Finanzen

Kündigungsrekord bei Riester: Warum Ausstieg nicht die beste Wahl ist

Immer mehr Deutsche geben ihre staatlich bezuschusste Altersvorsorge auf. Meistens gibt es aber andere Möglichkeiten – Finanztip rät zu diesen Alternativen.

Von 
Saidi Sulilatu
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Viele Verbraucher sind mit ihrem Riester-Vertrag unzufrieden – dabei kann er sich für Familien und Alleinerziehende durchaus lohnen. © Getty Images

Berlin. Vor fast 25 Jahren wurde die Riester-Rente eingeführt. Sie sollte die wachsende Rentenlücke schließen und eine stabile private Vorsorge schaffen. Dieses Ziel wurde deutlich verfehlt. Über fünf Millionen Riester-Verträge wurden in den vergangenen Jahren bereits gekündigt, obwohl die Kündiger damit ihre staatliche Förderung verlieren. Allein von Januar bis August 2025 gab es noch mal fast 220.000 Kündigungen, wie eine Finanztip-Recherche zeigt. Setzt sich dieses Tempo fort, dürfte 2025 ein Rekordjahr bei der Riester-Flucht werden.

Was tut sich auf politischer Seite, um diesem Debakel bei der privaten Altersvorsorge beizukommen? Mit der Frühstart-Rente will die Bundesregierung ab 2026 einen neuen Versuch für eine staatlich geförderte Altersvorsorge wagen. Kinder zwischen 6 und 18 Jahren sollen künftig monatlich zehn Euro vom Staat in ein Depot für die Altersvorsorge eingezahlt bekommen. Doch greift dieser Ansatz nicht zu kurz? Müsste wirkliche Hilfe nicht bei allen ansetzen? Vor allem Berufseinsteiger, Alleinerziehende und Geringverdiener brauchen Unterstützung, damit sie ihre private Altersvorsorge aufbauen können.

Was müsste sich bei der Altersvorsorge ändern? Fünf Lehren

  • Kosten senken : Produkte müssen einfach und günstig sein. Die jährlichen Gesamtkosten sollten auf maximal 0,5 Prozent des angelegten Geldes gedeckelt sein. ETFs bieten sich als günstige Anlageform an.
  • Garantien kosten Geld : Die Beitragsgarantien haben Riester-Verträge unrentabel gemacht. Eine Option, ohne Garantie zu sparen, erhöht die Chance drastisch, mit der Rendite die Inflation schlagen zu können.
  • Freie Auszahlungsformen : Angespartes Geld wird Sparern überwiegend als Rente ausgezahlt. Ist beim Tod noch Geld im Vertrag, sieht die Familie meist nichts davon. Das Kapital sollte auch als Einmalbetrag entnommen werden können und vererbbar sein.
  • Automatische Teilnahme: Eine staatlich geförderte Altersvorsorge sollte als Opt-out-System aufgesetzt sein. Wer nicht widerspricht, ist automatisch dabei. Das würde mehr Menschen in die Vorsorge bringen.
  • Einfache Förderung: Die Riester-Rente war bürokratisch und verursacht hohe Beratungskosten. Steuerregeln und Anträge müssen einfach sein, um Vertrauen zu schaffen. Und in der Auszahlungsphase sollten die Renten transparent besteuert werden – mit einem Freibetrag für kleine Renten.

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All das sind noch Vorschläge für eine notwendige, breite Reform der privaten Altersvorsorge in Deutschland. Die Überführung von Riester-Verträgen in ein neues Vorsorgeprodukt ist zwar im Koalitionsvertrag geplant, aber nicht beschlossen. Daher bleibt bei Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin die Frage, wie sie mit einem bestehenden Riester-Vertrag umgehen sollen.

Riester-Verträge: Diese Optionen bestehen

Wegen der speziellen Förderungen lohnt sich Riester vor allem für Familien und Alleinerziehende mit geringen Einkommen und mehreren Kindern. Für jedes ab 2008 geborene Kind gibt es 300 Euro im Jahr, 185 Euro für davor geborene Kinder. Die Grundzulage beträgt jährlich 175 Euro. Außerdem spielt die Steuerersparnis eine Rolle. Sie hängt von der Höhe der Zulagen und dem Einkommensteuersatz ab.

Neben der Lebenssituation kann sich ein Riester-Vertrag auch lohnen, wenn er alt ist. Verträge, die Anfang des Jahrtausends abgeschlossen wurden, haben oft einen hohen Garantiezins. Sparer, die mit ihrem Riester-Vertrag zufrieden sind, können diesen weiter besparen.

Wer unzufrieden mit seinem Riester ist, hat mehrere Möglichkeiten

  • Ist das Riester-Guthaben geringer als die eingezahlten Beiträge und Zulagen, sollte es beitragsfrei gestellt werden. Zur Rente muss der Anbieter auf dem Konto nämlich mindestens alle Einzahlungen bereithalten.
  • Liegt die monatliche Rente unter 37,45 Euro, kann man sich zu Ruhestandsbeginn für eine Auszahlung des gesamten Kapitals auf einen Schlag entscheiden.
  • Eine weitere Option für einen ungewollten Riester-Vertrag ist der Wechsel. Der lohnt sich aber oft nur von einem Riester-Renten-Vertrag hin zu einem Riester-Fonds-Sparplan.
  • Riester-Guthaben lässt sich zudem für eine selbst bewohnte Immobilie nutzen. Beim Wohn-Riester wird das Guthaben zum Kaufen, Bauen, altersgerechten Umbauen oder energetischen Sanieren entnommen. Vorteil hier: Die Zulagen und Steuervorteile muss man nicht zurückzahlen. Der Betrag wird auf einem fiktiven Wohnförderkonto eingebucht. Die Besteuerung erfolgt nachgelagert zum Renteneintritt.

Eine Kündigung sollte nur die letzte Wahl sein, denn oft überwiegen die Nachteile. Sie führt nämlich zum Abzug der gesamten staatlichen Förderung, also Zulagen und Steuervorteile. Außerdem bekommt man die Abschlusskosten, Fondskosten und Verwaltungsgebühren bei einer Kündigung nicht zurück.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Deutschlands führender Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der gemeinnützigen Finanztip-Stiftung.

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