Verkehr - Daimler Truck setzt bei Stadtbussen zunehmend auf vollelektrische Fahrzeuge / Ein Modell soll durch zusätzliche Brennstoffzelle weiter fahren können

Daimler Buses: Stadtbusse für Europa ab 2030 rein elektrisch

Von 
Alexander Jungert
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Ein eCitaro-Elektrobus an der Haltestelle Luzenberg in Mannheim. © Daimler Truck

Mannheim. Till Oberwörder würde am liebsten überall elektrische Busse sehen: in der Stadt, über Land und auf der Langstrecke. Und das am besten rund um den Globus. „Wir wollen unseren Beitrag leisten, um den Klimawandel zu bekämpfen und Teil einer Verkehrswende zu sein“, sagt der Chef von Daimler Buses, der Bussparte von Daimler Truck, auf der Bühne im Mannheimer Werk.

Die Veranstaltung heißt „eMobility Days“, Tage der Elektromobilität. Zwei eCitaro stehen in der Halle, ein paar Meter weiter blickt Autopionier Carl Benz von einem überdimensionalen Porträt herab. Die nächsten Tage sind Kunden und Geschäftspartner eingeladen. Zur Eröffnung der „eMobility Days“ kommen erst einmal Manager, Branchenexperten, Medienvertreter und Politiker. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist da.

Bis zum Jahr 2030 will Daimler Buses für jedes Segment elektrische Antriebe anbieten. In Europa gibt es schon seit Ende 2018 den Stadtbus eCitaro, der in Mannheim gebaut wird. Der erste elektrische Überlandbus ist ab 2025 geplant. Und elektrisch angetriebene Reisebusse soll es ab dem Ende dieses Jahrzehnts geben. Bei der Technologie hält es Daimler Buses wie die „Kollegen“ bei den Lastwagen - und fährt eine duale Strategie. „Das heißt, wir werden sowohl batterie-elektrische als auch mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge anbieten“, erklärt Oberwörder. Gerade beim Reisebus sei der Brennstoffzellen-Antrieb aufgrund der kurzen Tankzeiten und der großen Langstreckenfähigkeit eine wichtige Option.

Daimler Buses hat nach eigenen Angaben bisher rund 600 eCitaros verkauft und ist Marktführer in Deutschland. Zu den größten Konkurrenten des Dax-Konzerns zählen MAN und der niederländische Hersteller VDL. Wie die Zulassungszahlen zeigen, legen Elektrobusse europaweit weiter zu. Das Marktpotenzial gilt als riesig, zumal die politisch beschlossenen Klimaschutzziele erreicht werden müssen.

Hohe Investitionen

Für die Kundschaft, meist Verkehrsbetriebe, bedeutet das hohe Anfangsinvestitionen. Ein Elektrobus kostet im Vergleich zu einem Fahrzeug mit Dieselantrieb etwa das Doppelte, der Preis hängt stark von der jeweiligen Ausstattung ab. Zudem müssen Kunden Geld in den Umbau der Betriebshöfe und in das Lademanagement stecken. Für das nachhaltige Image sind Elektrobusse nützlich: Schließlich sollen lokal keine Emissionen anfallen, und in Innenstädten soll weniger Lärm verursacht werden. Ab spätestens 2030 will Daimler Buses bei Stadtbussen nur noch emissionsfreie Neufahrzeuge anbieten. Das Management erklärt, man wolle „ganz bewusst“ nicht mehr in die künftige Abgasnorm Euro VII investieren.

Dass Schreckensnachrichten wie aus Paris die Nachfrage dämpfen könnten, davon geht Daimler Buses nicht aus. Dort war am vergangenen Freitag schon zum zweiten Mal innerhalb eines Monats ein Elektrobus in Brand geraten. Folglich nimmt die Pariser Verkehrsgesellschaft RATP 149 Fahrzeuge dieses Typs vorübergehend von der Straße. Hersteller ist Bluebus. Die Suche nach der Brandursache läuft.

Die Auslastung im Mannheimer Werk von Daimler Buses mit rund 3500 Beschäftigten ist stabil. Wer heute einen eCitaro bestelle, bekomme ihn am Ende dieses Jahres, erklärt Oberwörder. Als nächste Schritte will das Unternehmen noch 2022 die dritte Generation der Lithium-Ionen-Batterie auf den Markt bringen. Damit soll die Reichweite im Vergleich zum Vorgänger-Modell nochmals gesteigert werden. „Und 2023 bringen wir unseren eCitaro mit Brennstoffzelle als Range Extender, sprich: Das ist kein reiner Wasserstoff-Bus, sondern es gibt zusätzlich zur Batterie eine Brennstoffzelle als Reichweiten-Verlängerung“, sagt Oberwörder. Die Brennstoffzelle liefert derzeit noch Toyota. Eines Tages könnte sie aus der geplanten Fabrik von Cellcentric, einem Gemeinschaftsunternehmen von Daimler Truck und Volvo, in Weilheim an der Teck (Kreis Esslingen) kommen.

„Reichweitenangst hat ein Ende“

Michael Klein, der Entwicklung und Produktion bei Daimler Buses verantwortet, meint, mit der neuen Batteriegeneration und mit dem eCitaro Range Extender habe „die Reichweitenangst“ ein Ende. „Wir können nun Stadtbusse mit Verbrennungsmotor 1:1 ersetzen.“ Laut Klein wurde die Reichweite des eCitaro als Solobus in vier Jahren um mehr als 80 Prozent gesteigert, beim Gelenkbus sogar um etwa 120 Prozent. Damit erziele der eCitaro Range Extender bei durchschnittlichen Anforderungen ohne Nachladen als Solobus rund 400 Kilometer Reichweite, als Gelenkbus rund 350 Kilometer.

Der Betriebsratsvorsitzende am Standort, Bruno Buschbacher, begrüßt den eingeschlagenen Kurs. „Im Hinblick auf Emissionsreduzierung ist es der richtige Weg, auf mehrere Antriebsstränge zu setzen. Die neuen Technologien erfordern Investitionen in die Standorte und die Weiterqualifizierung der Belegschaft“, sagt er. Das wichtigste Ziel sei, nachhaltig Beschäftigung zu erhalten. Um dies zu erreichen, bedürfe es auch weiterhin einer entsprechenden Fertigungstiefe für zukunftsfähige Produkte.

Corona hat bei Daimler Buses vor allem das Geschäft mit Reisebussen hart getroffen, diese werden in Neu-Ulm hergestellt. Die Kurzarbeit ist seit April beendet. Oberwörder ist zuversichtlich, es gibt mittlerweile Pandemie-bedingt kaum noch Einschränkungen bei Reisen. „Die Kunden schrauben die Nummernschilder wieder an die Fahrzeuge.“

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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