Verlagerungspläne

Evobus-Betriebsrat will für Mannheimer Standort kämpfen

Um Geld zu sparen, will der Bushersteller Evobus den Rohbau von Mannheim nach Tschechien verlegen - die Arbeitnehmervertreter sehen mehr als 1000 Stellen in Gefahr.

Von 
Tatjana Junker
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Der Mannheimer Standort aus der Luft. Insgesamt arbeiten hier rund 8000 Menschen. © Zinke

Mannheim. Noch sind die Details offen. Doch eines wird schnell klar an diesem Mittwoch, den die Gewerkschaft IG Metall am Nachmittag als „schwarzen Tag für Mannheim“ bezeichnet: Die Beschäftigten des Mannheimer Evobus-Standorts stehen vor schweren Zeiten. Zeiten der Ungewissheit, des Wartens, der Sorge. Sorge um den Job. Bei Bruno Buschbacher kommt die Wut dazu. Die Beschäftigten in Mannheim hätten in der Pandemie außerordentliche Flexibilität bewiesen - „und das soll jetzt der Dank dafür sein?“, ärgert sich der Betriebsratsvorsitzende des Werks.

Kurz zuvor, am Mittwochmittag, hatte die Geschäftsleitung die rund 3500 Evobus-Beschäftigten darüber informiert, dass der komplette Stadtbusrohbau von Mannheim an den tschechischen Standort Holysov verlagert werden soll. Außerdem will das Unternehmen die Stückzahlen in der Montage in seinen deutschen Werken Mannheim und Neu-Ulm reduzieren, um „Synergien“ in seinem europäischen Produktionsnetzwerk stärker zu nutzen. Die beiden Standorte sollen aber Kompetenzcenter für Stadt- beziehungsweise Reisebusse bleiben.

Daimler Truck

  • Daimler Truck ist nach eigenen Angaben einer der weltweit größten Nutzfahrzeughersteller.
  • Seit 2021 ist das Unternehmen eigenständig und an der Börse notiert, zuvor war es Teil der ehemaligen Daimler AG.
  • Die ersten Nutzfahrzeuge aus dem Hause Daimler gab es schon vor 125 Jahren.
  • Der Dax-Konzern hat mit Mannheim und Wörth zwei große Standorte in der Region mit insgesamt rund 18 000 Beschäftigten. In Mannheim befindet sich das Werk von Mercedes-Benz (Lkw-Motoren, Batteriekomponenten) sowie die Fabrik von Evobus, in der Stadtbusse hergestellt werden. Die EvoBus GmbH ist als Tochterunternehmen der Daimler Truck AG verantwortlich für die europäischen Busaktivitäten des Konzerns.
  • In Wörth (Pfalz) ist das Lkw-Montagewerk von Mercedes-Benz.
  • Weltweit arbeiten mehr als 100 000 Menschen für Daimler Truck

In dem tschechischen Werk ist bereits der Rohbau für Reisebusse angesiedelt. Nach Angaben der IG Metall wären von einer Verlagerung des Stadtbusrohbaus mehr als 1000 Beschäftigte in Mannheim betroffen. Till Oberwörder, Leiter der Sparte Daimler Buses, will die Zahl bei einem kurzfristig anberaumten Call mit Journalisten nicht bestätigen. Er verweist auf die anstehenden Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern - und auf den langen Zeithorizont, in dem das Unternehmen seine Pläne umsetzen will. „Unser Ziel ist es, unsere jährlichen Kosten im Produktionsverbund bis 2030 um 100 Millionen Euro zu senken. Da kann und soll nichts von heute auf morgen geschehen, sondern es wird perspektivisch angegangen.“

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Mit Blick auf den steigenden Kostendruck, einen sich verschärfenden Wettbewerb und die zu bewältigende Transformation müsse man aber frühzeitig handeln, um die eigene Konkurrenzfähigkeit zu stärken. Oberwörder betonte, bei den Gesprächen mit dem Betriebsrat habe man „immer die Prämisse einer sozialverträglichen Vorgehensweise“. Betriebsbedingte Kündigungen sind über eine Standortvereinbarung bei Evobus bis 2025 ausgeschlossen. Die geplante Verlagerung des Rohbaus nach Tschechien bräuchte ohnehin ihre Zeit: Um dort Stadtbus-Fahrgestelle herzustellen, müsste laut Oberwörder erst entsprechend investiert werden.

Bei den Mannheimer Arbeitnehmervertretern liegt der Fokus unterdessen darauf, eine Verlagerung zu verhindern. „Wir werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für unseren Standort kämpfen“, sagt Betriebsratschef Buschbacher. Die deutschen Evobus-Werke stünden für „exzellentes Know-how, außerordentliche Flexibilität und hohe Innovationskraft“. Sie hätten außerdem die beste Belegschaft, um Sonderwünsche von Kunden vor allem bei Stadtbussen, aber auch im Reisebus kurzfristig und mit hoher Qualität zu erfüllen. „Das sind Kernkompetenzen, die ganz klar für die deutschen Werke sprechen, trotz höherer Kosten.“

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Die Arbeitnehmervertreter wollen von der Geschäftsleitung nun erst einmal weitere Informationen zur Lage des Busgeschäfts und der Standorte. „Wir stellen auch infrage, ob sich eine Verlagerung ins Ausland wirklich wirtschaftlich rechnet“, sagt Thomas Hahl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, und verweist darauf, dass auch im Ausland die Produktionskosten steigen würden.

Der Mannheimer Gewerkschafter sieht auch die Politik in der Pflicht: „Wer es ernst meint mit dem Standort Deutschland und Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sichern will, darf auch bei der Vergaben von Bus-Aufträgen nicht nur auf den Preis schauen.“ Vor allem von den Kommunen erwarte man, dass „sie ihre Spielräume bei der Vergaben von Aufträgen nutzen und auch die die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland als Kriterium berücksichtigen“, so Hahl.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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