Lastwagen

Eine Wasserstoff-Ladung soll 1000 Kilometer weit reichen

Rund 1000 Kilometer weit soll der Lastwagen der Zukunft kommen - nicht mit Diesel, sondern mit Wasserstoff. Den Prototypen hat Daimler Truck jetzt in Wörth vorgestellt. Bis zum Serienstart dauert es allerdings noch.

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Christian Schallsa
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Ein Wasserstoff-Probefahrzeug vom Typ „GenH2 Truck“ fährt über die Teststrecke im Werk des Lkw-Herstellers Daimler Truck in Wörth. © Uwe Anspach/dpa

Wörth. Sanft und fast geräuschlos rollt der Lkw los. Ein leichtes Surren ist zu hören, mehr nicht. Kein Klackern oder Aufheulen des Motors, und auch nach Diesel riecht es nicht. Kann es auch nicht, denn der Lastwagen, der über den Asphalt des Lkw Entwicklungs- und Versuchszentrums (EVZ) von Daimler Truck im südpfälzischen Wörth rollt, wird mit Wasserstoff angetrieben.

Ein Prototyp mit Brennstoffzelle, der mit gasförmigem Wasserstoff betankt wird, dreht bereits seit dem vergangenen Jahr auf der werkseigenen Teststrecke und auf öffentlichen Straßen seine Runden. Jetzt hat Daimler Truck einen zweiten Prototypen vorgestellt, mit dem der Einsatz von Flüssigwasserstoff erprobt werden soll. Dieser hat laut Hersteller einen großen Vorteil. Weil die Energiedichte deutlich höher als bei gasförmigem Wasserstoff ist, könne mehr Wasserstoff transportiert und damit die Reichweite deutlich erhöht werden. Bis zu 1000 Kilometer und mehr verspricht das Unternehmen. Damit sei der Transporter in der Leistungsfähigkeit vergleichbar mit einem konventionellen Diesel-Lkw.

Die Technik ist in einem Turm hinter dem Führerhaus verbaut. © Christian Schall

Das Einsatzgebiet des Flüssigwasserstoff-Trucks ist im wichtigen Segment des schweren Fernverkehrs vorgesehen, also dem Transport schwerer Güter über große Distanzen. Doch bis zum Serienstart werden noch einige Jahre vergehen. Daimler Truck visiert „die zweite Hälfte der Dekade“ an, etwa zwischen 2025 und 2028. Denn bis das Fahrzeug wirklich verkauft werden kann, sind noch sehr umfangreiche Tests notwendig, um eine Dauerbelastung zu simulieren. „Als Auslegungsziel peilen wir 1,2 Millionen Kilometer an“, erklärt Konrad Götz, Abteilungsleiter in der Lkw-Prüfstandserprobung. Heißt: Es wird davon ausgegangen, dass die Kunden das Fahrzeug über diese Distanz nutzen.

Technik hinter dem Führerhaus

Doch der Prototyp mit dem Namen „GenH2 Truck“ (H2 ist die chemische Abkürzung für Wasserstoff) ist nagelneu, hat gerade einmal rund 350 Kilometer auf dem Tacho und darf bisher nur auf dem werkseigenen Testgelände fahren. Eine Zulassung für öffentliche Straßen steht noch aus. „Die Grundlagen haben wir im Griff, jetzt geht es ums Feintuning“, so Götz. Nun wird etwa erprobt, wie das Energiemanagement oder die Kühlung funktioniert. Deshalb hat das Fahrzeug auch viel Messtechnik an Bord.

Äußerlich unterscheidet sich der emissionsfreie Laster nur geringfügig von denen, die man aus dem Alltag kennt. Doch unter der Haube steckt eine komplett neue Technik. Ein Großteil davon ist in einem „Turm“ hinter dem Führerhaus verbaut - der optisch auffälligsten Veränderung. Unter der Fahrerkabine, wo in konventionellen Lastwagen der Motorblock liegt, ist die Brennstoffzelle v

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erbaut. Zwei Elektromotoren an der Hinterachse mit einer Systemleistung von 460 kW (625 PS) treiben das Aggregat an.

Für den Flüssig-Wasserstoff gibt es zwei seitliche Tanks, die jeweils rund 40 Kilogramm fassen. Sie sind in etwa zehn bis zwölf Minuten befüllt. Dazu hat der Lkw-Hersteller kürzlich im EVZ eine prototypische Tankstelle in Betrieb genommen. Dort wird minus 253 Grad kalter Flüssig-Wasserstoff in die Tanks gepumpt. Durch eine besondere Isolierung der Tanks am Fahrzeug könne die Temperatur „für eine ausreichend lange Zeit“ ohne aktive Kühlung gehalten werden. Darüber hinaus entwickelt Daimler Truck mit Linde bereits ein neues Betankungsverfahren für flüssigen Wasserstoff, das eine noch höhere Speicherdichte und einfachere Betankung ermöglichen soll. Außerdem gibt es eine Vereinbarung mit den Energieriesen BP, Shell und TotalEnergies zum Aufbau von Wasserstofftankstellen. Derzeit stammt der Wasserstoff noch aus Beiprozessen von Raffinerien und wird aus Erdgas gewonnen.

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Bis 2039 will Daimler Truck seine Lastwagen-Flotte CO2-neutral bekommen. Bei der Präsentation des neuen Lasters lobte die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP), dass sich das Unternehmen „nicht auf die eine Antriebstechnologie“ fokussiere. Die Verkehrsarten sollten „individuell und passgenau“ ausgebaut werden und dabei wirtschaftliche Attraktivität und technische Machbarkeit berücksichtigt werden.

Die neue Technologie bringt nicht nur Vorteile für die Umwelt und das Klima. Auch hinter dem Lenkrad wird es angenehmer. Ähnlich wie Elektroautos beschleunigen die Wasserstoff-Lkw kräftig aus dem Stand. Am meisten verändert sich aber die Geräuschkulisse: Im Führerhaus ist es während der Fahrt nun viel ruhiger, weil das kräftige Brummen des Diesels wegfällt. So nimmt man dort oben plötzlich ganz andere Geräusche wahr. Bei höheren Geschwindigkeiten sind nur noch das Pfeifen des Fahrtwinds und Rollgeräusche zu hören. Beides übertönt das leise Surren des Motors.

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