Mannheim. Globus-Geschäftsführer Jochen Baab sieht sich gut gerüstet gegen Inflation und Lieferengpässe. Davon profitieren auch die Kunden. Wie, das erklärt er in einem Interview im gerade eröffneten Markt in Mannheim.
Herr Baab, Sie haben bisher in kleinen Schritten expandiert. Dann waren durch die Real- Zerschlagung auf einen Schlag viele Standorte auf dem Markt. Wie schwer ist die Entscheidung gefallen, da zuzugreifen und damit viel schneller als üblich zu wachsen?
Jochen Baab: Diese Entscheidung galt es genau abzuwägen, weil es für ein Familienunternehmen wie Globus personell wie finanziell ein großer Kraftakt ist und ein Wagnis, einen solch großen Expansionsschritt zu gehen. Wir haben uns im Vorfeld über 100 Real-Standorte angesehen und versucht, davon die besten, die zu uns passen, herauszufiltern. Am Ende war es eine sehr gute Entscheidung, diesen Weg zu gehen.
Was war entscheidend für Mannheim? Sie haben bei der Eröffnung gesagt, „wir wollten den Markt unbedingt haben“?
Baab: An Mannheim waren wir vor 25 Jahren schon einmal dran. Wertkauf hat verkauft, dann kam Walmart aus den USA und hat diesen Standort übernommen. Damals waren wir schon in der Verhandlung, weil das ein toller Standort ist. Hier kennen uns die Menschen, und unser Markthallen-Konzept, wie wir es jetzt betreiben, passt hier sehr gut hin.
Wie sehen Ihre weiteren Expansionspläne aus, wo sehen Sie in Nordbaden und Südhessen noch Potenzial?
Baab: Wir sind für gute Standorte immer offen, aber es ist in Deutschland nicht einfach, für SB-Warenhäuser Flächengenehmigungen zu bekommen. Wir sind mit unserer Expansionsabteilung immer unterwegs. Im Moment sind wir mitten im Real-Integrationsprozess, haben gerade Halbzeit und noch acht Standorte vor uns. Wir brauchen noch etwa ein Jahr, bis wir alle Märkte richtig am Netz haben.
Sie haben zwar das Personal von Real übernommen, aber auch neue Mitarbeiter eingestellt. Wie sehr merken Sie den Fachkräftemangel?
Baab: Wir haben allen Real-Mitarbeitern an allen Standorten ein Übernahmeangebot gemacht. Der große Anteil von ihnen ist auch geblieben, das ist eine gute Voraussetzung. Trotzdem ist der Fachkräftemangel für uns ein Thema, vor allem im Handwerk. Wir brauchen Bäcker und Metzger, von denen es aber nicht mehr so viele gibt. Viele davon bilden wir auch selbst aus. Das ist ein Thema, das uns stark beschäftigt.
Das Unternehmen Globus
- Jochen Baab ist Sprecher der Geschäftsführung der Globus SB-Warenhaus Holding Deutschland.
- Das Familienunternehmen wurde 1828 von Franz Bruch in St. Wendel (Saarland) gegründet. Heute wird die Globus Holding in sechster Generation von Matthias Bruch geführt.
- Globus betreibt in Deutschland 57 Markthallen, 90 Baumärkte und sechs Elektrofachmärkte und beschäftigt rund 20 000 Menschen. Hinzu kommen 34 Märkte in Russland und Tschechien.
- In der Region gibt es Märkte u.a. in Mannheim, Ludwigshafen und Hockenheim.
Seit gut drei Monaten beherrscht der Krieg in der Ukraine die Nachrichten. Plötzlich entstehen wieder Lücken in den Regalen, die aber nicht gut fürs Image sind. Wie stellen Sie die Waren-verfügbarkeit sicher?
Baab: Unser Vorteil ist, dass wir ein tiefes und breites Sortiment haben und im Gegensatz zu Discountern nicht so stark auf Einzelartikel fokussiert sind. In der Regel können wir unseren Kunden immer eine Alternative anbieten. Wir kaufen auch Ware vor und haben unser Logistikzentrum in Bingen vergrößert. Von dort aus beliefern wir alle Märkte mit einem Großteil der Ware. Und wir setzen sehr stark auf regionale Lieferanten, hier in der Region etwa bei Weinen. In der Kombination mit kleinen Lieferanten und Multis (global tätige Konzerne, d. Red.) gelingt uns das ganz gut.
Die Zusammenarbeit mit regionalen Anbietern macht auch unabhängiger.
Baab: Das macht uns vor allem von den Großen unabhängiger. Natürlich brauchen wir auch die Multis. Aber wir greifen ganz gezielt nicht nur auf regionale, sondern auf lokale Anbieter zurück. Unser Konzept macht das möglich, weil wir dafür vor Ort unsere Mitarbeiter haben, die die Ware einkaufen und die Preise selbst machen können. Und wir produzieren an jedem Standort sehr viel selbst und haben dort alle Freiheiten. In der Bäckerei und Metzgerei zum Beispiel können wir mit lokalen Rezepturen herstellen.
