Verkehr

Warum Daimler Buses jetzt E-Ladesäulen an Schlössern und Kirche baut

Daimler Buses plant eigene Ladesäulen für E-Busse an touristischen Zielen, ein erstes Projekt soll bald in Köln starten. Was verspricht sich das Unternehmen davon?

Von 
Tatjana Junker
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Auch die Stadt Köln ist mit ihrem Dom ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen - und damit für Reisebusse. Künftig sollen hier deshalb mehrere Elektro-Ladesäulen von Daimler Buses stehen. © Thomas Banneyer/dpa

Mannheim. Daimler Buses will ab 2026 ein eigenes Netz an Stromtankstellen für E-Busse bauen - und zwar vor allem an Sightseeing-Hotspots. Das hat Daimler-Bus-Chef Till Oberwörder am Mittwoch in einer Pressekonferenz verkündet. Wie sieht der Plan genau aus und was steckt dahinter?

Was hat Daimler Buses konkret geplant?

Über seine Tochtergesellschaft Daimler Buses Solutions will der Bushersteller künftig selbst öffentliche Ladesäulen für batterieelektrische Überlandbusse bauen und betreiben – und zwar vor allem an stark besuchten Ausflugszielen. Bus-Chef Oberwörder nennt als Beispiele Freizeitparks, Burgen oder bei Touristen besonders beliebte Städte. Den Anfang soll ein Pilotprojekt in Köln machen: Dort sind an einem Busparkplatz in der Nähe des Stadtzentrums, wo viele Touristenbusse parken, 2026 die ersten vier öffentlichen Stromzapfsäulen für E-Busse geplant. Sie sollen von Bussen aller Marken – also nicht nur von Daimler-Bussen – genutzt werden können.

Welches Ziel verfolgt Daimler Buses mit dem Bau eigener Ladesäulen?

Die Nutzfahrzeugbranche kritisiert schon lange, dass der Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Lkw und Busse in Europa zu langsam vorangeht. Für Daimler Buses und andere Hersteller ist der schleppende Hochlauf ein Problem: Denn während batteriebetriebene Stadtbusse, wie sie Daimler Buses in Mannheim baut, über Nacht im Depot aufgeladen werden können, sieht es bei Überland- und Reisebussen anders aus: Sie müssen – je nach Strecke – unterwegs Strom „nachtanken“. Fehlt diese Möglichkeit, dürften Reisebus-Unternehmen zurückhaltend bei der Anschaffung von E-Fahrzeugen sein. Hersteller wie Daimler Buses bleiben dann auf ihren teuer entwickelten Modellen sitzen.

Dass Daimler Buses gerade jetzt einen Vorstoß zur Ladeinfrastruktur ankündigt, dürfte kein Zufall sein: Noch diese Woche stellt das Unternehmen auf der Branchenmesse Busworld in Brüssel seinen ersten vollelektrischen Überlandbus vor: den eIntouro. Mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern ist er nicht nur dazu gedacht, im ÖPNV städtische Ballungszentren mit dem ländlichen Raum zu verbinden. Er soll von Busunternehmern auch für kleinere Reisen oder den Ausflugsverkehr eingesetzt werden.

Wie groß ist die Lücke im Ladesäulen-Netz überhaupt?

Der europäische Branchenverband ACEA hat schon vor längerer Zeit vorgerechnet: Wenn die Nutzfahrzeugbranche die CO2-Einsparvorgaben der EU erfüllen soll, seien europaweit 35.000 öffentlich zugängliche Megawatt-Ladesysteme nötig. Daimler-Buses-Chef Oberwörder zufolge gibt es davon bislang rund 1000. „Es müssten also eigentlich jeden Monat 500 bis 550 Ladesäulen aufgebaut werden, um dieses Ziel zu erreichen“, sagt er.

Daimler Buses: Portfolio wird schrittweise elektrifiziert

Daimler Buses, die Bustochter des Nutzfahrzeugherstellers Daimler Truck, baut Busse für den Stadt-, Überland- und den Reiseverkehr .

Daimler Buses hat in Mannheim einen großen Standort mit rund 3000 Beschäftigten. Hier werden Stadtbusse für den öffentlichen Nahverkehr produziert.

Seit 2018 wird in Mannheim der batterieelektrische Stadtbus Mercedes Benz eCitaro gebaut. Inzwischen laufen am Standort fast nur noch E-Busse und kaum noch Verbrennermodelle vom Band.

Schritt für Schritt will Daimler Buses auch sein Überland- und Reisebus-Portfolio elektrifizieren: Der vollelektrische Überlandbus eIntouro stellt das Unternehmen in diesen Tagen vor. Gebaut werden die Überland- und Reisebusse nicht in Mannheim, sondern in Neu-Ulm und an anderen Standorten.

Initiativen gibt es dazu schon mehrere, auch von anderen Herstellern: So hat der Lkw-Bauer MAN im vergangenen Jahr eine Kooperation mit dem Stromriesen E.ON angekündigt. Die beiden Unternehmen wollen in Europa rund 400 Ladepunkte für Nutzfahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb, also E-Lkw und E-Busse, aufbauen. Allerdings ist das Angebot stark auf die Bedürfnisse von E-Lkw ausgerichtet: Laut früheren Angaben von MAN liegen die Standorte vor allem in Industriegebieten oder in Autobahnnähe. Auch ein 2022 gegründetes Joint Venture der Hersteller Daimler Truck, Traton Group (u. a. Marken wie MAN und Scania) und Volvo hat den Fokus auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur an Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen.

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Daimler Buses zielt mit seinem geplanten neuen Angebot dagegen speziell auf Touristenbusse ab. Entsprechend sollen die Ladesäulen eher „in der Fläche“, an „entlegeneren“ touristischen Zielen aufgebaut werden. Diese seien oft abseits von Autobahntrassen, für die Kunden des Busherstellers aber wichtig. Ausflugsbusse, die zum Beispiel mit Schulklassen für einen Tagesausflug unterwegs sind, müssten dann nicht an Autobahn-Raststätten eine längere Pause machen, sondern könnten direkt am Ausflugsziel Strom tanken. Laut Oberwörder braucht der Überlandbus eIntouro je nach Modell 70 bis 90 Minuten für eine volle Aufladung.

Wie viele Sightseeing-Ladesäulen plant Daimler Buses?

Eine konkrete Zahl nannte Bus-Chef Oberwörder am Mittwoch auf Nachfrage nicht. Derzeit sei man dabei, ein europaweites Konzept aufzubauen, wie der Hochlauf aussehen könne. Neben Köln sei man bereits in Gesprächen mit anderen Städten und Regionen. Auch Zentrale Omnibusbahnhöfe hätten Interesse bekundet. Oberwörder betonte, es gehe bei der Initiative nicht darum, ein führender Anbieter für Lademöglichkeiten zu werden. Man wolle vielmehr einen „Impuls in die Branche senden“.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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