Porträt - Karin Rådström verantwortet das Lastwagen-Geschäft von Mercedes-Benz – wie tickt die Managerin?

Karin Rådström - so tickt die Lkw-Chefin von Mercedes-Benz

Von 
Alexander Jungert
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Karin Rådström in einem eActros. Die Managerin hat einen Lkw-Führerschein und tourt manchmal auf dem Werksgelände in Wörth. © Daimler Truck AG

Mannheim. Karin Rådström beschreibt ihren Führungsstil als „tough love“, als harte Liebe. „Ich habe hohe Erwartungen an mein Team und an mich selbst“, sagt sie. „Mit der guten Absicht, jede und jeden zum Erfolg zu befähigen.“

Die Schwedin, 43 Jahre alt, ehemalige Profi-Ruderin, sitzt im Vorstand von Daimler Truck. Als einzige Frau unter sieben Männern. Sie ist Chefin der Kernmarke Mercedes-Benz Lkw, zudem verantwortlich für die Regionen Europa und Lateinamerika. Mehrfach ist sie schon mit ihrem Team in Lastwagen unterwegs gewesen und hat auch darin übernachtet. Wie die Fahrer einer Spedition.

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„Verstehen tue ich fast alles“

Zum Gespräch treffen wir uns im Branchen-Informations-Center Wörth. Dort holen Kunden ihre neuen Lastwagen ab. Auf der anderen Straßenseite ist das Montagewerk, das weltgrößte von Mercedes-Benz. „Meine Deutschkenntnisse sind ausbaufähig und ich lerne ständig - verstehen tue ich fast alles. Mit Kunden spreche ich Deutsch, wenn sie kein Englisch können. Das ist aber nicht immer Hochdeutsch, eher Pfälzisch oder Schwäbisch“, erklärt Rådström lachend. Das Gespräch führen wir auf Englisch.

Rådström ist Ingenieurin, sie hat an der Königlich Technischen Hochschule Stockholm studiert. Ihre Karriere begann beim schwedischen Lastwagenhersteller und Daimler-Truck-Konkurrenten Scania, unter anderem als Leiterin der Bussparte. Wegbegleiter beschreiben sie als starke Führungskraft, schnelle Entscheiderin und immer ansprechbar für Mitarbeiter.

Im Frühjahr 2021 wurde Rådström abgeworben und kam zu Daimler Truck. Einige Analysten sind der Ansicht, auf ihren Schultern lastet die größte Verantwortung. Denn die Kernmarke Mercedes-Benz muss saniert werden. Bei der Marge ist die Konkurrenz davon gefahren. Ein Sparprogramm läuft bereits, die Kosten sollen runter. Die anhaltende Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine machen es Daimler Truck dabei nicht leichter, aufzuholen.

Daimler Truck

  • Daimler Truck ist nach eigenen Angaben einer der weltweit größten Nutzfahrzeughersteller.
  • Seit 2021 ist das Unternehmen eigenständig und an der Börse notiert, zuvor ist es Teil der ehemaligen Daimler AG gewesen.
  • Die ersten Nutzfahrzeuge aus dem Hause Daimler gab es schon vor 125 Jahren.
  • Der Dax-Konzern hat mit Mannheim und Wörth zwei große Standorte in der Region mit insgesamt rund 18 000 Beschäftigten. In Mannheim befindet sich das Werk von Mercedes-Benz (Lkw-Motoren, Batteriekomponenten) sowie die Fabrik von Daimler Buses, in der Stadtbusse hergestellt werden. In Wörth (Pfalz) ist das Lkw-Montagewerk von Mercedes-Benz.
  • Weltweit arbeiten mehr als 100 000 Menschen für Daimler Truck.
  • Zu den Konkurrenten der Lastwagensparte zählen die VW-Tochter Traton (Scania, MAN), Volvo Trucks und Iveco.

Rådström äußert unverhohlen Kritik. Lange Zeit habe man den Kunden zu wenig in den Mittelpunkt gestellt und an ihm vorbei produziert, sagt sie. Das soll nun vorbei sein. Die Zusammenarbeit, etwa schon bei der Entwicklung eines Lastwagens, sei deutlich ausgeprägter als früher.

Von Amts wegen ist Rådström verantwortlich für das Montagewerk von Mercedes-Benz in Wörth. Der Mannheimer Mercedes-Benz-Standort hingegen, hier werden Lkw-Motoren gebaut und Batteriekomponenten montiert, fällt unter die Verantwortung von Rådströms Vorstandskollegen Andreas Gorbach (Truck Technology).

Zeit für die Familie

Spitzenmanagerin eines Dax-Konzerns zu sein, ist ein knochenharter Job. Wenn möglich, hält sich Rådström jeden Tag zwischen 18 und 20 Uhr frei. Diese Zeit gehört ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Alles unter einen Hut zu bekommen, ist nicht leicht. Für Rådström gehört zur Wahrheit: „Man kann nicht in allen Bereichen des Lebens perfekt sein, sondern muss seine Rollen ausfüllen, so gut es eben geht.“

Bis zum Ende dieses Jahrzehnts hat Rådström das Ziel ausgegeben, mehr elektrische Lastwagen zu verkaufen als nicht-elektrische. Daimler Truck setzt in seiner Strategie zum einen auf batterieelektrisch angetriebene Lastwagen, zum anderen auf Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Gelingt die Transformation in die Ära der Elektromobilität?

Seit Oktober 2021 wird der elektrisch angetriebene eActros in Wörth in Serie produziert, die Batteriepakete kommen aus Mannheim. Dass das große Wort Transformation in der Belegschaft für Unsicherheit sorgen mag, kann Rådström verstehen. „Klar, die Beschäftigten werden teilweise andere Fertigkeiten brauchen als in der Vergangenheit. Die Aufgabe des Managements ist es, alle auf dieser Reise mitzunehmen.“ Gleichzeitig hebt sie hervor: Man könne stolz darauf sein, Teil der Transformation zu sein und die Chance zu haben, die Transportindustrie nachhaltiger zu gestalten.

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Die Managerin lebt mit ihrer Familie in Stuttgart, der Campus von Daimler Truck befindet sich unweit in Leinfelden-Echterdingen. „Stuttgart ist grün, und ich bin gerne draußen - zum Laufen oder zum Fahrrad fahren“, sagt Rådström.

Ab und zu schafft sie es sogar an den Neckar zum Rudern, ihre Leidenschaft. Noch vor einigen Jahren war Rådström Profisportlerin. Mit der schwedischen Ruder-Nationalmannschaft holte sie zwölf Goldmedaillen bei der nationalen Meisterschaft.

Als Profisportlerin lerne man Dinge, die auch für die berufliche Karriere wichtig seien, ist Rådström überzeugt. Wie Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen. Oder eben „tough love“.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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