Ein Grund für leere Regale sind Hamsterkäufe. Wie können Sie das verhindern?
Baab: Verhindern kann man das nicht. Wir geben zwar in haushaltsüblichen Mengen ab, aber wenn der Kunde doch mehr nimmt, lässt sich dagegen nichts machen. Inzwischen hat sich das nivelliert, die Spitze ist schon überschritten. Die Märkte und auch die Menschen stellen sich darauf ein und haben Verständnis, wenn mal etwas fehlt. Das ist anders als vor zwei Jahren zu Beginn der Corona-Pandemie. Heute akzeptieren die Kunden, dass es auch mal anders ist.
Die Inflation schlägt mit voller Wucht zu. Mit welchen Preiser- höhungen müssen Kunden noch rechnen, welche Warengruppen wird es besonders treffen?
Baab: Preiserhöhungen sehen wir über das gesamte Sortiment. Es gibt natürlich Unterschiede, bei Speiseöl ist es gerade extrem - trotz harter Verhandlungen mit unseren Lieferanten. Die können teilweise bis zur Auslistung führen, weil wir Preiserhöhungen nicht akzeptieren und nicht an die Kunden weitergeben wollen. Ein großer Vorteil sind unsere Eigenproduktionen. Bei Brot- und Backwaren können wir ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, weil wir vor Ort selbst herstellen und die Transportkosten wegfallen. Wir haben auch Preise erhöht. Aber man muss klar sagen: Das Preisniveau hat sich im gesamten Handel erhöht und wird sich weiter erhöhen. Wo das hinführt, ist heute schwer zu sagen.
Dadurch werden die Kunden auch preissensibler. Besteht nicht die Gefahr, dass Kunden zu den Discountern abwandern?
Baab: Es gibt die Tendenz, dass Leute auch noch zum Discounter gehen. Der Discount hat in den letzten zwei, drei Jahren stark an Supermärkte und SB-Warenhäuser verloren. Wir haben allerdings ein großes Sortiment über 1500 Preiseinstiegsartikel - eins zu eins, wie im Discount. Es gibt praktisch keinen Grund, zum Discounter zu gehen. Man kann bei Globus genauso günstig einkaufen wie bei Aldi oder Lidl.
Trotzdem steigt die Nachfrage nach gesünderen Lebensmitteln, die auch teurer sind. In welchen Bereichen wollen Sie noch zulegen?
Baab: Dieser Bereich ist in den letzten Jahren enorm gewachsen, auch bei Globus. Wir haben ein Sortiment von etwa 5000 Artikeln im Bio-Bereich und mit besonderen Lebensmitteln wie glutenfrei und vegan. Diese Themen werden immer stärker nachgefragt. Das wird sich nach unserer Einschätzung auch nicht verändern. Die Leute sind preisbewusster und greifen vielleicht nicht in den Premium-Bereich. Aber Qualität und Nachhaltigkeit werden auch in Zukunft eine große Rolle spielen, weil das für einen Großteil der Menschen sehr wichtig ist. Das wird sich nicht mehr ändern. Natürlich gibt es auch Menschen, die vom Budget her limitiert sind, denen bieten wir die Preiseinstiegssortimente an. Bei uns hat der Kunde die Wahl, wir wollen das nicht vorgeben.
Immer wichtiger, auch im Lebensmittelhandel, werden Onlineshops. Bisher ist das noch mehr in der Hand von Start-ups. Wann planen Sie den Einstieg?
Baab: Wir haben eine große Digitalisierungsstrategie aufgesetzt. Momentan bieten wir an zwölf Standorten Click und Collect an, wo Kunden die Ware vorbestellen und abholen können. Das bauen wir nach und nach aus. Darüber hinaus werden wir im zweiten Halbjahr an ausgewählten Standorten einen Lieferservice testen. Für uns ist allerdings wichtig: Der Kunde muss es bezahlen wollen, und wir müssen damit irgendwann Geld verdienen. Wir sind ein Familienunternehmen. Das eingesetzte Kapital muss irgendwann zurückkommen. Das ist bei den Start-ups etwas anders, so können und wollen wir aber nicht arbeiten.
Welchen Ausschlag geben dann die Standorte, sind das eher ländliche Gebiete oder entscheidet die Kaufkraft einer Region?
Baab: Wir suchen diese Standorte nach verschiedenen Kriterien aus. Man kann aber nicht pauschal sagen: Land oder Stadt. Köln zum Beispiel, wo man vermuten würde, dass es gut funktioniert, ist unser schlechtester Standort, weil dort der Wettbewerb sehr stark ist. Dagegen ist Sankt Wendel, wo wir herkommen, einer unserer stärksten Click und Collect-Standorte. Es gibt noch kein richtiges Muster dafür, aber wir analysieren das sehr intensiv. Gerade im Rahmen der Digitalisierungsstrategie versuchen wir, noch treffsicherer zu werden, um die richtigen Standorte zu finden.
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