-Mark getauscht werden, mit denen man bei bestimmten Unternehmen im „Rechtskreis des Königreich Deutschland“ und damit nur über den eigenen „Marktplatz“ Kadari.net (KaufdasRichtige) einkaufen könne, wirbt Mario Garro, der die „Filiale“ in Ulm betreibt. Das Angebot ist freilich sehr überschaubar. Die „Gemeinwohlkasse“ sei nicht Teil des internationalen Finanzsystems und somit die einzige Alternative zum derzeitigen System. „Die Gemeinwohlkasse ist eine Initiative des Königreiches Deutschland. Sie steht für ein neues dauerhaft stabiles und unabhängiges Geld- und Finanzwesen“, heißt es auf der Homepage. Werbung betreibt die Gemeinwohlkasse auch mit Videos auf YouTube.
Die BaFin liegt seit Jahren immer wieder im Clinch mit dem 55-jährigen Fitzek und seinen unter verschiedenen Namen firmierenden „Banken“ wie „Kooperationskasse“, „Königliche Reichsbank“ und „Gemeinwohlkasse“. Eine Banklizenz hat er nie besessen. Das sei schon ein „Dauerbrenner“ heißt es bei der BaFin. Allmählich aber reicht es den Finanzaufsehern offenbar. Und offensichtlich auch dem Vermieter in Ulm, wo die „Gemeinwohlkasse“ immer wieder für Diskussionen sorgt. Den Mietvertrag hat er zum 30. Juni gekündigt.
Das „Königreich Deutschland“ wiederum nennt als Projekte auf der Homepage neben der „Gemeinwohlkasse“ einen TV-Sender, die „Deutsche Heilfürsorge“, die erwähnte „Königliche Reichsbank“ oder die „Erneuerte Vereinte Nationen“. Fitzek, der selbst ernannte „König“, war 2017 wegen Untreue und unerlaubter Bankgeschäfte vom Landgericht Halle zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden.
Urteil wieder aufgehoben
Es ging dabei um rund 2,4 Millionen Euro, die knapp 500 Anleger der damaligen „Kooperationskasse“, einem Vorläufer der Gemeinschaftskasse, zwischen 2010 und 2013 überlassen hatten. Allerdings hat der Bundesgerichtshof das Urteil 2018 wieder aufgehoben und zur Neuverhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Fitzek zufolge ist das Verfahren eingestellt.
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